- Gottes enge Pforte -

Wirkung und Bestimmung des hl. Messopfers

 
 
Nach ihrer Wirkung und Bestimmung ist die hl. Messe das vortrefflichste und erhabenste Opfer: 1. der Anbetung der göttlichen Majestät; 2. des Dankes für alle von Gott empfangenen Wohltaten; 3. der Bitte um alle uns nötigen und nützlichen Gnaden; 4. der Versöhnung für alle unsere bereuten Sünden. Christus der Herr hat seiner Kirche dieses Opfer zum Erbe gegeben, damit sie imstande sei, durch Ihn, mit Ihm und in Ihm Gott eine würdige Huldigung, Danksagung, Verherrlichung und Sühne darzubringen. Alles findet man in der hl. Messe, was das Geschöpf mit dem Schöpfer, den Himmel mit der Erde in Verbindung setzt. Die 4 Hauptpflichten des Menschen, auf denen die ganze Religion beruht, welche das ganze Wesen des Gottesdienstes ausmachen, nämlich Anbetung, Dank, Bitte, Sühne, werden also in der hl. Messe zum Ausdruck gebracht. Das Messopfer ist daher der Inbegriff des katholischen Gottesdienstes, der Höhe- und Mittelpunkt der Religion, das schlagende Herz des Katholizismus.
 
 
1. Ein Opfer der Anbetung, des Lobes und Preises der göttlichen Majestät, und überdies das höchste Lobopfer ist die hl. Messe.
Zu seiner Ehre hat Gott alles erschaffen. Alle belebte und jede leblose Kreatur soll und muss den höchsten Herrn und Schöpfer loben, preisen, anbeten. Wo warst du, als ich die Gründe der Erde legte, da mich die Morgensterne allzumal lobten und alle Kinder Gottes zujauchzten? Ihrem Schöpfer zu Ehren rollen die Welten in dem Universum dahin, kreisen die Sternenheere in ihren Bahnen nach ewig unabweichbaren Gesetzen. Ihm zu Ehren grünen die Wälder, blühen die Pflanzen, wirken die Elemente. Ihm singt das Vöglein in den Lüften, springt das Fischlein in der klaren Wasserflut, kreucht das Gewürm im Erdenschoß. Ihm leben und bewegen sich all die Millionen Geschöpfe des Tierreiches. "Preiset den Herrn," riefen die drei Jünglinge, "alle Werke des Herrn, lobet, preiset Ihn, alles Grünende und Blühende, Wind und Unwetter, Sonnenschein und Sternenlicht, alles Erschaffene, ihr Engel des Herrn, lobet, erhebet ihn über alles in Ewigkeit!" - Der königliche Psalmensänger David hatte schon lange zuvor gesungen: "Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre, sein Werk kündigt an das Firmament."
Wenn nun die Pflicht der Anbetung, des Lobes und Preises für die gesamte Schöpfung besteht, wenn im größten Weltentempel der Natur Tag und Nacht diese Lobeshymne in harmonischen Akkorden dem Allerhöchsten angestimmt wird, so muss insbesondere der Mensch als König, als Sachwalter Gottes, der Vorsänger sein, und soll der Christ diese Hauptpflicht immer und gerne erfüllen.
Heinrich Sufo betete: "Wer dich nach Würdigkeit zu loben wähnt, da der Seraph und Cherub nicht mit allergrößtem Vermögen würdig preisen und loben kann, der tut wie derjenige, der dem Winde nachjagt und den Schatten ergreifen will. Nur einer kann und darf es, Gottes Sohn selbst. Jesus Christus opfert bei der hl. Messe dem himmlischen Vater sein Lob- und Preisopfer auf. Laurentius Justiniani hat Recht, wenn er schreibt: "Gewiss ist es, dass Gott durch nichts vortrefflicher kann geehrt werden als durch das unbefleckte Opfer des Altares, welches Christus vorzüglich deshalb eingesetzt hat, auf dass seine Kirche das göttliche Lob vollbringe."
Steigen ja die englischen Chöre selbst hernieder, um durch Jesum Christum Gottes Majetät zu preisen, "durch welchen deine Majestät loben die Engel, die Herrschaften anbeten, die Mächte ehrfurchtsvoll verherrlichen." (Präfatio). Wenn nun Christus Lob und Preis darbringt auf dem Altare, so tut er es vorzüglich im Namen derer, welche der heiligen Messe beiwohnen, andächtig mitopfern. Er ersetzt gar, was diese im Lobe ersäumt haben oder daran mangln lassen.
Gerade das immerwährende unblutige Messopfer ist für den Christen das höchste Anbetungs- und Lobopfer, wie es ja auch in den Gebeten bei der Darbringung der hl. Messe als Lobopfer bezeichnet wird. "Wir opfern dir auf, o Herr, das Opfer des Lobes." "Wir bringen dir dar, o Herr, das Opfer des Lobes zu Ehren deiner Heiligen." Im Gloria heißt es: "Wir loben, wir benedeien, wir verherrlichen dich, wir beten dich an." - Demgemäß haben alle Kirchenlehrer und Konzilien die hl. Messe als höchstes Anbetungs-, Lob- und Preisopfer erklärt.
Wenn nun Gott dem Allmächtigen die Brandopfer im Alten Bunde angenehm waren und Er auf die Opfer Abels, Melchisedechs und Abrahams, so huldvoll herniedersah wie es in den Messgebeten heißt, um wie viel mehr wird dann der Eingeborene des Vaters, das Lamm ohne Makel, der Gottmensch, welcher geopfert wird, dem himmlischen Vater angenehm sein? Und wenn alle Tiere der Welt zum Brandopfer geschlachtet würden, wenn ein Holzstoff auf dem Ölberg verrichtet würde, der alle jene Opfer aufnähme, dieses Opfer hätte keinen Wert, wenn es mit dem Messopfer verglichen würde. Und wenn alle Pflanzen und edlen Gewächse, alle seltenen Früchte, zu einem unblutigen Opfer dem Herrn dargebracht würden, sie hätten nur einen Schein- und Schattenwert im Vergleich mit dem Opfer der hl. Messe. Kein Wohlgefallen hat Gott an allen jenen Opfern; ein reines, unendlich vollkommenes Opfer, wie kein Engel, kein erschaffenes Wesen es darbringen kann, ist die hl. Messe und sie übertrifft alle.
 
2. Dankopfer ist die hl. Messe. Sie ist das höchste Danksagungsopfer.
Wie der Mensch dem Schöpfer aus dem Drange seiner Natur das Opfer der Anbetung, des Lobes, des Preises darbringen muss, so muss er aber auch das Opfer des Dankes Gott erweisen.  Was der Mensch, was er nicht von Gott empfangen hätte? Und wenn nun der Mensch alle jene Güter betrachtet, das Leben, die gesunden Glieder, die Gaben des Leibes und des Geistes, die Gnaden für die Seele, das Recht der Kindschaft Gottes, eines Miterben Christi; so muss sein Herz voll Dank aufjubeln und mit dem Psalmisten rufen: "Was soll ich dem Herrn für alles vergelten, was er mir gegeben hat? Was soll ich dem Herrn opfern, das seiner würdig wäre?" (Michaeas.) David gibt die Antwort: "Opfere Gott ein Opfer des Lobes, bezahle dem Allerhöchsten dein Gelübde." Das beste Mittel des Dankes, die Abtragung des Gelübdes ist nun, wie schon Irenäus bemerkt, das Messopfer. Wie oft wird in dem Messoffizium diese Pflicht des Dankes erwähnt! Im Gloria heißt es: "Wir sagen dir Dank wegen deiner großen Herrlichkeit." In der Präfation: "Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserm Gott." Wahrhaftig würdig ist es, Dir immer und überall Dank zu sagen." - Im Augenblick der Konsekration betet der Priester: "Er nahm das Brot, die Augen gegen Himmel erhoben, sagte er Dank." Wie Christus beim letzten Abendmahl Dank seinem Vater sagte, so stattet er nach demselben Dank ab in jeder hl. Messe, und diese Danksagung, weil vom Sohne Gottes selbst, als Gottmensch, hat einen unendlich großen, unbegreiflichen Wert, ist der großmöglichste Dank, also das erhabenste Dankopfer. - Eine fromme Seele, welche in brennender Begierde Gott nach Möglichkeit lobpreisen und Ihm danken wollte, betete oft unter Seufzern: "Hätte ich doch tausend Zungen, um Gott gebührend zu danken! Hätte ich doch alle Menschen in meiner Gewalt, dass sie mit mir Gott loben und ihm danken möchten! Könnte ich doch allen vernunftlosen Geschöpfen Verstand und Herz geben, um Gott ewig zu loben und Ihm zu danken. Könnte ich doch neue Himmel erschaffen, mit lauter Engeln zum Lob und Dank Gottes bewohnen machen. Hättte ich doch solche Leibes- und Seelenkräfte, dass ich Gott mehr anbeten, loben, ihm Dank sagen könnte, als alle englischen Chöre und Scharen der Heiligen es tun, wie glücklich würde ich mich schätzen!" In diesen hl. Anmutungen vernahm sie eines Tages eine Stimme, die ihr zurief: "Höre fleißig die hl. Messe, so kannst du unvergleichlich mehr tun, als du nur mit deinen Begierden verlangen kannst."
Deshalb sollen wir Deo gratias, Gott sei Dank, dem allgütigen Vater durch dieses angenehme Opfer zurufen, weil schon der hl. Paulus uns aufforderte, Gott dem Vater im Namen unseres Herrn Jesu Christi jederzeit Dank sagen (Eph. V. 20), in allen Dingen die Anliegen im Gebete und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden zu lassen (phil. IV, 6), beharrlich im Gebete und wachsam darin mit Danksagung zu sein (Kol. IV, 2). Deshalb sollen wir auch mit Herz und Sinn in der Präfation sprechen: "Gratias agamus, Lob und Dank wollen wir Gott sagen, Dank sagen mit unserem Hohenpriester selbst."
Mit der hl. Messe können wir auch die Schuld der Dankbarkeit gegen Gott voll abtragen. Der ewige Vater hat uns seinen Sohn nur Einmal bei der Menschwerdung gegeben, während wir ihm denselben unendlich oft in der hl. Messe geben. Es scheint also, dass wir gewisser Weise etwas voraus haben, wenn nicht bezüglich der Beschaffenheit der Gabe, weil es nichts ausgezeichneteres geben kann als den Sohn Gottes, so wenigstens der Opferweise nach, insofern wir diese Gabe oft erneuern.
 
3. Das vortrefflichste Bittopfer ist die hl. Messe.
Der Mensch ist so elend, arm, so vielbedürftig, ein Wurm des Staubes, ein Bettler, der in seiner Abhängigkeit von Gott stets auf die Güte, Liebe, Milde des Allmächtigen angewiesen ist. Das beste Bittgebet ist nun die hl. Messe; sie hat eine unendliche Kraft zu erbitten, wegen des unendlichen Wertes des Opfers und wegen der unendlichen Würde des eigentlichen Opferpriesters, so dass keine Gnade, keine Gabe so groß ist, dass sie nicht durch Darbringung dieses Opfers erbeten werden könnte. Laurentius Justiniani schreibt: "Kein Opfer ist großer, keines nützlicher und keines den Augen der göttlichen Majestät angenehmer, als das Messopfer. In der Messe werden die Wunden, die Schmach, die Geißelstreiche, die der Gottmensch erlitten, erwähnt und dem Vater aufgeopfert, die angenommene Menschheit opfert der Hohepriester fürbittend für die Christen in der hl. Messe."
Auf Erden hatte der Welterlöser so oft für uns gebetet, dass er unter starkem Schrei und mit Tränen Gebete und Flehen darbrachte. Er ist erhört worden wegen seiner Erehrbietigkeit gegen seinen Vater." (Hebr. VII. 20). Diese Fürbitte setzt heutzutage unser Mittler in heiligen Messopfer fort. Wir haben als Sachwalter beim Vater Jesus Christus, der gerecht ist. Er reicht unsere demütigen Bitten ein, macht sie zu den seinigen.
Nicht bloß in Worten hat der Weltheiland während des Lebens und noch am Kreuze für die Menschheit gebetet, sondern in der Hingabe seines Lebens; da hat er besonders eine tatsächliche, unabweisbare Bitte eingelegt. Seine Opferung am Kreuze war eine tatsächliche Bitte für die Menschheit und alle ihre Nöten und Anliegen. Das wirksamste Bittopfer ist daher auch die heilige Messe. Deshalb trägt der Priester unmittelbar vor und nach der Wandlung dem himmlischen Vater verschiedene Bitten vor und ist überzeugt, dass selbe im Anschluss an das Bittopfer Christi am sichersten Erhörung finden.
Welcher Erdgeborene hätte nun nicht täglich um vieles zu bitten? Ich will nicht einmal reden von den zeitlichen Bedürfnissen, von Gesundheit des Leibes, vom Gedeihen unserer Arbeit, vom Segen über Feld und Flur, über Gewerbe usw. ich will nur erinnern an die übernatürlichen Bedürfnisse der Seele. Wie schwach sind wir ohne Gnade Gottes! Wie viele Versuchungen treten täglich und stündlich an uns heran, wie viele inneren Kämpfe mit der bösen Begierlichkeit haben wir durchzumachen! Ohne die besondere Gnadenhilfe Gottes sind wir der Sünde gegenüber ohnmächtig und nicht imstande, auch nur ein gutes, für die Ewigkeit verdienstliches Werk zu tun. Darum, weil wir so viel bedürfen, ganz und gar auf Gott angewiesen sind, vereinigt bei der hl. Messe eure Bitten mit dem Bittopfer Christi! Nach der Wandlung traget recht vertrauensvoll eure Anliegen und Bitten vor; leget sie dem Heiland auf dem Altare in seine heiligen Wunden, in sein heiliges Herz, bittet ganz besonders um Kraft gegen die Sünde und zur Übung der Tugend.
Mit Recht nimmt darum das Christenvolk auch bei allen Drangsalen, bei Pestseuchen, Trockenheit, Regen, seine Zuflucht zu Gott und lässt das hl. Messopfer darbringen. Demgemäß enthält das Messbuch eine große Anzahl eigener Messgebete für alle Anliegen des Menschen. - "Darum lasset uns mit Zuversicht hinzutreten zum Throne der Gnade, damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden, wenn wir Hilfe nötig haben." Zahlreiche Votivmessen wurden seit den ersten christlichen Jahrhunderten für allerlei Anliegen verfasst.
Der hl. Hieronymus sagt: "Zweifelsohne verleiht uns Gott alle Gnaden, um die wir ihn bei der hl. Messe bitten, wenn sie anders für uns vorteilhaft sind, und, was das wunderbarste ist, sehr oft verleiht er uns selbst solches, um das wir ihn nicht bitten, wenn wir seiner Freigebigkeit nicht unsererseits ein Hindernis entgegensetzen. Man kann sagen, die Messe sei die Sonne des Menschengeschlechtes, welche ihre Strahlen über Gute und Böse aussende, und es gebe in der Welt keine so verderbte Seele, dass sie aus der Anhörung der hl. Messe nicht einen Vorteil zöge, sehr häufig selbst, ohne dass sie daran denke oder darum bitte."
 
4. Das mächtigste Versöhnungsopfer ist die hl. Messe.
Der fromme Dulder Job brachte Opfer für seine Kinder dar: "Es möchten villeicht seine Söhne gesündigt und Gott gelästert haben im Herzen." Auch Moses hat verschiedene Versöhnungsopfer verordnet. Der sündige Mensch, so schwach und hinfällig, frevelt ohne Unterlass zahllose Male gegen Gott. Der Gerechte fällt siebenmal. Das Menschenkind ist in Sünden empfangen, groß geworden, sündigt in den Augen, den Ohren, der Zunge, mit allen Sinnen und Gliedern, mit Gedanken und Begierden, zu Haus, wie auch auf der Strasse, gar selbst im Gotteshause. Ihn zeiht alles des Undankes, der Untreue, des Ungehorsams und der Empörung gegen Gott. Die Verwandten, die Freunde, das Brot, das wir essen, das Wasser, der Wein, die wir trinken, das helle Sonnenlicht klagen uns an. "O Herr, wenn du der Sünden gedenken willst, wer kann vor dir bestehen," wird jeder Christ mit David seufzen, wenn er seine Sündhaftigkeit berücksichtigt.
Die Gottheit muss nun versöhnt werden, wie Juden und Heidenvölker in ihren Religionen es erkannt und in ihren Sühneopfern geübt haben. Die vollkommenere Religion des neuen Bundes, von der der alte Bund nur der Schatten gewesen, musste nun auch ein besseres Sühnopfer haben. Wie Christi Kreuzopfer ein für allemal alle Genugtuung geleistet hat, so soll das Messopfer fortdauernd das Sühnopfer sein. Mit Recht sagt das Konzil von Trient: "Die Messe wird dargebracht für die Sünden, Strafen, Genugtuungen und andere Bedürfnisse der Gläubigen. - Der Herr wird durch das Opfer der Messe besänftigt. Er verleiht darin die Wohltat und Gnade der Reue und verzeiht die schwersten Sünden und größeren Verbrechen."
Als Versöhnungsopfer stellt sich die ganze Messliturgie dar; zahllose Male finden wir Flehen der Versöhnung.
Die Kraft der Sühne, der Schatz der Genugtuung des Versöhnungsopfers wird nicht bloß auf die einzelnen Messen verteilt, so dass etwa bei dieser ein Tröpflein des Versöhnungsblutes, bei jener ein Schmerz der Genugtuung, dort ein Seufzer um Erbarmung und Verzeihung verliehen werden, sondern Jesus Christus will bei jeder hl. Messe uns all sein sühnendes Blut, alle seine Genugtuungen, die ganze sühnende Kraft des Kreuzesopfers verleihen, schenken. Wie einstens Magdalena zu den Füßen des Kreuzes in Schmerz und Reue aufgelöst hingesunken, den Schandpfahl umfasst, wie sie benetzt war vom herabträufelnden Blut, so kann jeder Christ beim Messopfer hinknien, das Versöhnungsblut Christi zur Verzeihung und Versöhnung auffangen und sich aneignen. Mit Recht hat das Trienter Konzil in der 22. Sitzung erklärt, dass Christus durch dieses Opfer versöhnt, indem Er die Gnade und Gabe der Buße gewährt, auch die schwersten Verbrechen und Sünden verzeiht. Das Blut Jesu Christi reinigt aber von aller Sünde (1. Joh. 1,7), von den kleinen Vergehen, den lässlichen Sünden sowohl wie von den schweren; deshalb flehte Gertrud bei der Wandlung: "Heiliger Vater, ich opfere dir diese hl. Hostie zur Versöhnung und Reinigung aller meiner Sünden auf." - Mit wahrem Herzen, mit rechtem Glauben, mit hl. Scheu und Ehrerbietung, zerknirscht und bußfertig sollen die Christen durch dieses Versöhnungsopfer zu Gott hinzutreten, um Barmherzigkeit zu erlangen und Gnade zu finden, wenn sie Hilfe nötig haben.
Denn in der hl. Messe tritt der mitleidvolle Bundesvermittler, der Hohepriester nach der Ordnung Melchisedechs, im Priester als seinem Werkzeug und Stellvertreter, vor den Vater, zeigt seine Wundmale als Opfertrophäen, fleht ob seines vergossenen Blutes um Gnade und Erbarmen für das sündige Geschlecht. Wie Jesu Opferherz damals auf Golgatha den Zorn des Vaters besänftigt hat, so ist bei jeder hl. Messe das Herz des Erlösers von derselben hinopfernden Liebe zu den armen Sündern bewegt. Jede hl. Messe ist ein Sühnopfer für die Sünden der ganzen Welt, insbesondere aber auch für die Sünden der andächtig Beiwohnenden. Unaussprechlich tröstlich ist das für uns. Viele hundert Sünden werden täglich in jeder größeren Ortschaft begangen, viele Tausende in einem Lande, Millionen auf der ganzen Welt, von Katholiken allein, ohne der Andersgläubigen, und Heiden zu gedenken. Wie werden gerade von grundverdorbenen Christen Frevel verübt, die Gottes Zorn und Rache herabrufen müssen! Gottes Wohltaten werden, statt mit Dank zu vergelten, gerade missbraucht, und erstaunt müssen wir fragen, warum die herausgeforderte Rache so ein böses Geschlecht nicht vom Erdboden vertilgt, weshalb er noch Sonnenschein und Regen, Fruchtbarkeit und Gedeihen verleiht? Das verdanken die Menschen der Messe, die das Sühn- und Versöhnungsopfer ist, da der Heiland täglich von Millionen Altären zum Herrn ruft: "Vater, verzeihe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Millionen von Priestern erheben täglich die hl. Hostie, das geschlachtete Opferlamm, und rufen mit Inbrunst: "Verzeihe, o Herr, verzeihe dem Volke, das du mit deinem kostbaren Blute erkauft hast." -
Wenn der Gläubige nun bei der hl. Messe reumütigen Herzens die Zahl seiner Alltägsschwächen und Gebrechen erwäget, dem sich jetzt als Sühn- und Versöhnungsopfer darbietenden Heilande vertrauensvoll in seine hl. Wunden hineinlegt, voll Zerknirschung an die Brust schlägt und "Mea culpa", "Gott sei mir armen Sünder gnädig," ruft, der wird gerechtfertigt und gereinigt von dannen gehen. Stelle dir daher vor, du ständest auf Golgatha, du sähest den verblutenden Erlöser mit seinem ungemein milden und liebreichen Antlitze, du hörtest den Schächer rufen: "Herr! gedenk mein, wenn du in dein Reich kommst." Rufe darum mit ihm: "Gedenke des ärmsten der Sünder." Dann wirst du erfahren, dass das hl. Messopfer ein Sühnopfer ist. Denn du wirst durch das hl. Messopfer Gnade und Kraft zur Bekehrung und zu einer guten hl. Beichte, in der auch deine schweren Sünden getilgt werden, erlangen.
(entnommen aus: "Das heilige Messopfer", von A. Reiners Pfarrer, Imprimatur 1904)

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