- Gottes enge Pforte -

Der hl. Petrus feiert als erster Apostel im Abendmahlssaal 

zuerst das eucharistische Opfer

 
 
Auf Geheiß des himmelfahrenden Meisters weilten die Apostel und Jünger, unter Gebet die Herabkunft des hl. Geistes erwartend, im Abendmahlssaal auf Sion. Kleinmut und Verzagtheit hatten sie ergriffen; Furcht vor den Juden, die ihren Herrn so unschuldig verurteilt, ans Kreuz geschlagen hatten, ließ sie die Tore des festen Cönakulumssaales verriegeln. Was vermochten also jene Ermahnungen und Aufmunderungsworte des scheidenden Weltheilandes, die doch in ihrem Innern, in ihren Gedanken widerhallten, auf die Kleinmütigen? "Euer Herz betrübe sich nicht; es ist gut, dass ich von hinnen gehe. Ich werde euch den Tröster senden; derselbe wird euch an alles erinnern, was ich euch gelehrt habe." Sie waren und blieben eben schwache Menschen. Neun Tage hatten die verzagten und trostlosen Jünger unter Fasten, Wachen, Gebeten abwartend verbracht. - Tröstend stand die Mutter, die im Testament der Liebe am Kreuzesstamm der sterbende Herr Jesu mit erlöschender Stimme ihnen als Trösterin der Betrübten, als mächtige Mutter, angewiesen, unter ihren Söhnen, den Angehörigen der jungen Kirche.
 
Das hohe Pfingstfest war heraufgedämmert und hatte aus der ganzen Welt, aus den drei damals bekannten Erdteilen, fromme Waller nach dem Sion und auf dem Tempelplatz geführt. Die hl. Stadt wimmelt von Hunderttausenden, die dem Väterglauben treu und nach den mosaischen Satzungen opferspendend hierher geeilt waren. Sollen nicht etwa diese Fremden, denen von den fanatischen Schriftgelehrten und Pharisäern, von Mitgliedern des hohen Rates, der Kreuzestod des verhassten Neuerers mitgeteilt worden war, und da alles noch so neu, so frisch war, zu fanatischen Ausschreitungen gegen die schutzlose Herde ohne Hirten aufgestachelt werden? Ach so gerne wären die Jünger an diesem hochheiligen Festtage auch im Tempel mit den andern Wallern erschienen; doch sie wagten es nicht aus Furcht vor den Juden. Petrus, der feurige Felsenmann, der Stellvertreter des Meisters, überall bevorzugt von Christo, mit 4 fachen Vorrechten als Schlüsselträger, als oberster Hirt, als Fundament der Kirche ausgerüstet, hielt den Sabbatgottesdienst am hohen Pfingstsabbate, wie der Synagogendienst in Kapharnaum gehalten worden war. Er stimmte jene Psalmen an, die Bezug hatten auf das Festtagsgeheimnis: "Als Israel auszog aus Ägypten und Jakob weg von dem Volke der Barbaren." (Ps. 113). Weil Pfingsten das Fest der Erstlingsgarben, der Erinnerungstag an die Gesetzgebung auf Sinai war, wurden jene Psalmen gebetet und gesungen, welche auf diese Geheimnisse Bezug hatten. Wechselgebete folgten den Psalmen, sodann eine Lesung aus den Propheten. Petrus las den Text über des Abrahams gläubigen Gehorsam (1. Moses 22), die Befreiung Israels aus der Gefangenschaft Ägyptens (2. Moses 14), das Gesetz, das Moses in der Bundeslade niedergelegt (5. Moses 31), Gottes Volk im Weinberg des Herrn (Isajas 4), Gottes Volk, angewiesen auf Hilfe und Trost Jehovas (Baruch 3), Ezechiels Gesicht von der Auferstehung der Toten.
 
Über diese letzte Lesung hielt Petrus eine Predigt, eine Midrasch, erklärte den Geist, der kommen werde, der aus den abgestorbenen Völkern ein vom Geiste belebtes Reich, "Christi Kirche", erwecken, erstehen machen werde.
 
"Einige strittige Fragen," so erzählt Maria von Agreda (VII c. 7), "welche das Apostelkollegium über Taufe, Formel, Beschneidung besprochen und entschieden hatte, wurden von Petrus bei dieser Gelegenheit verkündet." Maria hatte den Abendmahlssaal mit eigenen Händen zur heiligen Feier gesäubert und den Hausherrn gebeten, denselben Zimmerschmuck zu verstatten, der beim Abendmahle den Saal zierte. Sie hatten ungesäuertes Brot bereitet, den Wein samt der Schüssel und dem Kelche beschafft. Sie redete selbst zur Versammlung und erinnerte daran, wie ihr Sohn als wahrhafter Gott, aus übergrosser Liebe zu den Menschen dem ewigen Vater das Opfer seines Fleisches und Blutes dargebracht habe, und sich selbst in die Gestalten des Brotes und Weines verwandelt habe, sich der Kirche geschenkt und hinterlassen als Opfer und Speise, als Unterpfand der Auferstehung und Herrlichkeit. Durch dieses Opfer, welches eine Erneuerung, Vergegenwärtigung der Menschwerdung, der Geburt, des Lebens und bittern Leidens, des Todes und der Auferstehung ihres Sohnes sei, werde dem Allerhöchsten das grösste Lob-, Dank-, Bitt- und Sühneopfer dargebracht. Allein nur den Apostel stehe die Macht und Gewalt zu, zu seinem Andenken das zu tun, was Er selbst getan, ihnen ein Beispiel gegeben habe. Maria ersuchte nun den Apostelfürsten, das hl. Opfer darzubringen.
 
Beendet war nun die hebräische Liturgie.
 
"Brüder!" wandte sich nun der Apostelfürst an die 120 Jünger, welche (nach der angeblichen Zahl der Jahre Moses) anwesend waren, "einmütig haben wir im Gebet uns um Jesu Mutter, die Lade des neuen Bundes, das erste und lebendige Tabernakel, geschart, um den Tröster, den hl. Geist in einer Novene herunterzurufen und zu erwarten. Fünfzig Tage sind nach der Auferstehung unseres Meisters verflossen; also 7x7 Tage. Hoffen wir, dass morgen, also am 50. Tage, versinnbildend das 50. Jubeljahr, der Heissersehnte und Verheissene kommen werde.
 
Am Vorabend seines Leidens, nach dem Paschamahl, gab er uns den Auftrag und die Gewalt, zu tun, was er getan, zu seinem Andenken Brot in sein Fleisch, Wein in sein Blut zu verwandeln. In Kraft dieses Auftrages will ich nun, an Christi Stelle, diese Weihe und Wandlung, die "Brechung" von Christi Leib, vornehmen, im Anschluss an unsere Sabbatfeier, wie auch unser Meister im Anschluss an das Paschamahl dieses Geheimnis aller Geheimnisse, dieses Wunder aller Wunder, vollbracht hatte. Brüder! Sursum corda: Empor das Herz; Heilig ist der Gott der Heerscharen." - In tiefster Andacht und Inbrunst erhoben sich alle, da Petrus jetzt die Wandlung vornahm. "Nachdem der Herr Jesus uns als Sinnbild der Reinigung die Füße gewaschen, erbauende Reden an uns gerichtet, nahm Er das Brot (und hierbei reichte Ihm Johannes dasselbe) in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, blickte gen Himmel, segnete es und sprach: "Nehmet hin und esset; denn dieses ist mein Leib." Er brach es und reichte es jedem von uns zum Genusse hin. Desgleichen nahm er den Kelch mit Wein und Wasser vermischt, segnete, dankte aufblickend gen Himmel und sprach: "Nehmet hin und trinket alle daraus, das ist das Blut des neuen Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden." - Die Apostel und Jünger streckten in heiliger Begeisterung ihre Hände gegen den eucharistischen Gott aus. Petrus aber fuhr fort: Oremus, Pater noster. Petrus kommunizierte zuerst; dann reichte er der Gottesmutter, den andern Mitaposteln und Jüngern das Brot des Lebens, den lebendigen Leib und das wahre Blut Jesu Christi zur Labung hin...
 
Im Augenblick der Konsekration ward der Saal vom sichtbaren Glanze einer unzähligen Menge hl. Engel angefüllt, wie Maria von Agreda in ihrer approbierten Stadt Gottes II 207 erzählt. Petrus erhob den Kelch, damit er von allen angebetet werde. Maria warf sich beim hinzutreten zur hl. Kommunion 3 mal auf die Kniee und berührte voll Ehrfurcht mit ihrem jungfräulichen Antlitz die Erde. Unbeschreiblich waren die Wirkungen, welche der Genuss des hl. Altarsakramentes in Maria hervorbrachte. Sie fühlte sich gänzlich umgewandelt, erhoben, verzehrt in das Flammenmeer der göttlichen Liebe ihres heiligsten Sohnes versenkt. Sie blieb in Verzückung.
 
Erst nach ihr wurden auch die andern Apostel und Jünger gespeist, und ähnlich der Hochbegnadigten, der Gottesmutter, gerieten sie in eine eigentümliche Seelenstimmung; sie wurden erleuchtet, dass sie die Zukunft sahen, prophezeiten und in andern Sprachen reden konnten, Wunderkräfte zu Heilungen erhielten. Petrus schloss die hohe Feier mit ähnlichen Gebeten und Dankpsalmen, wie der Heiland selbst beim Gange zum Ölgarten solche gebetet hatte. Vor seinem hohenpriesterlichen Gebete nach dem Abendmahl waren ihm noch frisch im Gedächtnisse die erhabensten Lehren.
 
So waren nach Empfang der hl. Eucharistie die 120 Jünger am Schluss ihrer Novene in der vortrefflichen Geistesfassung, um den Schöpfergeist mit seinen 7 fachen Gaben zu empfangen. Wohl gerade in demselben Augenblicke, wo alle bei der Brotbrechung die hl. Eucharistie empfingen, entstand jenes auffällige Sturmesbrausen und es erschienen die feurigen Zungen, die sich auf jeden Einzelnen niederließen, sie zu ihrem hohen Amte befähigten und ausrüsteten.
(entnommen aus: Das hl. Messopfer, von A. Reiners, Pfarrer, 1904)

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