Seherinnen des 13. und 14. Jahrhunderts und das hl. Messopfer
1. Mechthildis (+ 1258) und Gertrud
Dieses Schwesternpaar sollen Gräfinnen von Hackeborn gewesen sein. Mechthild ward als siebenjähriges Kind dem Kloster Rodersdorf übergeben, ward Äbtissin in Helpede oder Helfeda, wo sie 1258 starb. Diese Seherin zeichnete sich bei den Erscheinungen und Offenbarungen, deren sie gewürdigt wurde, vor andern Seherinnen aus durch herzliche Innigkeit ihrer Tugendübungen, durch frommen, milden Sinn ihrer Lehren, durch Offenbarungen und "Gesichte". Johann Lansperg gab ihre "Heimlichkeit des Lebens" als Buch der geistigen Gnaden und Offenbarungen heraus, darin sie über die hl. Kommunion und das hl. Messopfer ungemein Herrliches mitteilt.
Einmal sah Mechthild unter der Messe eine Menge der Engel gegenwärtig und jeden Engel vor der Jungfrau, welche ihm anbefohlen war, in Gestalt eines schönen Jünglings stehen. Einige hatten blütentragende Szepter, andere goldene Blumen. Wenn die Gemeinde sich neigte, legten sie ihren Mund auf die Blumen zum Zeichen ewigen Friedens. So dienten die Engel durch die ganze Messe mit grosser Ehrerbietung. Als sodann die Jungfrauen zu dem Gastmahl des Königs des Himmels gingen, führte jeder Engel diejenige, welche ihm anbefohlen war. Der König der Glorie aber stand an der Seite des Priesters und war mit unaussprechlicher Herrlichkeit umgeben. An seiner Brust befand sich ein Schmuck in Gestalt eines schönen Baumes. Dieser Baum teilte sich, und aus dem honigfliessenden Herzen, in welchem alle Schätze der Weisheit und Kraft verborgen sind, floß ein lauterer Quell, von welchem alle, die hinzugingen, trunken wurden an dem Strome seiner göttlichen Wonne.
Unter einer heiligen Messe, da Mechthildis durch mancherlei hindernde Gedanken des Genusses Gottes beraubt war, bat sie Maria, die Mittlerin zwischen Jesus und den Menschen, dass sie ihr die Gegenwart ihres lieben Sohnes erwerbe.
Während der Aufopferung der gebenedeiten Hostie stand der Herr von dem Stuhle auf, und ward gesehen, wie er mit seinen eigenen Händen sein hl. Herz erhob in Gestalt einer durchsichtigen, vollen, überquellenden Lampe. Diese Lampe aber floß allseitig mit solcher Hast über, dass grosse Tropfen aus ihr herabträufelten, und dennoch ward die Fülle der Lampe nicht gemindert.
Sie entnahm daraus, dass durch die brennenden und aufgerichteten Lampen die Herzen derer bezeichnet waren, die mit Andacht und Begierde der Messe beiwohnten, durch die umgestürzten Lampen aber die Herzen derjenigen, welche versäumten, sich zur Andacht zu erheben.
Einmal offenbarte sich während der heiligen Messe der Herr seiner Dienerin, indem er ihr erschien, thronend auf dem Stuhl seiner Majestät. Da nun zu der Stillmesse geläutet wurde, sprach sie zum Herrn: "Nun bist du ganz auf dem Altare in den Händen des Priesters und nichts destoweniger bist du doch vollkommen hier bei mir!" Darauf antwortete er: "Ist nicht deine Seele in allen deinen Gliedern, und ist dieselbe doch auch allezeit in meiner Gegenwart bei mir im Himmel? Wenn das deine Seele vermag, die doch eine geringe Kreatur ist, warum vermag ich, der Schöpfer aller Dinge, nicht bei all meiner Kreatur zu sein und wo und wie ich will?"
2. Gertrudis (+ 1292)
Wie ihre Schwester kam sie mit fünf Jahren ins Kloster Rodersdorf, ward im 30. Jahre Äbtissin zu Helfeda. Fast immer war sie während der hl. Messe der Welt entrückt, geriet aber beim Empfang der hl. Kommunion regelmässig in Extase und erhielt die wonnevollsten Offenbarungen.
Als die Heilige eines Tages nach der heiligen Kommunion betrachtete, mit welchem Fleiß man den Mund bewahren müsse, der unter allen Gliedern des Leibes gewürdigt ist, das kostbarste Geheimnis Christi zu empfangen, wurde sie durch folgendes Gleichnis belehrt: "Wenn jemand seinen Mund nicht von eitlen, falschen, hässlichen Worten und Nachreden bewahrt und also unbußfertig zum Tisch des Herrn geht, der nimmt Jesum ebenso auf, wie einer, der seinen Gast beim Eintritt in seine Wohnung mit Steinen bewirft." "Wer dies liest," sagt hier die Heilige, "der betrachte mit Seufzen, wie doch eine so grosse Grausamkeit und eine so grosse Güte zusammenpassen, und wie abscheulich es sei, dass derjenige, welcher voll Sanftmut zum Menschen kommt, um sein Heil zu wirken, so grausam von dem, welchen er selig machen will, verfolgt werde. Und so kann man auch von allen Sündern urteilen."
Als die Heilige eines Tages bei der Wandlung die heilige Hostie dem Herrn zu seinem ewigen Lobe und zum Heile aller Schwestern des Klosters aufopferte, nahm der Herr die Hostie freundlich in sich selbst auf, hauchte aus der Tiefe seines Herzens eine lebendigmachende Süßigkeit hervor und sprach: "durch dieses Anhauchen will ich sie mit göttlicher Speise ersättigen."
3. Die hl. Margaretha von Cortona (+ 1297) siehe Bild oben
Aus ihrem Sündenleben erwacht, ward sie eine grosse Büßerin, nahete nur mit einem Strick um den Hals der hl. Kommunion.
Eines Tages, als sie in ihrer Zelle betete, hörte sie zur Wandlung das Zeichen geben. Sogleich wurde sie, vom Feuer der Liebe Jesu erfasst, entzückt und erblickte in den Händen des Priesters einen wunderschönen Knaben, weiß wie der Schnee, ganz in Gold gekleidet, aber die Hände des Priesters waren schwarz wie Kohlen. Und es sprach der Herr zu ihr: "Glaubst du, dass ich, dein Schöpfer, schöner bin, als alles in der Welt" Margarethe antwortete: Mein Herr! ich vermag deine wunderbare Schönheit nicht auszusprechen; aber meine Freude wandelt in Trauer, teils weil ich sehe, wie ich dich, den König der Könige, so unehrerbietig behandelt, teils weil ich laut rufen muss: Barmherzigkeit, Barmherzigkeit, Barmherzigkeit für jene abscheulichen Hände, auf dass sie durch deine Gnade gereinigt werden."
4. Die Sage vom hl. Gral
Die mittelalterlichen Minnesänger und Troubadoure haben in ihrem minnereichen Zeitalter wie die Gottesmutter, so auch die hl. Messe und die hhl. Eucharistie in den Geheimnissen und Wundern, die Einsetzung der Priesterweihe auf Gründonnerstag, mit den reichsten Dichtungsperlen zu verherrlichen gesucht. Der erste Dichter der Gralssage ist der um 1204 zu Eisenach hochgefeierte Kunstepiker Wolfram von Eschenbach, der die von seinem Vorgänger Chretien de Troyes verfasste Sage etwas christlicher gestaltete.
Der Inhalt der wahrscheinlich aus dem Orient nach Spanien verpflanzten Gralssage ist folgender: der hl. Gral ist ein kostbarer Stein von wunderbarem Glanz, welcher der Krone des Lichtengels Luzifer entfallen war, später zu einer Schüssel verarbeitet wurde und zu Christi Zeiten im Besitz des Synedristen Joseph von Arimathäa gewesen ist. In dieser Schüssel lag das Opferlamm, wurde das hl. Altarsakrament eingesetzt, beim hl. Abendmahle die hl. Kommunion daraus gereicht, Christi Blut aus der hl. Seitenwunde aufgefangen, als Longinus mit seinem Speer die Seite öffnete. Deshalb war dieses Gefäss mit der reichsten Fülle irdischer und übernatürlicher Güter ausgestattet, für alle Orte, wo es aufbewahrt wurde. Die grössten Gnaden machten die Gegend zu einem Paradies. Der Mensch, welcher dieses Gefäss anschaute, blieb jung, und wenn er auch Jahrhunderte hindurch in dieser Anschauung verharrte.
An allen Karfreitagen flog eine schneeweiße Taube vom Himmel hernieder, legte eine Hostie auf den Gral, wodurch alle Kräfte erneuert wurden. Den Gral zu hüten und zu pflegen war die höchste Würde und Glückseligkeit. Diese Ehre wurde nur den Auserwählten verliehen, die durch alle Tugenden eines Ritters über die Nebenmenschen hervorragten, zu Templeisen ("Tempelrittern") sich befähigten.
Joseph von Arimatäa brachte den hl. Gral ins Abendland, wo Engel und himmlische Jungfrauen den in der Luft schwebenden Gral hüteten, bis Titurel, Königssohn von Ogone, denselben fand und auf Montsalvaz einen Tempel eigens für ihn erbaute. Eine der schönsten Stellen aus dieser Gralssage ist jene, auf die der Trierer Bischof Korum am 8. Juni 1903 in Arlon in einer französischen Rede anspielte. Parzival trifft zum dritten Male im Gralswalde irrend mit siguna zusammen, die jetzt als Klausnerin die Leiche Schionatulanders bewacht. Er kämpft mit einem Templeisen, dem er sein Pferd abgewinnt und trifft endlich mit einem alten Ritter zusammen, der wie alljährlich am hl. Karfreitag, wo die Taube die hl. Hostie auf den Gral legt, büßend zu dem Einsiedler wallfahrt. Trevarzent erkennt ihn, leitet ihn zur wahren Buße und Hinkehr des Herzens zu Gott an, belehrt ihn über den Glauben, über den hl. Gral. Die Zeit seines Zweifels hatte 4 1/2 Jahre und drei Tage gedauert. Die Taube, eine kleine evize oblât, von welcher der wunderbare Stein, der Gral, seine Kraft empfängt, hat der Einsiedler Trevarzent dem Parzival also beschrieben:
Auch wart nie menschen sô wê.
welches tages ez den stein gesicht,
die wochen mae ez sterben nicht.
Wolfram von Eschenbach leitete also die Kraft des hl. Grals aus der Taube, welche das Engelbrot bis in seine Zeit als Ciborium aufbewahrte, die an jedem Karfreitag vom Himmel die "wize Fegfeuers oblat", die Weizenhostie, herabbrachte.
5. Ida von Löwen (+ 1300)
Schon als Kind sah sie bei der Wandlung in der Messe ein strahlendes Licht sich auf den Altar niederfallen.
Sie hörte täglich mit heißester Inbrunst und Andacht die hl. Messe, wobei sie gewöhnlich die Gegenwart des Heilandes fühlte, wenn er sich auf den Altar bei der Wandlung niederließ, und wünschte sehnlichst, dass bei dieser heiligsten Handlung recht viele Menschen gegenwärtig seien, um das Lamm Gottes anzubeten. Aber da gar oft ihrer dringenden Einladung niemand Gehör gab, rief sie das Geflügel herbei, dass es käme und die Stelle der Menschen vertrete. Und sieh da! Hühner und Tauben kamen herbei und gingen und flogen mit ihr der Kirche zu. Dort blieben sie auf Geheiß der Jungfrau ruhig stehen, und merkwürdig war, dass alle diese Tiere während der heiligen Handlung sich nicht rührten und keinen Laut von sich gaben. Sobald die heilige Messe vorüber war, eilten sie wieder ihrer Wohnung zu.
6. Katharina von Siena (1347-1380)
Nur 33 Jahre lebte diese Tochter eines Tünchers; aber welch ein grosses Büßerleben voll Tugenden und Grosstaten. Die demütige Jungfrau griff in die wichtigen Staats- und Weltangelegenheiten mit vielem Erfolg ein, versuchte die Florentiner mit dem Papst Gregor XI. auszusöhnen, gab sich Mühe, die Avignonische Gefangenschaft der Päpste zu beseitigen. Ihre zalhreichen Schriften sind 6 Dialoge, 364 Briefe und Revelationes oder Offenbarungen, die sie hinterlassen hat.
Katharina ward teils während der hl. Messe, teils während der hl. Kommunion noch mit anderen wunderbaren Gunstbezeugungen begnadigt. Bald sah sie einen Engel mit goldenem Schleier in der Hand dem Priester am Altar dienen, bald hörte sie Chöre der Engel und Heiligen Gott loben und preisen; manchmal erschien ihr der Altar ganz im Feuer oder mit Lichtwogen umgeben, welche in der Kirche eine wunderbare Klarheit verbreiteten. Bei der Brechung der Hostie sah sie Christum in jedem Teil der Hostie gegenwärtig; das Geheimnis der hl. Dreieinigkeit ward ihr unter verschiedenen Bildern enthüllt. Die heilige Hostie zeigte sich ihr als Feuer, als Blut und als Fleisch oder als leuchtendes oder lächelndes Kindlein. Oft sah sie die Königin des Himmels mit Ehrfurcht vor dem heiligsten Sakrament sich neigen.
Pater Gregor von Rimini aus dem Orden des hl. Augustin, ein gelehrter Professor der Theologie, erklärte vor einer zahlreichen Versammlung zu Rom, dass, wenn er das Glück hatte, in Gegenwart Katharinens die Messe zu lesen, mehreremale die Hostie selbst die Patene verließ und sich auf die Lippen der Heiligen legte.
Papst Gregor XI. gewährte ihr, um ihre glühende Andacht zu belohnen, die Gunst, dass sie immer einen Priester haben durfte, der vor ihr das heilige Opfer darbrachte und ihr die hl. Kommunion gab.
(entnommen aus: "Das Heilige Messopfer" von A.Reiners Pfarrer, Imprimatur 1904)