Armenseelengelübde
Der heldenmütige Liebesakt
Der heldenmütige Liebesakt besteht darin, dass man alle genugtuenden Werke des ganzen Lebens und alle Gebete und guten Werke, die uns nach dem Tode zugewendet werden, Gott freiwillig darbingt zugunsten der Armen Seelen im Fegfeuer.
Gott belohnt jedes gute Werk der Gerechten in dreifacher Weise:
1 - das Verdienst
2 - als Mittel zu neuen Gnaden
3 - ALS GENUGTUUNG
Der Theatinerpater Kaspar Oliden (+1740) führte das Armenseelengelübde an vielen Orten ein und erwirkte auch, dass das Gelübde vom damaligen Papst Benedikt XIII. approbiert wurde. Pater Oliden empfahl, diese genugtuenden Werke gleichsam in die Hände der allerseligsten Jungfrau niederzulegen, damit diese sie jenen Seelen zuwende, deren Befreiung Gott und ihr am angenehmsten ist und gegen die wir besondere Verpflichtungen haben.
Durch diese Aufopferung schenken wir den Armen Seelen nur den genugtuenden Wert unserer guten Werke, nicht aber die Früchte des Verdienstes und der Bitte. Diese bleiben uns immer, weil das Verdienst andern nicht mitgeteilt werden kann und auch die Früchte der Bitte für uns oder andere von dem Genugtuungswert verschieden und unabhängig sind. Demnach hindert diese Aufopferung uns nicht, für uns oder andere besondere Gnaden zu erbitten oder für bestimmte Abgestorbene die heilige Messe, die heilige Kommunion, Gebete, Ablässe usw. aufzuopfern. Auch hindert sie die Priester nicht, die heilige Messe nach der Meinung jener darzubringen, die ihnen ein Stipendium dafür gegeben haben.
Man nennt das Armenseelengelübde mit Recht den "heldenmütigen Liebesakt", weil er eine Schenkung aller Genugtuungen im Leben und nach dem Tode umfaßt. Beim Armenseelengelübde handelt sich dabei aber nicht um ein eigentliches Gelübde, sondern nur um ein frommes Versprechen, das unter keiner Sünde bindet und daher jederzeit nach Belieben zurückgenommen werden kann.
Frage: "Müssen wir nicht erst für unsere eigenen Sünden genugtun? Und wenn wir jetzt all unsere Genugtuungen verschenken, werden wir dann nicht selber nach unserm Tode um so länger im Fegfeuer leiden müssen?"
Antwort: Wir werden durch das Armenseelengelübde nichts verlieren, im Gegenteil, wir gewinnen dadurch. Wie schon gesagt, behalten wir das eigentliche Verdienst unserer Werke, wodurch wir die Vermehrung der Gnade und der himmlischen Seligkeit erlangen. Aber wir behalten nicht allein dieses Verdienst, wir vermehren es sogar ganz erheblich eben durch diesen Liebesakt. Von jedem unserer guten Werke schenken wir ja den Armen Seelen ein geistiges Almosen, nämlich den genugtuenden Wert. Dadurch fügen wir dem Verdienst, das das Werk schon an sich hat, noch ein neues Verdienst, einen Anspruch auf höhere Belohnung hinzu.
Alle unsere guten Werke werden dadurch, auch wenn sie es an sich nicht sind, zu Werken der Barmherzigkeit, wofür uns der Lohn der Barmherzigkeit gemäß der Verheißung Gottes gebührt.
Wir üben ferner durch diese Andacht die christliche Vollkommenheit, die eine besondere Verheißung hat nach den Worten Jesu: "Willst du vollkommen sein, so verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben" (Mt 19,21)
Unsere Armen, denen wir alles geben, sind die Armen Seelen im Fegfeuer. Wir werden also nichts durch das Armenseelengelübde verlieren, im Gegenteil, wir erwerben uns dadurch ein großes Verdienst und die besondere Liebe der allerheiligsten Dreifaltigkeit, der allerseligsten Jungfrau und aller Heiligen.
Zudem werden die Armen Seelen uns dafür auf besondere Weise danken. Sie werden einst im Himmel alles aufbieten, dass wir entweder gar nicht ins Fegfeuer kommen oder doch bald daraus befreit werden.
Unzählige fromme Personen, Heilige, ja ganze religiöse Gemeinschaften haben ebenfalls das Armenseelengelübde gemacht. Diese Andacht ist über den ganzen Erdkreis verbreitet, Bischöfe, Priester, Ordens- und Weltleute üben sie.
Tragen auch wir kein Bedenken, das Beispiel so vieler frommen Christen nachzuahmen! Wir verlieren nichts dadurch, denn Gott läßt sich an Großmut nicht übertreffen.
Auch die hl. Crescentia legte den heldenmütige Liebesakt ab
Die heilige Crescentia Höß hatte schon seit früher Jugend den heldenmütige Liebesakt gemacht. Alle Gebete und guten Werke, alle Leiden und Bußübungen schenkte sie den Armen Seelen. Auf ihren Rat hin taten viele ihrer Mitschwestern dasselbe. Noch auf dem Todesbett setzte sie, wie ihr Beichtvater berichtet, die Armen Seelen zu Universalerben ein und vermachte ihnen nicht nur die bisher verrichteten guten Werke, sondern auch alle heiligen Messen, Gebete und Ablässe, die andere nach ihrem Tode für sie aufopfern würden! Zum Dank für diese große Liebe halfen ihr die Armen Seelen in all ihren Anliegen ganz auffallend. Sie gestand, dass sie gewöhnlich gleich erhört werde, wenn sie für sich oder andere die "lieben Armen Seelen" anrufe. Häufig kamen auch die geretteten Seelen zu ihr, dankten für ihre Hilfe und versprachen, ihrer im Himmel nicht zu vergessen.
Text für das Armenseelengelübde
Das Armenseelengelübde muß nicht feierlich in einer Kirche abgelegt werden. Es genügt der Willensakt, dass man tatsächlich den Armen Seelen alle genugtuende Kraft der Werke schenken will. Mit großem Gewinn wird jedoch das Armenseelengelübde in einer Kirche abgelegt, womöglich hält man eine brennende Kerze in der Hand - zum Zeichen, dass unsere Liebe zu den leidenden Armen Seelen gleichsam einer Kerze brennend wird, dass wir uns aufzehren für das Wohl der Armen Seelen im Fegfeuer.
Praktische Anweisungen für die Gläubigen (bei einem Gottesdienst etc.): Wer das Armenseelengelübde zum erstenmal ablegen will, wird gebeten, in der vordersten Bank, bzw. gleich in der anschließenden Bank, sich einzufinden. Alle sprechen den folgenden Text LAUT mit. Wo es N.N. heißt, sprechen nur diejenigen Personen ihren Vornamen laut (der Reihe nach), die zum erstenmal das Gelübde ablegen. Hernach sprechen alle Anwesenden (üblicherweise diejenigen, die das Gelübde bereits abgelegt haben) das Gebet weiter zu Ende.
Armenseelengelübde
Zu deiner größeren Ehre, o anbetungswürdige Dreifaltigkeit, zur Nachahmung meines liebsten Erlösers Jesus Christus und als Zeichen meiner Ergebenheit gegen die allerseligste Jungfrau Maria, die Mutter der Barmherzigkeit und Mutter der Armen Seelen im Fegfeuer, nehme ich,
N.N. (hier den Vornamen laut aussprechen, wer das Gelübde zum erstenmal ablegt)
mir vor, zur Befreiung jener Armen Seelen, die der göttlichen Gerechtigkeit in der Abbüßung ihrer Sünden noch nicht Genüge geleistet haben, beizutragen.
Ich gelobe daher freiwillig aus ganzem Herzen, insoweit ich es in erlaubter Weise tun kann, und ohne mir eine Verpflichtung unter einer Sünde aufzuerlegen, dass ich alle jene Seelen aus dem Fegfeuer befreien möchte, welche die heiligste Jungfrau Maria befreit zu sehen wünscht.
Deshalb lege ich in die Hände dieser guten Mutter alle Ablässe, die ich gewinnen kann, auch alle meine eigenen Werke der Genugtuung, sowie alle jene, die von andern während meines Lebens, bei oder nach meinem Tode für mich verrichtet werden.
Ich bitte dich, o mein Gott, dieses Opfer anzunehmen und gutzuheissen. Ich wiederhole und bestätige es noch einmal zu deiner grösseren Ehre und zum Heil meiner Seele.
Lasse mich dafür täglich in deiner Gnade zunehmen und deine Barmherzigkeit erfahren!
Ich nehme zu Zeugen für dieses mein Opfer und diese Beteuerung alle Seligen des Himmels und die gesamte streitende und leidende Kirche. Amen.
Tägliches Gebet für jene, die das Armenseelengelübde abgelegt haben
O mein Gott, durch die Hände Mariens und in Vereinigung mit den unendlichen Verdiensten Jesu Christi opfere ich dir für die Armen Seelen alle Ablässe auf, die ich heute gewinnen kann, sowie den vollen genugtuenden Wert des Guten, das ich tue. Endlich opfere ich dir in der gleichen Meinung alles auf, was nach meinem Tode für mich gebetet und getan wird. Amen.
Das Armenseelengelübde kann privat abgelegt werden. Sobald man mit der Übergabe der persönlichen Genugtuungskraft an die Armen Seelen einverstanden ist und die Gelübdeformel ausspricht, gilt das Gelübde (auch genannt: heroischer Liebesakt). Eine Feier in der Kirche (vor einem Priester) ist jedoch vorzuziehen und hinterläßt einen nachhaltigen Eindruck.
Eine besondere Kraft haben die Priester, die das Armenseelengelübde abgelegt haben: Jede heilige Messe, die als Requiem (oder an Tagen, wo die liturgische Farbe schwarz nicht genommen werden kann) für eine bestimmte Person gefeiert wird, ist mit einem vollkommenen Ablaß für die entsprechende Seele belegt. Das heisst im Klartext: Dieser vollkommene Ablaß, da an die heilige Messe und an das Gelübde gebunden, kommt unweigerlich zustande. Die Armenseelenmystik berichtet von Fällen, wo eine solche heilige Messe die Befreiung der Armen Seele erwirkt hat!