Die leidende Kirche
Die armen Seelen

1. Im bisherigen war schon mannigfach von dem tiefen Mitleiden gegen die armen Seelen die Rede, welches Anna Katharina ohne Unterlaß zu Gebet und jeder Art von Opfern und Liebeswerken für sie hinriß; nun sollen aber auch ihre umfassenden Anschauungen von den verschiedenen Leidenszuständen der Abgeschiedenen und einzelne Hilfsarbeiten für dieselben hier zusammengestellt werden, damit der Leser ein möglichst vollständiges Bild ihrer unermeßlichen Tätigkeit gewinnen möge. Als der Pilger (Clemens Brentano) das erste Fest Allerheiligen und Allerseelen in ihrer Nähe zubrachte, und sie ihn die allgemeine Gleichgültigkeit gegen Verstorbene teilen sah, welche so leicht mit der Vorstellung sich beruhigt, als wären diese unserer Hilfe nicht mehr oder nicht in dem hohen Grade bedürftig, wie sie es doch in Wirklichkeit sind, da jammerte sie oftmals: "Es ist traurig, wie jetzt so wenig den armen Seelen geholfen wird. Und ihr Elend ist doch so groß, sie selber können sich gar nicht helfen. Wenn aber jemand für sie betet, etwas für sie leidet, ein Almosen für sie spendet, das kommt ihnen augenblicklich zugute. Sie sind dann so froh, so selig wie ein Verschmachtender, dem ein frischer Trunk gereicht wird."
Und nahm sie wahr, daß ihre Worte auf den Pilger Eindruck machten, so wies sie ihn auch darauf hin, welche Kraft der Tröstung und Hilfen in verdienstlichen Handlungen liege, die in reiner Absicht für die armen Seelen aufgeopfert werden, wie in den Übungen ernster Selbstverleugnung, der Abtötung des Eigenwillens, der Überwindung verkehrter Neigungen und Affekte, in Akten der Geduld, Sanftmut, gründlicher Demütigung, herzlicher Vergebung, wahrhaftiggen Wohlwollens u. dgl.
"Ach", pflegte sie zu sagen, "es haben die armen Seelen so viel zu leiden wegen ihrer Nachlässigkeit, wegen bequemer Frömmigkeit, wegen Mangels an Eifer für Gott und das Heil des Nächsten. Wie soll ihnen geholfen werden, wenn nicht durch genugtuende Liebe, welche für sie jene Tugendakte aufopfert, die sie selbst im Leben besonders vernachlässigt hatten? Die Heiligen im Himmel können nicht mehr für sie büßen und genugtun; das haben sie von den Kindern der streitenden Kirche zu erwarten. Und wie sehr sehnen sie sich danach! Sie wissen, daß kein guter Gedanke, kein ernster Wunsch, den ein Lebender für sie hat, ohne Wirkung ist; und doch, wie wenige kümmern sich um sie! Ein Priester, der sein Brevier mit Andacht in der Meinung betet, die Versäumnisse damit gutzumachen für welche die armen Seelen noch zu büßen haben, vermag unglaubliche Tröstung zu bereiten. Ja die Kraft des priesterlichen Segens dringt bis in das Fegefeuer und erquickt wie Himmelstau die Seelen, denen er in festem Glauben gesendet wird. Wer dies alles so sehen könnte wie ich, der würde gewiß nach Kräften zu helfen suchen."
Am meisten bedauerte sie jene Verstorbene, welche von den Überlebenden über Gebühr gelobt und um natürlicher Eigenschaft und Vorzüge willen bis zum Himmel erhoben werden; denn solche sah sie als die ärmsten und verlassensten Seelen.
"Unmäßiges Lob", äußerte sie oft, "sehe ich immer als eine wesentliche Beraubung und Zurücksetzung dessen, dem das unverdiente Lob gespendet wird."
Als einmal Anna Katharina mit dem durch solche Hinweisungen tief bewegten Pilger in eine längere Unterredung über das Verhältnis der Überlebenden zu den Abgestorbenen sich einließ, faßte er danach die ihm bemerkenswertesten Äußerungen in folgendem zusammen:
"Alles, was der Mensch denkt, spricht und tut, hat in sich etwas Lebendiges, das fortwirkt zum Guten oder zum Bösen. Wer Böses getan, muß eilen, seine Schuld durch Reue und Bekenntnis im Sakrament der Buße zu tilgen, sonst kann er die Folgen des Bösen in ihrer ganzen Entwicklung nur schwer oder gar nicht mehr verhindern. Ich habe dies bei Krankheiten und Leiden mancher Menschen und bei dem Unsegen mancher Orte oft körperlich gefühlt, und es ist mir immer gezeigt worden, daß ungebüßte und unversöhnte Schuld eine unberechenbare Nachwirkung hat. Ich sah die Strafen mancher Sünden bis an den späten Nachkommen wie als etwas Natürlich-Notwendiges, ebenso wie die Wirkung des Fluches, der auf ungerechtem Gute liegt, oder den unwillkürlichen Abscheu vor Orten, wo großes Verbrechen geschehen sind. Ich sehe dies als so natürlich und notwendig, wie der Segen segnet und das Heilige heiligt. Solange ich denke, habe ich ein lebendiges Gefühl für Gesegnetes und Ungesegnetes, für Heiliges und Unheiliges. Das Heilige zieht mich an, und unwiderstehlich folge ich ihm, das Unheilige stößt mich zurück, ängstigt mich, macht mich schaudern, ja ich muß mit Glauben und Gebet dagegen kämpfen. Besonders klar und lebendig war mir immer diese Empfindung bei menschlichen Gebeinen, ja bei den kleinsten Stäubchen eines Leibes, der einmal eine Seele bekleidet hatte. Ich habe durch die Stärke dieses Gefühles in mir immer glauben müssen, es sei ein gewisser Zusammenhang zwischen allen Seelen und ihren Leibern; denn ich fühlte und sah ja ganz deutlich die verschiedensten Zustände und Wirkungen bei Gebeinen auf Gräbern und Kirchhöfen. Ich hatte bei einzelnen Gebeinen das Gefühl von Licht, überfießendem Segen und Heil; bei andern empfand ich verschiedene Grade von Armut und Bedürftigkeit, und ich fühlte mich um Hilfe durch Gebet, Fasten und Almosen angefleht. Es erfüllte mich aber an manchen Gräbern auch Schrecken und Entsetzen. Wenn ich in der Nacht auf dem Kirchhof zu beten hatte, empfand ich auf solchen Gräbern eine noch tiefere Finsternis als die Nacht selbst, es war da noch schwärzer als schwarz, es war, als wenn man ein Loch in ein schwarzes Tuch schneidet, was dann noch dunkler aussieht. Manchmal sah ich wie einen schwarzen Qualm aus solchen Gräbern steigen, der mich schaudern machte. Es ist mir auch geschehen, daß ich, wenn mich die Begierde zu helfen hinriß, in diese Finsternis einzudringen, das Zurückstoßen der dargebotenen Hilfe mir entgegendringen fühlte. Die lebendige Überzeugung von der allerheiligsten Gerechtigkeit Gottes war mir dann wie ein Engel, der mich aus den Schrecknissen eines solchen Grabes wieder zurückführte. An andern Gräbern sah ich eine hellere oder trübere graue Schattensäule, auf manchen eine Lichtsäule, einen stärkeren oder schwächeren Strahl; auf vielen aber sah ich gar nichts erscheinen, was mich immer am tiefsten betrübte. Ich erhielt die innere Überzeugung, daß die helleren oder trüberen Strahlen aus den Gräbern Äußerungen der armen Seelen über den Grad ihres Bedürfnisses seien, und daß jene, die gar kein Zeichen zu geben vermöchten, am weitesten zurück und ohne alle Hilfe im Fegefeuer seien, daß niemand ihrer gedenke, daß sie ohne alle Fähigkeit zu wirken und am weitesten im Verkehr mit dem Kirchenleibe zurückgesetzt seien. Wenn ich betend auf solchen Gräbern lag, hörte ich oft eine mühsame, dumpfe Stimme aus der Tiefe zu mir herauf seufzen: "Hilf mir heraus!" und ich fühlte die Angst eines ganz hilflosen Menschen deutlich in mir selbst. Ich betete für diese Hilflosen, Vergessenen immer mit größerem Eifer und andauernder als für andere, und ich habe öfter über solchen leeren, stummen Gräbern nach und nach graue Schattensäulen hervorsteigen und sich durch fortgesetzte Gebetshilfe immer mehr aufhellen sehen. Die Gräber, auf denen ich hellere oder trübere Schattensäule sehe, wurden mir als die Gräber solcher Verstorbenen erklärt, deren arme Seelen nicht ganz vergessen, nicht ganz gebunden seien, und welche durch den Grad ihrer Reinigungspein oder durch Hilfe und Gebet lebender Freunde in einem mehr oder weniger tröstlichen Verhältnis zu der streitenden Kirche auf Erden stehen. Sie haben noch die Gnade, ein Zeichen von sich in der Gemeinde zu geben, sie sind in einem Wachsen zum Licht und zur Seligkeit begriffen, sie flehen uns an, denn sie können sich nicht selbst helfen, und was wir für sie tun, das bringen sie unserem Herrn Jesus für uns dar. Sie erscheinen mir immer wie arme Gefangene, welche noch durch einen Schrei, durch ein Flehen, durch eine vorgestreckte Hand aus dem Kerker das Mitleid ihrer Mitmenschen anregen können. Wenn ich so einen Kirchhof ansah, und diese Erscheinungen mir vor die Seele traten in ihrem verschiedenen Grade von Licht und Finsternis, war das Ganze wie ein Garten, der nicht in gleicher Pflege steht oder teilweise ganz wüst liegt; und wenn ich dann recht betete und arbeitete und auch andere dazu antrieb, so war es, als erquickten wir die Erde und ganz verborgener Same dringe zutage, - und Tau und Regen komme über den Garten. Ach wenn alle Menschen das so sähen wie ich, sie würden gewiß noch viel fleißiger in diesem Garten erbeiten als ich.
Wenn ich auf Kirchhöfen in solchen Anschauungen komme, kann ich ebensosehr von dem christlichen Fleiß und der Liebe einer Gemeinde mich überzeugen, als man aus dem Zustande der Felder und Gärten um einen Ort auf den Fleiß und die zeitliche Betriebsamkeit der Einwohner schließen kann. Gott hat mir oft in meinem Leben die Gnade verliehen, daß ich viele Seelen vor meinen Augen aus dem Fegefeuer mit unendlicher Freude in den Himmel aufsteigen sah.
Wie aber keine Arbeit, kein Helfen in der Not ohne Mühseligkeit, Kampf und Anfechtung ist, so bin ich als ein junges, gesundes Kind und als eine rüstige Jungfrau oft in meinem Gebet bei Gräbern und auf den Kirchhöfen auf eine arge Weise gestört, geschreckt und mißhandelt worden von unseligen Geistern oder vom bösen Feinde selbst. Getöse und furchtbare Erscheinungen umgaben mich, oft ward ich auf Gräbern umgeworfen, oft ward ich hin und her geschleudert, ja manchmal wollte mich eine Gewalt zum Kirchhof hinausdrängen. Ich habe aber von Gott die Gnade gehabt, mich nie zu fürchten und nie ein Haar breit dem Feinde zu weichen, und wo ich gestört wurde, verdoppelte ich mein Gebet. O wie vielen Dank habe ich von den lieben armen Seelen gehabt; ach, wenn doch alle Menschen diese Freude mit mir teilen wollten! Welch ein Überfluß von Gnaden ist auf Erden, aber wie werden sie vergessen und verschleudert, während die armen Seelen so sehr nach ihnen seufzen! In ihren mannigfachen Räumen mit verschienden Qualen sind sie voll Angst und Sehnsucht, so schmachtend nach Hilfe und Erlösung. Und wie groß auch ihre Not ist, sie loben doch unseren Herrn und Heiland. Alles, was wir für sie tun, gebiert unendliche Wonne."
2. Am 2. November 1819 erzählte Anna Katharina: "Ich kam mit meinem Führer in einen düstern Ort. Ich ging weit darin umher und tröstete. Die Seelen sah ich teilweise wie zur Hälfte, teils bis an den Hals, überhaupt mehr oder weniger in Finsternis getaucht. Sie waren nebeneinander, aber jede wie in einem getrennten Kerker. Einige litten Durst, andere Kälte, andere Hitze, sie konnten sich nicht helfen und waren in unendlicher Qual und Sehnsucht. Ich sah sehr viele erlöst werden; ihre Freude ist unaussprechlich. Emporschwebend in großer Zahl in einer bloß grauen seeleischen Gestalt, erhielten sie während des kurzen Überganges nach einem höheren Ort auf kleine Zeit die Kleider und Insignien ihres Standes, den sie auf Erden bekleidet hatten. Der Ort aber, in welchem sie sich sammelten, war ein großer Raum über dem Fegfeuer, welcher wie mit einem Zaune von Dornen umgeben war. Hier sah ich nun viele Ärzte erlöst, sie wurden von einer Art Prozession ihrer Standesgenossen empfangen und emporgeführt. Ich sah auch sehr viele Soldaten abgeholt werden, was mich sehr für die armen geschlachteten Leute freute. Ich sah wenige Klosterfrauen, noch wenige Richter; aber viele Jungfrauen, welche sich dem Klosterstande bei Gelegenheit würden gewidmet haben, und sah sie von seligen Nonnen abholen. Ich sah auch einige alte Könige und Seelen aus königlicher Familie, mehrere Geistliche, auch viele Bauern. Unter allen diesen Seelen sah ich viele aus meiner Bekanntschaft, viele aus fremden Gegenden ihrer Kleidung nach. Jeder Stand war von Seelen seinesgleichen nach verschiedenen Richtungen emporgeführt, und in diesem Emporführen verloren sie wieder ihre irdischen Kennzeichen und erhielten ein lichtes, seliges Gewand. Ich kannte im Feuer nicht nur meine Bekannten, sondern auch Anverwandte meiner Freunde, die ich nie gesehen. Am verlassensten sah ich jene guten armen Seelen, welche niemand haben, der an sie denkt, und deren gibt es so viele von jenen unserer Glaubensgenossen, welche das Gebet nicht üben. Ich bete immer für solche am meisten.
Hierauf kam ich in ein anderes Gesicht. Ich stand auf einmal als ein Bauernmädchen gekleidet da, wie ich im früheren Leben ging. Ich trug eine Binde vor der Stirn und eine Mütze auf dem Kopf. Mein Führer brachte mich einer Schar entgegen, die leuchtend vom Himmel herzog. Es waren lauter gekrönte Gestalten, über welchem der Heiland mit einem weißen Kreuzstab, an dem ein Fähnchen schwebte. Es waren etwa hundert, meistens Jungfrauen, nur ein Drittel Männer. Alle waren in glänzenden königlichen Gewändern von vielerlei durcheinanderstrahlenden Glorienfarben, wodurch die Erscheinung gar wunderbar wurde. Sie trugen offene Ringkronen und auch geschlossene Kronhauben. Unter ihnen waren viele sichtbar mit den Wunden ausgezeichnet, die um die Malstellen einen roten Glanz verbreiteten. Ich wurde von meinem Führer zu ihnen herangeführt und war entsetzlich blöde und wußte nicht, wie ich als ein Bauernmädchen zu diesen Königen sollte. Mein Führer sagte: "Du kannst dies alles auch noch werden", und es wurde mir statt des Bauernkleides ein weißes Nonnenkleid angezogen. Ich sah nun um mich alle, die bei meiner Einkleidung im Kloster zugegen waren und besonders die seligen Nönnchen unseres Klosters. Ich sah, wie manche, die ich im Leben gekannt und mit denen ich zu tun hatte, aus dem Fegfeuer nach mir sahen. Ich erkannte wahre und falsche Teilnahme. Viele sahen mir traurig nach, und es reute sie manches, da ich wieder von ihnen fort mußte. Es waren Bürger aus dem Städtchen."
3. Am 24. September 1820 erzählte sie: "Ich hatte im Hochzeitshause eine schwere Arbeit, mit der ich nicht fertig werden konnte. Ich sollte mit einem ganz unbrauchbaren, steifen Besen vielen Unrat hinausfegen; ich konnte aber nicht damit zustande kommen. Da kam meine Mutter zu mir und half, und auch eine Freundin, der ich vor ihrem Tode ein Bild der hl. Katharina geschenkt habe, welches ich übernatürlicherweise empfangen hatte. Sie trug das Bildchen auf der Brust und sprach viel mit mir. Ich ward von meiner Mutter nach vielen Aufenthaltsorten von Seelen geführt und entsinne mich, daß ich auf einen Berg gebracht wurde, als welchem ein Geist, kupferrot schimmernd, mit einer Kette, an die er angeschlossen war, mir entgegentrat. Er war hier seit sehr langer Zeit und von aller Hilfe verlassen. Niemand gedachte seiner, niemand half und betete für ihn. Er redete nur wenige Worte, und doch erfuhr ich seine ganze Geschichte, wovon ich noch einiges in Erinnerung habe. Er war zur Zeit eines Königs von England, der Krieg mit Frankreich führte, englischer Kriegsoberster in diesem Lande, wo er arg wütete und alle Grausamkeiten verübte. Er war so schlecht erzogen, und es war mir, als sei dies Schuld seiner Mutter; doch trug er immer eine geheime Ehrfurcht vor Maria. Er zerstörte alle Bilder, und als er einmal vor einer sehr schönen Bildsäule der Mutter Gottes vorüberkam, wollte er sie auch zerstören, aber es überkam ihn eine Rührung, und er tat es nicht. Hierauf fiel er in ein hitziges Fieber und hätte gern gebeichtet, er kam aber von Sinnen; doch starb er mit einer heftigen Reue. Er fand dadurch Barmherzigkeit und ward nicht verdammt. Es konnte ihm noch geholfen werden, aber er war ganz vergessen. Er sagte, daß durch heilige Messen ihm besonders geholfen werden könnte; ja daß er durch weniges viele Zeit früher befreit würde. Es sei dieser Ort das (gewöhnliche) Fegfeuer nicht. Ich sah ihn immer wie von Hunden angebellt und zerfleischt, weil er die Leute so gepeinigt hatte. Er lag oft in verschiedenen Stellungen angeschlossen, auch wie im Block, und wurde mit siedendem Blute durchgossen, das ihm durch alle Adern rann. Er sagte, die Hoffnung der Erlösung sei ihm ein großes Labsal. Als er mit mir gesprochen, sank er wieder wie in den Berg hinein. Der Platz, wo er stand, war wie mit flammendem Gras überzogen. Er hatte auch schon früher mit mir geredet, es war jetzt das dritte Mal."
27. September 1820. "Ich habe heute nacht viel für die armen Seelen gebetet und viele wunderbare Strafzustände von ihnen gesehen und die ganz unbegreifliche Barmherzigkeit Gottes. Ich habe auch den unglücklichen englischen Kriegsmann wiedergesehen und für ihn gebetet. Ich sah eine unendliche Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes und wie nichts wirklich Gutes im Menschen, das noch übrig an ihm, verlorengeht. Ich sah das Gute und Böse aus den Vorfahren in den Kindern fortwirken und durch ihren Willen und ihr Mitwirken ihnen zum Heil und Unheil gerichtet werden. Ich sah aus den Schätzen der Kirche und der Liebe der Kirchenglieder auf wundervolle Weise den Seelen Hilfe leisten. Und alles dieses war ein wirkliches Ersetzen und Vollmachen ihrer Mängel. Die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit verletzten sich nicht, und doch sind beide unendlich groß. Ich sah viele Zustände der Reinigung; besonders sah ich jene bequemen, still sitzenden Priester gestraft, welche zu sagen pflegen: "Ich bin mit einem kleinen Plätzchen im Himmel zufrieden, ich bete, ich lese Messe, ich sitze Beicht usw." Sie müssen unsägliche Qual und Sehnsucht nach Liebeswerken empfinden; und alle Seelen, welche ihrer Hilfe entbehrt haben, müssen sie vor sich sehen und müssen still sitzen mit zerreißender Begierde zu helfen und zu wirken. Alle ihre Trägheit wird eine seelische Pein, ihre Ruhe wird eine Ungeduld, ihre Untätigkeit eine Fessel, und alle diese Strafen sind keine Erfindungen, sondern sie gehen wie die Krankheit aus dem Übel verständlich und wunderbar hervor.
Bei dieser Gelegenheit habe ich vieles vom Fegfeuer und besonders vom Stand der Kinder, der vor und nach der Geburt getöteten, gesehen, was ich nicht deutlich genug sagen kann und deswegen übergehe. So viel war ich mir immer gewiß, daß alles Gute, sei es in der Seele oder im Leibe, zum Lichte dringt, wie alles Böse zur Finsternis, so es nicht gesühnt und getilgt wird, daß die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit in Gott Vollkommenheiten sind, und daß der Gerechtigkeit aus seiner Barmherzigkeit, aus den unerschöpflichen Verdiensten Jesu Christi und der mit ihm vereinigten Heiligen in der Kirche durch die Mitwirkung und glaubende, hoffende, liebende Arbeit der Glieder seines geistlichen Leibes genug geschieht. Ich sah immer, daß nichts verloren ist, so es in der Kirche in Vereinigung mit Jesus geschieht; daß jeder fromme Wunsch, jeder guter Gedanke, jedes Liebeswerk um Jesu willen der Vollendung des Kirchenleibes zugute kommt, und daß ein Mensch, der nichts tut, als in voller Liebe zu Gott beten für seine Brüder, in großer, heilbringender Arbeit begriffen ist."
6. Oktober 1820. "Ich hatte ein Bild von einem frommen Franziskaner in Tirol. Ich sah, daß er ein Vorgesicht von einer großen, der Kirche aus einem politischen Zusammentritt, der seiner Vollziehung sich nähert, drohenden Gefahr hatte. Es ward ihm befohlen, fortwährend für die Kirche zu beten; und ich sah ihn bei seinem Kloster, das nicht groß war, nahe bei einem Städtchen beten. Er kniete in der Nacht vor einem wundertätigen Muttergottesbild, und ich sah, daß der Teufel großen Lärm, ihn zu stören, in der Kirche machte mit Brausen und schrecklichem Geprassel gegen die Fenster, indem er in Gestalt von schwarzen Raben dagegen stürzte. Der fromme Ordensmann aber ließ sich nicht stören und betete mit ausgebreiteten Armen fort. Infolge dieses Gebetes sah ich nachher drei Gestalten an mein Lager treten. Eine war ein Wesen wie mein Führer; sie trat mir näher; die beiden andern waren Seelen, welche Gebet verlangten. Ich erfuhr, daß es die Seele eines katholischen Fürsten von Brandenburg und eines frommen österreichischen Kaisers sei, und daß sie mir zur Vorbitte durch das Gebet des Franziskaners gebracht wurden, welcher dieselbe Gefahr wie ich gesehen. Sie flehten um eine höhere Beförderung ihres Zustandes, um auf ihre jetzigen Nachfolger auf Erden wirken zu können. Ich erfuhr, daß solche Seelen mehr Bezug auf sie haben als andere. Merkwürdig war mir, daß der führende Geist selbst meine Hände nahm und sie emporrichtete. Seine Hand fühlte sich weich und luftig wie von zarten Federn; so oft ich aber meine Hände sinken ließ, hob er sie wieder und sagte: 'Du mußt noch länger beten!' Das ist, wessen ich mich entsinne."
4. An Allerseelen 1820 war Anna Katharina, wie gewöhnlich an diesem Tage, in schweren Genugtuungsleiden für die armen Seelen. Sie verschmachtete, berichtet der Pilger, vor Durst in Fieberhitze, trank aber nicht, um die Pein jener zu lindern. Sie war voll Begierde zu helfen, ganz sanft und geduldig in ihren Schmerzen. Sehr erschöpft erzählte sie folgendes:
"Ich wurde von meinem Führer emporgeführt. Ich hatte nicht das bestimmte Gefühl einer Richtung nach einer Weltgegend; aber es war ein sehr mühsamer Weg. Er war immer aufsteigend und ganz schmal und führte wie eine lichte Brücke steil in eine ungeheure Höhe. Es war Nacht an beiden Seiten; ich mußte seitwärts gehen, so schmal war der Pfad. Unter mir sah ich die Erde voll Nacht und Nebel und die Menschen in Elend und Morast wühlend. Ich war schier die ganze Nacht in diesem schweren Aufkimmen; oft sank ich nieder und meinte herabzustürzen, dann reichte mein vorauswandelnder Führer mir die Hand und brachte mich weiter. Es ist möglich, daß ich in einer Weltrichtung reiste, denn mein Führer zeigte mir einigemal links und rechts wüste Orte an der Erde, wo gewisse Geheimnisse der Führungen des Volkes Gottes geschahen. Ich sah allerlei Orte, wo die Patriarchen und dann die Kinder Israels gewandelt sind. Es war, als täten diese Orte, wenn mein Führer darauf hinzeigte, hell aus Nacht und Ferne gegen mich heran. Es waren Wüsten, zerfallene dicke Türme, Sümpfe, große übergebeugte Bäume. Er sagte mir, wenn diese Orte alle wieder angebaut und von Christen bewohnt sein würden, dann würde die letzte Zeit sein. Auf diesem Pfade schwebten viele Seelen, von ihren Führern begleitet, als graue Gestalten aus der Nacht zu uns heran. Es war, als flögen sie aus einer weiten Nacht nach diesem schmalen lichten Faden, auf dem ich peinlich unter stetem Flehen und Gebete hinanklomm. Sie kamen nicht auf den Pfad selbst, sondern schwebten links und rechts in halber Höhe neben und hinter mir längs dem Pfade. Es waren Seelen in diesen Tagen Verstorbener, für welche ich zu leiden und zu beten berufen war, denn vor einigen Tagen waren Theresia, Augustinus, Ignatius und Xaverius mir erschienen und hatten mich zu Gebet und Arbeit aufgefordert, ich solle es an diesem Tage erfahren, wozu.
Mein Pfad führte nicht in das eigentliche Fegfeuer; dieses lag unter demselben, und ich sah diese Seelen auf acht und mehrere Tage in dasselbe eingehen durch mein Gebet, welches ich noch fortzusetzen hatte. Der Ort, ich welchem ich einging, war eine große Gegend ohne Himmel; es war, als sei oben alles zugewachsen wie mit einem Gewölbe, einer Laube. Es waren hier wohl Bäume, Früchte und Blumen, aber alles war trüb und leid- und freudlos. Es waren hier unzählige Abteilungen wieder mit besonderen Arten von Dunst, Nebel, Wolken oder Scheidungen getrennt, nach verschiedenen Ideen von Ab- und Einschränkungen; und ich sah in diesen Räumen wenige oder mehrere Seelen beieinander wohnen. Es war dieses ein Aufenthalt zwischen dem Fegfeuer und dem Himmel.
Ich sah daselbst bei meiner Ankunft eine Menge Seelen, immer drei und drei von einem Engel begleitet, nach einer Seite hinschwebend und aufsteigen, wo wie ein Licht aus hoher Ferne niederschimmerte. Sie waren ungemein freudig. Ich sah diese Seelen alle schon farbig schimmernd; indem sie ausgingen, ward die Farbe ihrer Glorie reiner. Ich hatte auch eine Weisung über die Bedeutung ihrer Farben: rot leuchtete die feurige Liebe, welche sie auf Erden nicht rein geübt, und quälte sie; weiß leuchtete die Reinheit der Gesinnung, welche sie durch Faulheit brachliegen ließen; grün die Geduld, welche sie durch Unwillen getrübt; gelb und blau habe ich vergessen. Die Seelen gingen immer drei und drei aus, grüßten mich und dankten. Es waren sehr viele, die ich kannte, meistens Leute vom Mittelstand und Bauern. Ich sah auch vornehme Leute, doch nur wenige. Wenngleich kein Rang hier ist, so ist doch eine feinere Bildung zu unterscheiden. Das Geschlecht unterscheidet sich durch Stärke, Strenge, Bestimmtheit in dem Wesen bei Männerseelen, in den weiblichen ist etwas Weiches, Leidendes, Empfängliches, man kann es nicht beschreiben. In diesem Raume halten sich Engel auf, welche die Seelen nähren mit den Früchten des Ortes; auch wirken sie bereits auf das Fegfeuer und auf die Erde, haben auch ein Bewußtsein des himmlischen Genügens, und das Sehnen und Harren ist die letzte Pein. Ich ging aus diesem Ort weiter an dessen Ende und sah durch eine lichter werdende Öffnung einen Raum, der heller und mit schöneren Bäumen geziert war. Ich sah, wie eine Bewegung von Engeln darin; es wurde mir gesagt, hier seien die Altväter vor Christi Höllenfahrt gewesen, und es wurde mir gezeigt, wo Adam, wo Abraham, wo Johannes gewesen. Ich kam von da links durch einen beschwerlichen Weg nach Hause. Ich kam auf den Berg, wo ich den von Hunden gehetzten Mann gesehen; er war nicht mehr hier, sondern im Fegfeuer."
3. November. "Ich habe heute nacht kühn zu allen Heiligen gerufen, deren Gebeine bei mir sind, und habe besonders meine lieben seligen Schwestern Madlenchen von Hadamar, Columba von Bamberg, Juliana von Lüttich und Lidwina eingeladen, mit mir ins Fegfeuer zu kommen und jenen Seelen herauszuhelfen, welche Jesus und Maria die liebsten seien. Ich hatte auch die Freude, viele befördert und erlöst zu sehen."
4. November. "Ich kam heute nacht fast durch die ganze Diözese und war besonders im Dom, wo ich alle Versäumnis und Nachlässigkeit der Geistlichkeit als einen mit Kot gefüllten und künstlich zugedeckten Raum erblickte. Ich mußte den ganzen Unrat nach einem Wasser tragen, das ihn fortschwemmte. Ich schleppte mich ganz zuschanden. Unter dieser Arbeit kam die Seele der Tochter einer Frau aus meiner Gegend zu mir und sagte, daß ich doch ihrer Mutter im Fegfeuer zu Hilfe kommen sollte. Sie begleitete mich auch dahin. Ich sah die Mutter, welche eine sehr geschwätzige und naschige Frau gewesen war, ganz einsam, ohne Gesellschaft in einem Raum sitzen wie eine kleine Küche, voll Langerweile, und sie mumelte immer mit dem Munde, als nasche und kaue sie. Sie bat mich sehr, bei ihr zu bleiben heute nacht. Sie kam auch in einen höheren. besseren Raum vor dem ihrigen, und ich war bei ihr, sie zu trösten.
Die armen Seelen sind unterrichtet von dem, was im Himmel und auf Erden in bezug auf das Heil geschieht, sie werden von Engeln unterrichtet. So war die Seele der Tochter, welche mich zu ihrer Mutter hierher rief. Ich tröstete diese Frau. Wirken können diese Seele gar nicht. Im Fegfeuer ist keine Natur, kein Baum, keine Frucht. Alles ist farblos, heller und dunkler nach dem Grade der Reinigungen. Die Aufenthaltsorte sind auch in einer Art Ordnung.
Das Gericht über eine Seele sehe ich augenblicklich über dem Sterbeort des Menschen. Ich sehe Jesus, Maria, den Patron der Seele und ihren Engel dabei; auch bei Protestanten sehe ich Maria zugegen. Dieses Gericht ist in sehr kurzer Zeit vollendet."
6. November. "Ich dachte am Abend, die armen Seelen seien doch ihrer Hoffnung gewiß, und die bösen Menschen seien in Gefahr, ganz verlorenzugehen, darum wollte ich für diese beten. Da trat der hl. Ignatius vor mich und hatte auf seiner einen Seite einen hoffärtigen, freien, gesunden Menschen, den ich kannte, und auf der anderen Seite einen Menschen, der bis über den Hals im Sumpf stak, elend schrie und sich nicht helfen konnte; er reichte mit einer Hand sseine Finger ein wenig heraus. Es war dieser ein verstorbener Geistlicher, den ich nicht kannte. Ignatius fragte mich nun: 'Für wen willst du Hilfe erflehen, für den hoffärtigen Bösewicht, der Buße wirken kann, wenn er will, oder hier für den Hilflosen, der sich nicht helfen kann?' Ich erbebte vor Schrecken an allen Gliedern und mußte heftig weinen. Ich ward auch bald zum Fegfeuer auf einer mühsamen Reise geführt und betete für die Seelen. Hernach ward ich noch in ein großes Zucht- und Arbeitshaus gebracht. Vielen, welche durch Verführung und Not in Verbrechen gefallen, konnte ich bemerkbar werden und sie rühren; Bösewichter waren unbeweglich. Es war dieses Zuchthaus in meinem Vaterland. Ich war noch an vielen solchen Orten, auch in Kerkern, worin Leute mit langen Bärten unter der Erde lagen. Sie waren in gutem Seelenzustand und büßten; ich tröstete sie. Ich sah alle diese Orte als ein Fegfeuer der Erde. - Danach mußte ich noch zu einigen Bischöfen. Einen sehr weltlichen traf ich bei einem Schmause, zu dem auch Frauen geladen waren. Ich rechnete die Kosten der Tafel zusammen, und wie viele Arme davon hätten leben können. Das hielt ich ihm vor, und da er gegen mich darüber sehr unwillig wurde, sagte ich, dies alles werde von einem Engel aufgeschrieben, der mit einem Buche und einer Rute über ihm stehe. Er sagte aber, das sei nichts, da gehe es anderwärts noch ärger her. Ich sah dies auch wirklich, aber überall auch den Strafengel."
In diese mit so großer Pein verknüpften Gebetsarbeit für die armen Seelen trat am Schlusse der Oktave ein Tröstungsbild ein, in welchem sie die Wirkung aller Liebeswerke erblickte, welche sie von Kindheit an für dieselben vollbracht hatte. "Ich fand mich in der elterlichen Hütte, und es war, als sollte ich vermählt werden. Alle Seelen, für die ich je gebetet, kamen herbei und brachten allerhand Geschenke, die sie auf den Brautwagen packten. Das Brauthaus aber war das Schulhaus, in das ich als Kind gegangen war; es war nun viel schöner und größer. Die zwei alten heiligen Nönnchen waren meine Brautjungfern. Nun kam auch mein Bräutigam und der Brautwagen. Ich dachte noch in dem Schulhause: 'Nun bin ich zum dritten Male hier; das erste Mal, da ich als Kind zur Schule gebracht wurde und mir unterwegs die Mutter Gottes mit dem Jüngsten erschien und sagte, so ich gut lerne, solle es mein Bräutigam werden; das zweite Mal, da ich in das Kloster ging und in dem Schulhause in einem Gesicht verlobt ward, und jetzt zum dritten Male, da ich Hochzeit halten sollte.' Alles ward jetzt voll von Pracht und Früchten; und Haus und Garten stieg über die Erde empor, und ich sah auf die wüste, trübe Erde herab."
9. November. "Ich hatte mehrere Weinberge durchzuarbeiten, wo es übel aussah mit der Bedeckung der Reben vor dem Frost. Ich kam auch nach Koblenz und hatte in der Nähe mit vieler Mühe in drei Weinbergen zu arbeiten. Da ich nun gedachte, zu den armen Seelen mich zu wenden, traten neun Gestalten um mich her, welche Päcke auf dem Nacken hatten. Eine zehnte Gestalt hatte ihren Pack abgelegt und war fortgelaufen; ich aber mußte ihren schweren langen Pack über die Schulter und unter den Arm nehmen und mit ihm, umgeben von den neun andern Gestalten, immer gegen Morgen aufsteigen. Der Weg war kein natürlicher; er ging schnurgerade gegen Morgen und war schimmernd, zu beiden Seiten Nacht und Nebel. Wenn ich unter meinem Bündel erlag und nicht mehr weiter konnte, erschien am Weg eine Bank, wohin ich meine Last dann ablegte. In dem Pack war eine große menschliche Gestalt, und zwar jene, welche mir vor ein paar Tagen St. Ignatius als im Schlamm versunken gezeigt hatte; und ich erfuhr, es sei dies einer der letzten Kurfürsten von Köln. Er hatte auch einen Kurhut am Arm befestigt. Die neun andern waren die Läufer, wie sie diese Fürsten hielten. Es war, als könnte er nicht selbst wie die andern gehen, und als habe ihn einer, der ihn bis jetzt geschleppt, im Stich gelassen, und ich musste nun dafür eintreten. Immer aufsteigend gelangten wir endlich an einen ganz wunderbaren Ort. Wir kamen an ein Tor, wo Geister wie zur Wache standen. Die Neune gingen geradedurch hinein, mein Pack aber wurde mir abgenommen und in Verwahr gebracht, ich selbst aber wurde nach rechts auf einen hohen Wall gewiesen. Es waren Bäume da, wo ich hinkam. Ich konnte von da aus weit umhersehen; ich erblickte aber nichts als eine erstaunlich große, von allerlei Wällen und Hügeln, an denen unzählige Gestalten arbeiteten, durchschnittene Wasserfläche. Es waren dies Könige, Fürsten, Bischöfe und sonst Leute aller Art, besonders Dienerschaft. Manche Fürsten hatten ihre Kronen am Arme, noch schlechtere hatten sie an den Beinen. Sie alle mußten auf den Wällen arbeiten mit Graben, Karren, Aufklettern u. dgl. Ich sah viele, die immer von den Wällen wieder niederstürzten und wieder hinan mußten. Die Seelen der Diener hatten hier die Seelen ihrer ehemaligen Herren zu treiben. Soweit ich sah, sah ich alles aus Wasser und Wällen bestehen, und nur bei mir waren einige Bäume, aber ohne Früchte. Ich sah den, welchen ich getragen, auch schanzen; ich meine, er mußte immer unter der Erde wühlen. Die neun Gesellen sprachen mit mir; ich mußte ihnen an etwas helfen, was ich nicht mehr weiß. Es waren hier keine weiblichen Seelen. Es schien dieser Aufenthalt ein anderer Ort als das Fegfeuer; denn es war ein Bewegen und Wirken darin; es war auch, als müßten die Seelen hier etwas ebnen und ausfüllen. Ich sah zu meiner Verwunderung keine Grenze des Gesichtskreises, ich sah nur den Himmel oben und die Arbeitenden unter mir links und rechts, wie eine unendliche Wasser oder Luftfläche.
Nun wurde mir weit jenseits ein anderer Raum oder Körper gezeigt, auf dem nur Frauen waren. Mein Führer sagte, ich solle hinübergehen. Da ich anfangs nicht wußte wie, sagte er: 'Auf deinem Glauben!' Da wollte ich mein Tuch nehmen, auf das Wasser breiten und darauf hinüberfahren; es kam aber sogleich ein kleines Floß gefahren, auf dem ich hinüberschiffte, ohne zu rudern. Mein Führer schwebte neben mir auf der Flut. Auf jenem Körper sah ich wie einen großen viereckigen Aufenthalt und nichts als weibliche Seelen aller Art, auch Nonnen und andere Seelen, welche ich kannte. Sie hatten sehr viele Gärten zu bauen; die Dienerinnen hatten auch hier den ehemaligen Herrinnen zu befehlen. Sie wohnten in Laubhütten. An den vier Ecken dieses Aufenthaltes schwebten vier wachende Geister. Sie hatten an hohen Bäumen wie kleine Wachthäuser an den Zweigen hängen. Die Seelen hier bauten mancherlei Obst, aber es ward nicht ganz reif, denn es war hier so viel Nebel und ein niederer, gedrückter Himmel. Was sie erarbeiteten, erhielten andere Seelen von ihnen, die ich an einem andern Ort zwischen hohen Eisbergen klein und unansehnlicher wandeln sah. Sie luden die Früchte auf Flöße, und sie kamen zu jenen Leuten, welche sie nochmals aussuchten und die besten wieder an andere Seelenorte sendeten.
Diese auf den Eisbergen waren Seelen von nichtchristlichen Völkern, die noch halb wild waren. Die Frauen fragten mich, welches Jahr jetzt sei, und wie es auf der Erde jetzt stehe. Ich sagte es ihnen und meinte, es müßten wohl wenige hierher zu ihnen kommen, da so viele Sünden begangen würden. Ich erinnere mich nicht mehr, was ich noch außerdem hier tat.
Der Rückzug ging auf schmalem Pfade immer niedersteigend. Nun sah ich die Spitzen der Erde hervorstechen, sah Flüsse wie silberne Fäden und Meere wie Spiegel, erkannte Wälder und Städte und kam endlich an die Erde bei dem Ganges nieder. Als ich auf meinem Weg zurücksah, erschien er als ein feiner Strahl, der sich wie ein Flämmchen in die Sonne verlor. Die guten Inder, welche ich neulich vor einem Kreuze beten sah, hatten nun von Flechtwerk eine grünende Laubkirche gebaut, die sehr schön war. Es waren mehrere zusammengezogen, und sie hatten Gottesdienst. Ich kam von da durch Persien nach dem Ort, wo Jesus um diese Zeit vor seiner Kreuzigung lehrte; es war nichts mehr von dem Orte da als schöne Fruchtbäume und auch die Spuren von dem Weinberg, den der Herr hier angelegt. Ich zog von da nach Ägypten und kam dann durch Abessinien. Ich machte noch einen ganz wunderbaren Weg und kam übers Wasser nach Sizilien, wo ich viele Orte verwüstet und verlassen sah. Dann kam ich über Gebirge nicht fern von Rom. Später sah ich in einer Sandebene bei einem Tannenwalde einen Trupp Räuber, welche in der Nähe eine Mühle überfallen wollten. Als mein Führer und ich ihnen nahten, ergriff einen von ihnen große Furcht; er sagte zu den andern: "Es überkommt mich ein solcher Schrecken; es ist mir, als sei man hinter uns her!' und hierauf ergriffen sie alle die Flucht. Ich bin von dieser Reise, besonders von dem Schleppen der schweren Seele, so müde, daß ich voll Schmerzen bin. Ich habe ungemein viel auf der Reise gesehen und getan, das ich vergessen habe."
31. Dezember. "Ich hielt Rechnung mit mir über das abgelaufene Jahr. Ich sah, wieviel ich versäumt, wieviel ich zu flicken habe. Es sah erbärmlich mit mir aus, ich habe mich sehr zerweint. Ich hatte auch viele Bilder von armen Seelen und von Sterbenden. Ich sah einen Priester, der gestern abend 9 Uhr starb, und der sehr fromm und wohltätig war. Es kam aber doch, weil er Zeit versäumt mit allerlei Scherzen, drei Stunden ins Fegfeuer. Er hätte sollen mehrere Jahre hineinkommen; er war aber durch kräftiges Beten und viele Messen so gefördert. Ich sah seinen Leiden drei Stunden zu, und als er frei wurde, hörte ich, was mich lächerte (zum Lachen reizte), als sage er zu dem Engel: 'Nun sehe ich doch, daß einen auch Engel anführen können; ich sollte nur drei Stunden hier sein und war nun so lange, so lange hier!' Dieser Geistliche war mir sehr bekannt."
5. Am 28. Oktober 1821 erzählte Anna Katharina: "Ich sah heute nacht die heilige Jungfrau Ermelindis (Ermelindis (29. Okt.). Aus der Gegend von Löwen (Belgien) stammend. Lebte als Einsiedlerin. Starb gegen Ende des 6. Jahrhunderts. An ihrem Grab erbaute Pippin d. Ä. ein Nonnenkloster. Angerufen wird die Heilige bei Erkrankung der Glieder.) In ihrem zwölften Jahre hatte sie einen unschuldigen Umgang mit einem Jüngling, mit welchem ihre Eltern sie vermählen wollten. Ich sah sie vornehm und reich in einem großen Hause und wie sie einmal dem Jüngling unter die Türe entgegengehen wollte. Da erschien ihr Jesus und sagte: 'Liebst du mich nicht mehr als jenen?' Mit tausend Freuden sprach sie: 'Ja'; und Jesus ging mit ihr auf ihre Kammer und gab ihr einen Ring, sich mit ihr vermählend. Ich sah, daß sie gleich die Haare sich abschnitt und ihren Eltern und dem Jüngling sagte, daß sie sich Gott verlobt habe. Ich bat die Heilige, mich zu Sterbenden und zu den armen Seelen zu führen, und es war als wenn ich mit ihr durch Holland reiste. Ich mußte mühsam durch Wasser, allerlei Niederungen und Torfmoor und Gruben mit großer Mühe und Arbeit. Ich war bei armen Leuten, welche keinen Priester erlangen konnten, da diese so weit über Wasser mußten. Ich tröstete, half und betete in allerlei Umständen.
Von da ging ich immer weiter nach Mitternacht. Ich kann mir nicht recht denken, in welcher Gegend das Fegfeuer eigentlich ist. Meistens gehe ich gegen Mitternacht, aber ich verliere dann den natürlichen Grund und muß durch einen dunklen Übergang und muß viele Schwierigkeiten, Hindernisse, Peinen überwinden, wie sie von Wasser, Schnee, Dornen, Morast u. dgl. kommen können. Ich arbeite sie für die armen Seelen durch; und dann ist es oft wieder, als steige ich auf dunkeln, grundlosen Wegen nieder, wie unter die Erde, und komme dann in Räume von verschiedener Düsterkeit, Nebel, Kälte, Unheimlichkeit aller Art und da aus einem Raume in den andern zu Seelen, die höher oder tiefer, mehr oder weniger zugänglich sind. Ich bin auch heute nacht von einem Raum zum andern gegangen, habe getröstet und dabei Aufträge zu verschiedenen Arbeiten erhalten. So mußte ich gleich die Litanei aller Heiligen und die sieben Bußpsalmen beten. Mein Führer sagte mir, ich solle mich wohl in acht nehmen, mich nicht ärgern und jeden Verdruß den armen Seelen aufopfern. Ich dachte am andern Morgen nicht mehr an diese Ermahnung und war schon im Begriff, über eine Sache in Ärger zu kommen, aber ich unterdrückte ihn und bin sehr froh darüber und danke meinem lieben Schutzengel, der mir dazu geholfen. Es ist nicht zu sagen, welch großen Trost die armen Seelen durch eine kleine Aufopferung und Überwindung erhalten."
2. November 1821. Sie war schon seit vierzehn Tagen immer mit den armen Seelen in mancherlei Gebet, Abtötung, Almosen und geistiger Arbeit beschäftigt, um zu vollbringen, was zur Erlösung der leidenden Seelen noch fehlte. Es war, als rüste sie viele aus, um sie an ihrem Gedächtnistage vollendet darstellen zu können.
Alles, was sie litt und tat, hatte sie mit größter Geduld und Liebe beständig für sie aufgeopfert. Sie erzählte: "Ich habe wieder Reisen mit den Heiligen zum Fegfeuer gemacht. Die Straforte der Seelen sind nicht auf einer Stelle; ich finde sie sehr verschieden und muß von einem Ort zum andern reisen. Der Weg geht dann oft so, daß man Meere, Eisgebirge, Schnee, Wolken unter sich sieht. Oft ist es, als müsse ich um die Erde herum hinabsteigen. Die Heiligen gehen leicht neben mir her, sie haben einen Grund wie Lichtwolken unter sich, der mit ihnen fortzieht. Diese Bahnen sind bei dem einen von anderer Farbe als bei dem andern, je nachdem die Arten der Trost- und Hilfsquellen sind, welche sie durch ihre Lebensarbeit hervorgerufen haben. Ich muß dabei immer schwere, trübe Wege wandern, die ich als Arbeit für die Seelen betend zurücklege. Ich erinnere dabei die Heiligen an ihre Leiden und opfere sie mit Jesu Leiden Gott auf für die Seelen. Die Orte der Seelen finde ich verschieden nach ihren Zuständen. Ich kann sie mit nichts anderem vergleichen als mit den Orten, welche ich Gärten nenne, da ich ihnen bestimmte Gnaden und Wirkungen wie Früchte bewahrt sehe. So sind auch die verschiedenen Arten von Ungnade, Mangel, Entbehrung, Pein, Not, Angst usw.; es sind auch kleinere darunter. Wenn ich zu ihnen komme, sehe ich wohl auf einen Lichtstrahl auf einem Punkte einfallen oder eine Dämmerung um den Gesichtskreis. Diese Orte sind die besseren. An keinem sieht man den blauben Himmel, es ist überall mehr oder weniger grautrüb und dunkel. An vielen Orten sind die Seelen sehr dicht zusammen, und da ist große Angst. Einige Orte sind tiefer und dunkler, andere höher und heller. Die Räume, worin sie abgeschlossen und getrennt sind, sind auch verschiedener Gestalt. Die auf Erden vereint waren, sind nur dann beisammen, wenn sie Reinigung desselben Grads bedürfen. An manchen Orten ist das Licht gefärbt, z. B. feurig, trüb, rot. Es ist nicht zu sagen, Welche Freude, welcher Trost es den Zurückbleibenden ist, wenn Seelen erlöst werden. Es sind auch Seelenorte, wo sie arbeiten, wie ich einst die Strumlaufenden und Schanzenden gesehen, und die Insel, wo Frauen waren und Früchte bauten, die auf Kähnen fortfuhren. Das sind solche, welche für andere, geringere, etwas wirken (nicht verdienen!) können, sie sind in einem besseren Grade. Es mag dieses bildlich sein; aber es ist doch wirklich. Es ist aber dort eine schwache, welke, unkräftige Natur, und die Früchte sind auch so; doch sind sie noch Ärmeren ein Trost. Oft sind Könige und Herren bei denen, welche von ihnen gequält worden, und dienen im Leiden demütig. Ich sah Seelen, wenn einige frei wurden, aus niedern Graden in bessere Zustände eintreten. Manche können wandeln und haben Verkehr des Trostes. Große Gnaden sind, erscheinen zu können, um zu flehen um Hilfe und Fürbitte. Ich sah auch Orte, wo Seelen, die auf Erden heilig gesprochen wurden, beim Scheiden aus der Welt aber ihre Heiligkeit noch nicht volloendet hatten, gereinigt wurden. Ich war auch an vielen Orten und Kirchen und bei Priestern und bestellte Messen und Andachten. Ich war zu Rom in der St.-Peters-Kirche bei vornehmen Priestern, ich meine Kardinäle. Es mußten da sieben Messen gelesen werden für gewisse Seelen, und ich weiß nicht mehr, warum dies unterblieben war. Als sie gelesen wurden, sah ich ganz dunkle, trübe, verlassene Seelen zum Altare herandringen. Sie sprachen wie Hungernde: "Wir sind so lange nicht gespeist." Ich glaube, es waren fundierte Messen(Stiftungsstipendien missa fudata), welche vergessen waren. Das Einziehen der Stiftungen für Seelenmessen ist eine unbeschreibliche Grausamkeit und ein Diebstahl an den ärmsten Armen, wie ich es so sehe. Wenige oder keine lebenden Personen sah ich auf meinen Wegen gehen; doch begegneten mir Seelen, Engel und Heilige, und ich sah viele Gebetswirkung. Ich habe in diesen Tagen viele Leute zur Beichte und zur Kirche geschleppt, welche sonst nicht gekommen wären."
Sie war nun den ganzen Tag über im Gebet für die armen Seelen, betete für sie das Totenoffizium und schwitzte aus dem Seitenmal und der Brust so heftig Blut, daß es durch die Kleidung drang.- Als der Pilger am Abend wieder kam, fand er sie erstarrt im Gebet. Sie mochte eine halbe Stunde so gelegen sein, als der Beichtvater in die Stube kam; da hob die Betende sich plötzlich in die Höhe, ging sichern, festen Schrittes wie eine Gesunde auf den erstaunten Beichtvater zu, warf sich mit dem Angesicht auf die Erde und suchte seine Füße, die er scheu zurückzog, zu küssen. Endlich ließ er dies geschehen; da hob sie sich auf die Knie und bat für sich und für alle Seelen, die mit ihr seien, um den Segen. Sie kniete noch einige Minuten betend, bat nochmals um den Segen für Seelen, dann stand sie auf und ging raschen Schrittes nach ihrem Lager. Der Schweiß stand ihr auf der Stirne, und ihr Angesicht hatte einen sehr heitern Ausdruck. Während des ganzen Auftrittes und nachher war sie fortwährend in tiefer Ekstase. Als der "Pilger" des anderen Tages ihr den Vorgang erzählte, wollte sie kaum glauben, daß alles wirklich geschehen sei; sie wußte sich aber deutlich zu erinnern, daß sie von verstorbenen Beichtkindern des P. Limberg gebeten worden sei, ihm die Füße zu küssen und seinen Segen zu erflehen. "Es ist mir dies", sagte sie, "Sehr schwer geworden, da er nicht gleich gewollte und mich nicht recht verstanden hatte. Er hatte auch nicht im festen Glauben den Segen gegeben, weshalb ich für die Seelen in der Nacht noch etwas zu leisten hatte."
2. November 1822. "Ich hatte heute nacht sehr viel im Fegfeuer zu tun. Ich reiste immer mitternachtswärts hin, und es ist mir, als liege es oben, wo die Spitze der Weltkugel ist. Wenn ich dort bin, habe ich die Eisberge wie über mir. Von außen kommt es mir vor wie ein halbmonförmiger, schwarzer, glimmeriger Wall; inwendig sind unzählige Gänge und Räume, hoch und nieder, hinab und hinauf. Im Anfang ist es noch besser, da wandeln und schleichen die Seelen umher, tiefer aber sind sie mehr eingesperrt. Hier und dort liegt eine in einer Höhle, einer Grube; oft auch mehrere zusammen in einem Raume in verschiedenen Lagen, höher und tiefer. Manchmal sitzt eine hoch, wie auf einem Stein. Weiter darin im Hintergrund ist es schrecklicher.
Ich sehe im Fegfeuer auch einen Ort der Andacht, eine Art Kirche, in welcher sie manchmal getröstet werden. Sie schauen danach, wie wir nach unserer Kirche. Vom Himmel haben die Seelen keine Hilfe unmittelbar, sie empfangen alles von der Erde und den lebenden Menschen, welche Gebet und gute Werke, Abtötung und Entsagung und besonders das heilige Messopfer für ihre Schuld dem Richter aufopfern. Wenn ich von hier gegen Mitternacht gehe und über das Eis komme, da sieht man den Ort des Fegfeuers, wie wenn die Sonne oder der Mond ganz niedrig steht; man kommt dann über eine Wulst, Gasse, Ring (sie findet nicht das rechte Wort), und dann liegt das Fegfeuer wie ein halber Zirkel vor einem. Zur Linken, weiter vor, ist die Mühle, rechts sind die vielen Arbeiten und Schanzen. Wenn ich in dem Fegfeuer bin, sehe ich außer meinem Führer niemand andern, der es besucht, wohl aber hie und da in der Ferne auf der Erde einzelne betende, kasteiende Eremiten, Klosterleute, arme Leute, welche für die armen Seelen arbeiten. Dieses Fegfeuer ist das der katholischen Kirche; die Sekten sind dort abgesondert wie hier und leiden viel mehr, weil sie keine Betenden auf Erden haben und keine heiligen Messen. Ob die Seelen von Männern oder Frauen sind, unterscheidet man erst, wenn man näher in ihre Umstände eingeht. Man sieht hellere und trübere Gestalten mit unendlich abgehärmtem, schmerzvollem, aber geduldigem Angesicht. Es ist nicht zu sagen, wie rührend sie erscheinen. Nichts ist tröstlicher als ihre Geduld, und wie eine sich der Erlösung der andern erfreut und das Leiden der andern und der Ankommenden bejammert. Auch Kinder habe ich darin gesehen.
Die meisten Menschen sind darin wegen jenes Leichtsinnes, den man gegen sogenannte kleine Sünden hat, mit welchem man kleine Gefälligkeiten, Wohltaten und Überwindungen unterläßt. - Der Zusammenhang der Seelen mit der Erde ist so zart, daß sie schon eine große Linderung zu bringen, haben. Wie wohltätig wird der, welcher sich immer für sie überwindet, immer nach ihrer Hilfe sich sehnt!" Sie litt in diesen Tagen und Nächten sehr an Durst und überwand sich auf alle Weise.
Wir schließen die Erzählung dieser so überaus wichtigen Geschichte über die leidende Kirche mit einer kurzen Mitteilung, welche Anna Katharina im Jahre 1813, zur Zeit der geistlichen Untersuchung, an Dechant Rensing gemacht hat. Sie erzählte ihm auf sein Befragen: "Ich war heute nacht im Fegfeuer. Es war mir, als werde ich in einen tiefen Abgrund geführt. Ich sah einen großen Raum. Es ist rührend anzusehen, wie die armen Seelen darin so still und traurig sind! Sie haben aber doch etwas im Gesicht, als tragen sie noch Freude im Herzen im Andenken an die Barmherzigkeit Gottes. Ich sah auch auf einem herrlichen Thron die Mutter Gottes so schön, wie ich sie noch nie gesehen (nach dem hl. Bernhardin von Siena hat Maria, die Königin der Barmherzigkeit, im Fegfeuer eine besondere Herrschaft und Gewalt, die armen Seelen zu trösten)." An diese Mitteilung knüpfte sie die Bitte: "Belehren Sie doch die Leute im Beichtstuhle, daß sie eifrig für die armen Seelen im Fegfeuer beten; denn diese werden aus Dankbarkeit gewiß viel auch für uns beten. Und es ist das Gebet für die armen Seelen Gott sehr angenehm, weil sie dadurch desto eher zu seiner Anschauung gelangen."
(entnommen aus: Anna Katharina Emmerich - Visionen, Imprimatur: Friburgi Brisgoviae, die 8. Nov. 1906)