- Gottes enge Pforte -

Heiliges Herz Jesu und die katholische Kirche
 
 
1. Die katholische Kirche auf Erden.
Du betest täglich im apostolischen Glaubensbekenntnis: Ich glaube an die heilige katholische Kirche!  Sie ist die Braut Christi und darum deine Mutter. Der heilige Paulus erzählt in kurzen Worten, wie der Gottmensch sich dieselbe blutig erworben, wie er die Liebe seines ganzen Herzens für sie hingegeben, um sie zu heiligen, sie hochherrlich zu machen, daß sie keine Makel habe, sondern heilig und untadelig sei.
So hat der göttliche Heiland gehandelt, um sich die katholische Kirche zu einer seiner eigenen Majestät würdigen Braut zu machen. Die Liebe aber zu den Millionen Kindern, die sie ihm hervorbringen sollte, hat ihn bewogen, sie auch so auszustatten, daß sie eine würdige, wahre Mutter aller Gotteskinder sei. Er hat ihr seinen Geist eingehaucht, und er kann ihr sagen "du bist Herz von meinem Herzen." Und darum ist die katholische Kirche eines der allerheiligsten und allerkostbarsten Geschenke des heiligsten Herzens Jesu, tausendmal mehr wert als das Geschenk deiner leiblichen Mutter und wäre sie auch die beste aller Mütter.
Hast du dem göttlichen Herzen auch schon einmal dafür gedankt, daß du ein Mitglied seiner Kirche bist? Vielleicht bist du ein totes Mitglied? Willst du die Kirche recht verstehen und tatkräftig lieben, dann gehe in die Schule des heiligsten Herzens. Es ist in wahrem Sinne der Mutterschoß der heiligen Kirche, dort wurde sie erdacht, geplant, gegründet.
Namentlich begleitete der Gedanke an die Kirche den Heiland wie ein tröstender Engel durch sein bitteres Leiden. Im 18. Psalm sehen wir nach der Erklärung vieler Väter den Messias, wie er gleich einem Riesen frohlockt seinen Weg zu laufen. Was flößt ihm solchen Mut ins Herz, was stärkt ihn so sehr, daß er jubelnden Herzens über alle Schwierigkeiten hinwegeilt? Das Ziel, dem er entgegengeht durch die Gründung der Kirche. Wenn am Ölberg der Schmerz ihn an den Boden preßt, wie man in der Kelter eine Traube preßt, so sieht er durch das Dunkel der Nacht den Glanz der Kirche leuchten und mit der ganzen Glut seines Herzens möchte er sich als ihr Fundament in die Erde senken. Wenn er an der Geißelsäule steht, - er, vor dem die Säulen des Himmels beben - so sieht er als Lohn seiner Leiden im Geiste die Säulen der Kirche wachsen und ihre Hallen sich nach allen Seiten ausdehnen; wenn er die Dornenkrone trägt auf seiner königlichen Stirne, so sieht er in der Ferne die Zinnen der Kirche ragen, die vor die Völker hintritt, wie eine Königin mit dem Diadem der Unsterblichkeit geschmückt.
Und wenn er am Kreuze hängt als der Auswurf der Menschheit, so breitet er weit seine Arme aus, gleich einem Friedensbogen, weil aus der entsündigenden Flut seines Herzblutes in jungfräulicher Pracht die Kirche ersteht.
So ist die heilige Kirche in Wahrheit ein Geheimnis des heiligsten Herzens mit Rücksicht auf den Heiland selbst - aber noch vielmehr mit Rücksicht auf uns. Denn sie ist der Wunderbau der Liebe des göttlichen Herzens zu uns.
Überall in der Kirche finden wir die Spuren des heiligsten Herzens Jesu. Wir finden sie im Reichtum ihrer Zeremonien, ihres Gottesdienstes und ihrer Gnadenmittel. In seiner Erlöserliebe hat er alle Bedürfnisse des Menschen durchforscht und für alle ein Heilmittel bereitet, für alle Not des Leibes und der Seele, für jedes Leid, das uns trifft von der Wiege bis zum Grabe. Wir finden die Spuren des heiligsten Herzens Jesu in der Liebe der Kirche. Der Grundton der Kirche ist die Liebe. Ihr erstes Gebot ist das Gebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten; ihr größtes Sakrament ist das Sakrament der Liebe; ihre Priester sind Stellvertreter der Liebe Christi.
Christus der Herr, der Sieger über Sünde und Tod, feiert einen ständigen Triumph in seiner Kirche. Sie ist für ihn gleichsam der Wagen, der ihn im Triumphe durch die Jahrhunderte trägt. Denn wenn sie auch oft angefeindet wird, wenn es auch hie und da scheint, als ob sie im Kampfe mit ihren Gegnern unterliegen müßte, so bleibt sie doch ewig unbesiegt. Immer wieder erhebt sie sich glorreich von ihrer Erniedrigung, immer wieder sieht sie alle ihre Feinde ohnmächtig zu ihren Füßen liegen.
So wird es gehen, bis sie an ihr Ziel gelangt; zum Tempel des Himmels, wo ein Siegesfest ohne Ende ihrer harrt.
 
 
 
2. Das heiligste Herz Jesu, die Freude der triumphierenden Kirche.
Schwingen wir uns zum Himmel auf und mischen wir uns auf einige Augenblicke unter die Scharen seiner seligen, für die ganze Ewigkeit beim Festmahle der wahren Freude versammelten Bewohner. Hier wird sich uns das Herz Jesu ganz besonders als das Herz der Menschheit darstellen. Einzig und allein im Himmel wird unsre Vergöttlichung vollständig sein und das Herz Jesu in unserer Seligkeit, deren Grundursache es ist, einen vollständigen Triumph feiern.
Wir hoffen, daß wir einmal Gnade finden werden vor dem göttlichen Herzen.
Wir hoffen, daß unsere Namen für immer und ewig eingeschrieben sind in das göttliche Herz Jesu, weil wir in uns den guten Willen wahrnehmen, - der ein Geschenk des Heiligen Geistes ist, - das heiligste Herz Jesu über alles zu lieben, und um keinen Preis der Welt es mit einer schweren Sünde zu beleidigen.
Der Himmel ist das Paradies, das wohlverdiente und glorreiche Erbe unsers Herrn Jesu Christus, das er unter unermeßlicher Marter mit dem kostbaren Blute seines Herzens für sich und die Seinen erworben und wunderbar ausgeschmückt hat. Der heilige Paulus hat einmal hineingeschaut in das himmlische Paradies, da erfuhr er Wunderdinge, die kein Mensch aussprechen kann. Und derselbe heilige Paulus versichert, kein Auge habe es gesehen, kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz sei es gekommen, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.
Die Welt ist voll Unfrieden; einen immerwährenden Frieden ohne Wermutstropfen gibt es nur im Reiche Gottes. Der Frieden ist ohnegleichen und kein erschaffenes Herz ist imstande, ihn zu empfinden.
Darin aber besteht das ewige Leben der Gotteskinder, daß sie einen Anteil bekommen an dem Frieden, den der dreieinige Gott in sich selber hat.
Den größten Anteil daran hat unser Herr Jesus Christus erhalten. Ströme des ewigen Lebens und der ungetrübten Ruhe ergießen sich durch die glorreiche Herzenswunde in die verklärte Seele des Erlösers. Soviel nur ein Geschöpf zu fassen vermag, soviel hat das heiligste Herz vom Frieden der heiligsten Dreifaltigkeit erhalten. Im göttlichen Herzen ist die Fülle der ewigen Ruhe und aus seiner Fülle schöpfen alle, die glorwürdige Königin des Himmels, der heilige Joseph, die heiligen Chöre der Engel und die Auserwählten im Himmel alle.
Ich will dir zeigen, was es heißt, den Frieden in Fülle aus Jesu Herz zu schöpfen. Der auferstandene Heiland erschien der Reihe nach seiner gebenedeiten Mutter und den verzagten Frauen und Jüngern. Da wußten alle: Unser Heiland lebt in unsäglicher Glorie und Freude, kein Tod, kein Schmerz, keine Trauer, kein Unfriede kann ihn mehr treffen. Und die kein ganz gutes Gewissen hatten, wie der heilige Petrus, die wußten obendrein: Der Herr hat alles verziehen, er hat für uns die Liebe in seinem Herzen bewahrt. Sieh´ das heißt Frieden schöpfen aus der Fülle des göttlichen Herzens.
Freue dich und sei getrost, du treuer Verehrer des göttlichen Herzens: Auch für dich wird einmal der Augenblick kommen, daß du zur Ruhe gelangst am heiligsten Herzen und Frieden schöpfest im Überfluß aus seiner Fülle, wie du dir in den schönsten Tagen deines Lebens nicht geträumt hast.
Sei unterdessen eifrig und geduldig und hebe täglich dein Kreuz auf und trage es dem göttlichen Meister nach.
Wenn wir durch die Gnade des Herrn in den Himmel kommen und dort viele wiedersehen werden, die in dieser Welt zu uns nahe gestanden sind: dieses Wiedersehen allein ist nicht genug, es muß auch ein Wiederfinden im göttlichen Herzen sein. Wenn wir uns eins wissen in der Liebe des Herrn, so wird der Himmelfrieden wegen des Wiedersehens erst voll sein. Da wird jeder klar einsehen, daß Jesus das höchste Gut ist, und der geringste Grad der Liebe, der vom göttlichen Herzen ausgeht, wird höher geschätzt werden als hier alle Königreiche. O wie viel Seligkeit wird in den ewigen Wohnungen des himmlischen Vaters sein wegen des Wiederfindens in der Liebe des heiligsten Herzens Jesu, in der alle sich eins wissen!
 
Glücklich die Seelen, die bereits in diesem Leben das heiligste Herz sich zur Wohnung erwählt haben. Zwar ist ihr Glück noch nicht die Seligkeit des Himmels, es ist deren Keim und sicheres Unterpfand. Diese Seelen besitzen in ihrer Vereinigung mit dem Herzen Jesu den ersten Anfang der Glückseligkeit Gottes, denn in ihm lieben sie Gott mit einer wahrhaft kindlichen Liebe, und in ihm werden sie von Gott mit einer wahrhaft väterlichen Liebe wiedergeliebt. Das göttliche Herz bereitet sie vor zur Teilnahme an seinem ewigen Erbe und sichert ihnen den künftigen Besitz desselben zu. Dadurch, daß es unaufhörlich ihr Verlangen danach steigert, mehrt es auch in gleichem Verhältnisse ihre Rechte darauf; und dadurch, daß es sich durch eine tägliche ungestümere Liebe zu Gott emporhebt, zieht es Gott auch durch eine stets willfährigere und freigebigere Liebe zu ihnen herab. Je mehr die Entfernung sich mindert, desto mächtiger wird die Anziehung. Die Liebe wächst, die Verdienste häufen sich.
Das sind die reichen Freudenschätze, die das heiligste Herz Jesu in diesen Seelen ansammelt und in deren Vollgenuß sie durch das, was die Welt als das größte Übel ansieht, nämlich durch den Tod, gesetzt werden.
Wollen wir alle im Vertrauen auf den Beistand des Herrn wachsam und eifrig sein in allen guten Werken, standhaft und geduldig in allen Versuchungen, damit wir einmal ein seliges Wiederfinden feiern können in der Liebe des heiligsten Herzens Jesu.
 

 
3. Das heiligste Herz Jesu und die armen Seelen im Fegfeuer.
Nachdem der göttliche Erlöser im blutigen Opfertod auf Golgatha sein Testament gemacht und den Peinigern seine Kleider, den Sündern Verzeihung, dem Räuber das Paradies, dem Johannes seine Mutter und der Kirche seine heiligen Wunden und sein Kreuz und den unermeßlichen Schatz seines heiligen Blutes und seiner Verdienste vermacht, und nachdem er seine Seele bereits in die Hände seines himmlischen Vaters übergeben, ließ er noch durch die Lanze des Longinus seine Seite öffnen, wo der kostbarste aller Schätze, sein süßestes Herz, verborgen war.
Diesen großen Schatz hat er seinen innigsten und geliebtesten Freunden aufbewahrt, und besonders jenen armen Seelen, die im Fegfeuer leiden, hat er dieses sein Herz zu ihrem größten Troste vermacht, um auf solche Weise als Erstling unter den Toten, den Dahingeschiedenen zu nützen. Ja, dieses genügte seiner göttlichen Liebe noch nicht! Er ließ sein Herz sogar öffnen, um den letzten Tropfen Blutes zum Troste und zur Linderung der armen Seelen aufzuopfern.
In der heiligen Schrift lesen wir nämlich: "Ein Soldat öffnete seine Seite mit einer Lanze, und allsogleich floß Blut und Wasser heraus." Und zwar geschah dies, wie der heilige Chrysostomus dazu bemerkt, "zum Schutze der armen Seelen im Reinigungsorte." Und der heilige Chrysologus sagt beinahe dasselbe (Serm. 123), indem er schreibt: "Aus der Seite goß er Wasser, um den Weg zum Paradiese zurecht zu richten, um das Fegfeuer der Heiligen in der Unterwelt zum Teil auszulöschen, um den ganzen Schuldschein abzuwaschen und die alte Schuld abzubezahlen." Daraus können wir erkennen die unendliche Liebe des heiligsten Herzens Jesu, welcher Liebe selbst der Tod nicht im Stande war, Einhalt zu tun.
Im Evangelium des heiligen Johannes (5,3) lesen wir, daß zu Jerusalem ein Schafteich war, Bethsaida genannt, der fünf Hallen hatte, in welchem eine große Anzahl von Kranken, Blinden, Lahmen, Abgezehrten lag, wie in einem öffentlichen Spital. "Denn", so erzählt die heilige Schrift weiter, "von Zeit zu Zeit stieg ein Engel des Herrn hinab und brachte das Wasser in Bewegung, und wer zuerst hinabstieg, wurde gesund, mit welcher Krankheit er immer behaftet sein mochte." (Joh. 5.)
Woher hatte das Wasser dieses Teiches, in welchem die Opferschale gewaschen wurden (daher sein Name), diese Heilkraft? Ludolph von Karthäuser sagt, das Wasser dieses Teiches sei immer gerötet gewesen von dem vielen Blute der Opfertiere, welches durch unterirdische Kanäle aus dem Tempel in diesen Teich hineinfloß. Der heilige Antonius von Padua versteht unter diesem Teiche das Leiden unseres Herrn Jesu und unter den fünf Hallen die heiligen fünf Wunden, in welchen alle Kranken sicher leben und ruhen können usw.
Es ist dies alles sehr schön. Allein, wenn wir näher betrachten, so ist unter diesem Teiche in sehr sinnvoller Weise das heiligste Herz Jesu vorgebildet.
Dieser Teich war in der Mitte der Stadt: - das heiligste Herz Jesu ist nicht nur in der Mitte seines wirklichen Leibes, sondern es bildet auch die lebendige Mitte seines geheimnisvollen Leibes, welcher die heilige Kirche ist, von welcher alle Glieder der Kirche Leben, Gnade und Kraft erhalten.
Der Teich Bethsaida war, wie die Erklärer sagen, vom weisen Salomon erbaut: das heiligste Herz Jesu war vom weisesten Baumeister, vom heiligen Geiste gebildet.
In diesen Teich floß, wie wir oben gesehen, Blut und Wasser: - floß nicht aus Jesu Herz Blut und Wasser heraus?
In diesem Teiche wuschen sich die opfernden Priester, und auch die Opferlämmer wurden in demselben gewaschen: - durch den geheimnisvollen Teich des Herzens Jesu sind wir alle vom Schmutze der Sünde in der Taufe und Buße gereinigt worden. "Er hat uns geliebt und uns reingewaschen von unseren Sünden in seinem Blute," sagt der Apostel. (Off. 1,5.)
In diesem Teiche wurde nur einer geheilt bei der Bewegung des Wassers: - im geheimnisvollen Teiche des heiligsten Herzens Jesu können alle, die nur wollen, geheilt werden.
Dieser Teich war sehr heilbringend und eine große Menge von Kranken wartete daselbst auf die Bewegung des Wassers: - ebenso hat, nach dem Ausdrucke des großen Papstes Pius IX., "die gesamte leidende Menschheit keine andere Hoffnung, als das hlgst. Herz Jesu, das alle unsere Übel heilen wird."
Unter den Erbarmungswürdigen aber, welcher der Hilfe des heiligsten Herzens Jesu inmitten unsäglicher Qualen harren, versteht der fromme Quaresmius wiederum die im Fegfeuer leidenden Seelen, welche nicht etwa in einem kühlenden Teich, sondern in ein Meer von Flammen versenkt, auf nichts anderes warten, als auf den großen Engel des Rates, Jesum Christum den Gekreuzigten, auf daß er neuerdings die heilbringende Flut seines Blutes und Wassers in seinem heiligsten Herzen in Bewegung setze und "sein Blut für die Seele zur Versöhnung sei." (Lev. 7,11.)
Dies zu tun hat der Herr uns überlassen; Wir sollen gleichsam die Engel der armen Seelen werden. Wir sollen hinabsteigen in den geheimnisvollen Teich, nämlich ins heiligste Herz Jesu, und das Blut und Wasser desselben im heiligen Sakramente und durch gute Werke und fromme Anmutungen in Bewegung setzen. Sehet! kranke, arme Seelen erwarten, wie der Gichtbrüchige in der heiligen Schrift, vielleicht schon 38 und noch mehr Jahre in diesen Flammen auf unsere Hilfe! O wie viele Seelen, vielleicht die Seelen unserer Eltern, Freunde, Geschwister usw. rufen: "Ich habe keinen Menschen, der mir helfe!"
Hören wir den heiligen Augustinus, der da spricht: "Sie rufen täglich, die da liegen in den Flammen, sie rufen, und wenige gibt es, die den Ruf beantworten!"
Betrachten wir Jesum betend im Garten Gethsemane. Dreimal flehte der Heiland zum himmlischen Vater, und erst beim dritten Male, als wäre sein heiliges Herz gesprungen, drang blutiger Angstschweiß aus allen Poren des Körpers: "Es wurde sein Schweiß wie Tropfen Blutes, das auf die Erde rann." (Luk. 22,24.)
Warum erst beim dritten Gebete und nicht beim ersten oder zweiten drang dieser blutige Schweiß hervor? - Der heilige Augustinus sagt, dies sei geschehen, weil das heiligste Herz Jesu das erste Mal für jene betete, die in der Todsünde sich befinden, damit sie davon befreit werden und leben. Das zweite Mal opferte er sein Gebet dem himmlischen Vater auf für die Gerechten, auf daß sie im Guten und in der Gnade Gottes ausharren. Das dritte Gebet opferte er für die Seelen im Fegfeuer, damit sie aus dem Orte der Strafe erlöst werden und zur ewigen Glückseligkeit gelangen. Und bei diesem dritten Gebete ergoß sich gleichsam sein heiligstes Herz in Blutregen!
O süßester Jesus, was tust du? Den ganzen Preis deines Leibes, Blutes und Wassers Deines heiligsten Herzens opferst du zum Troste der armen Seelen im Fegfeuer und zur Linderung ihrer Schmerzen!
Und wir Undankbaren! was tun wir für jene Seelen? Wie wenig haben wir bisher getan! "Welch eine Grausamkeit und Unmenschlichkeit!" ruft nochmals der heilige Augustinus aus. "Sie rufen täglich zu uns, sie, die in ihrem Leben soviel für uns ertrugen, und wir kommen ihnen nicht zu Hilfe." (Serm. 44.) Werden wir noch länger das kostbarste Blut, das das Herz uns anvertraut hat, damit wir es nach Belieben verwerten und austeilen, werden wir es noch länger unfruchtbar lassen? Werden wir es nicht eifrig verwenden und aufopfern, um die Flammen des Fegfeuers damit auszulöschen oder wenigstens ihre Glut zu mildern?
Wir können dieses dadurch tun, daß wir die heilige Messe für die Verstorbenen lesen lassen oder anhören, denn unter allen Mitteln, wodurch wir den armen Seelen zu Hilfe kommen können, ist das wirksamste das Opfer der heiligen Messe, bei welcher nicht allein der Priester und die anwesenden Gläubigen für die Verstorbenen beten, sondern Jesus Christus selbst fleht für sie um Erbarmen zur göttlichen Gerechtigkeit.
"Vor allen andern Gaben und Opfern glauben wir", so schreibt der heilige Cyrillus im dritten Jahrhundert nach Christi Geburt, "daß es den Seelen der Abgeschiedenen zur überschwenglichen Hilfe gereiche, wenn jenes heilige und ehrfurchtgebietende Opfer für sie dargebracht wird, das unsere Altäre verherrlicht."
Die Kirche lehrt durchs Konzilium von Trient, das die Seelen im Fegfeuer durch die Fürbitten der Gläubigen, am meisten aber durch die heilsame Aufopferung der heiligen Messe, Hilfe empfangen.
Kommen auch wir den armen Seelen zu Hilfe und wenn sie auch noch 10 000 Talente dem Herrn schuldig wären, so haben wir ja einen göttlichen Schatz, das geöffnete heiligste Herz Jesu, aus welchem wir den Lösepreis für  diese Seelen auszahlen können, indem wir entweder eine heilige Messe für sie lesen lassen oder anhören oder indem wir die heilige Kommunion für sie aufopfern oder das kostbare Blut Jesu Christi. Letztere Übung können wir täglich unzählige Male, in jedem Augenblick verrichten, wie wir dieses aus dem Leben der heiligen Magdalena von Pazzis lernen, welche dadurch viele armen Seelen erlöste. Folgen wir ihrem Beispiele und pflegen wir eifrig die Andacht für die armen Seelen, welche wie kaum eine andere Andacht ein kräftiges Mittel ist, die Gnade in uns schnell zu vermehren.
Wir erlangen durch dieselbe große geistliche Schätze und zwar nicht nur für die Seelen im Fegfeuer, sondern auch für uns, indem wir alle sieben Werke der Barmherzigkeit dadurch üben.
Diese Andacht ist auch dem Herzen Jesu überaus angenehm, welches ja nichts sehnlicher wünscht, als daß diese ihm so teuren Seelen recht bald erlöst werden. Auch von großem Nutzen für unser geistliches Leben, für den Fortschritt in der Tugend, ist diese Andacht, denn hier geschieht alles nicht bloß zur Ehre, sondern zur größeren Ehre und einzig und allein zur Ehre Gottes.
Durch diese Andacht lernen wir die Sünde hassen und verabscheuen, indem wir immer daran erinnert werden, daß nichts Unreines in den Himmel eingehen kann, und daß die Seele für die kleinste Sünde, mit der sie befleckt ist, große Qualen im Fegfeuer leiden muß, bevor sie zur Anschauung Gottes zugelassen wird.
Durch diese Andacht lernen wir, wie wir leiden sollen, nämlich mit freudiger Ergebung in Gottes heiligsten Willen, indem wir ja durch den Gedanken an die leidenden Seelen immer das Bild des Leidens vor uns haben. Und dies gerade ist die Gesinnung des göttlichen Herzens  Jesu, dies ist das Leben Jesu im heiligsten Sakramente. Denn was tut Jesus im heiligsten Sakramente im Tabernakel? Er betet für uns zum himmlischen Vater, er leidet und opfert sich auch für die Bekehrung der Sünder, für die Rettung der Seelen. Wenn wir uns also mit dem göttlichen Herzen Jesu vereinigen und Jahre lang für die armen Seelen beten, leiden und opfern, welchen Nutzen können wir daraus ziehen für unser geistiges Leben, welche Schätze von Gnaden können wir uns dadurch erwerben? Versprechen wir daher dem göttlichen, erbarmungsreichsten Herzen Jesu, daß wir in Zukunft bestrebt sein wollen und werden, den Seelen im Fegfeuer zu Hilfe zu kommen, und ihm den Trost zu bereiten, jene ihm so teuren Seelen recht bald erlöst zu sehen.
(entnommen aus: Das goldene Herz-Jesu-Buch; von Anton Steeger, Imprimatur 1909)

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