- Gottes enge Pforte -

Kurze Übersicht über die Geschichte der katholischen Kirche


Erstes Jahrhundert
Vor seiner glorreichen Himmelfahrt hatte Jesus Christus zu den Aposteln gesagt: "Gehet hin und lehret alle Völker." (Matth. 28,19). Erleuchtet und gestärkt durch den Heiligen Geist führten die Apostel den Auftrag Jesu aus. Groß waren die ersten Erfolge. Schon nach der ersten Predigt ließen sich 3000 taufen. Anfangs wurden nur Juden in die Kirche aufgenommen. Eine himmlische Erscheinung aber mahnte den heiligen Petrus, auch die Heiden aufzunehmen. Bald empfing der heidnische Hauptmann Kornelius die Taufe. Im Jahre 37 bekehrte sich Saulus. Vorher der heftigste Verfolger der Kirche, war er fortan der große Weltapostel Paulus, der zur Verbreitung des Evangeliums unendlich viel beitrug. Vier große Missionsreisen unternahm er und kam bis nach Spanien. Näheres über die beiden glorreichen Apostel Petrus und Paulus findest du am Feste derselben (29. Juni). Mitte des ersten Jahrhunderts waren Meinungsverschiedenheiten über die Frage entstanden, ob die Heidenchristen die jüdischen Vorschriften erfüllen müssten. Um den Streit zu schlichten, versammelten sich mehrere Apostel unter dem Vorsitze des heiligen Petrus zu Jerusalem. Die Heidenchristen wurden durch den Beschluss der Apostel von fast allen jüdischen Vorschriften entbunden. Der Alte Bund hatte aufgehört. Bald brach auch das Verderben über die hartnäckigen Juden durch die Zerstörung Jerusalems herein. Im Jahre 70 zog der römische Feldherr Titus mit seinen Legionen vor die jüdische Hauptstadt. Die größte Verwirrung herrschte. Die Christen waren, eingedenk der Weissagung Jesu, von Jerusalem weggezogen. Die Stadt wurde von den Römern ringsum eingeschlossen; eine schreckliche Hungersnot entstand. Am 10. August erstürmten die Römer den Tempel, welcher durch einen Soldaten in Brand gesetzt wurde. Die Stadt ward dem Erdboden gleichgemacht; nur drei Türme und wenige Häuser blieben. Etwa eine Million Juden sollen umgekommen sein, und 97 000 wanderten in die Gefangenschaft. Bald bewahrheitete sich das Wort des Heilandes: "Man hat mich verfolgt, man wird auch euch verfolgen." (Joh. 15,20). Nachdem bereits um das Jahr 36 der heilige Stephanus wegen mutiger Verkündigung des Evangeliums gesteinigt worden, ließ König Herodes Agrippa I. im Jahre 44 Jakobus den Älteren enthaupten, und 63 steinigten die Juden Jakobus den Jüngeren. Fast alle Apostel starben für den Glauben den Martertod. Am meisten wütete gegen die Christen der gottlose römische Kaiser Nero (54-68). Er steckte die Stadt Rom in Brand und beschuldigte dann die Christen dieses Verbrechens. Viele derselben wurden in den Tiberfluss geworfen, in Tierhäute genäht und so whrlos dem Tode preisgegeben, oder mit Pech umwickelt an den Straßenecken zur Erhellung der Nacht verbrannt. Am 29. Juni 67 fielen die Apostelfürsten Petrus und Paulus der Verfolgung zum Opfer. Petrus wurde gekreuzigt, Paulus enthauptet. Was Nero begonnen, setzte Kaiser Domitian (81-96) fort. Der heilige Johannes wurde nach der Insel Patmos verbannt, wo er um das Jahr 100 starb.
 
Zweites Jahrhundert
 
Mit der Ausbreitung des Christentums nahmen die Verfolgungen zu. Kaiser Trajan (98-117) war zuerst der christlichen Religion nicht abgeneigt. Als aber der Statthalter Plinius bei ihm anfragte, wie er sich den Christen gegenüber verhalten sollte, befahl er, die zu bestrafen, welche den Göttern nicht opferten. Es starb in dieser Verfolgung der Bischof Simeon von Jerusalem im Alter von 120 Jahren. Der heilige Ignatius, Bischof von Antiochien, der so herrliche Schriften verfasst hat, wurde zu Rom im Kolosseum von wilden Tieren zerrissen. Unter Kaiser Hadrian (117-138) wurde die heilige Symphorosa mit ihren sieben Söhnen gemartert. Der Kaiser war so ruchlos, die Qualen selbst anzuordnen, die sie zu erleiden hatten. Der Hass der Heidenwelt gegen die Christen stieg immer mehr. Alles wurde aufgeboten, die christliche Religion lächerlich und verächtlich zu machen.
Am Ende des ersten Jahrhunderts war noch der heilige Klemens auf dem Stuhle Petri, der vom Apostelfürsten zum Bischofe geweiht und dessen Mitarbeiter zu Rom war. Seit dem Tode dieses Apostels hatten nur vier Päpste die Gemeinde in Rom geleitet. Das zweite Jahrhundert dagegen sah schon deren mehr, da vom Jahre 100 bis zum Jahre 202 zehn Päpste, welche alle in die Verzeichnisse der Heiligen eingetragen sind, die römische Kirche zierten.
Auf Klemens, den Römer, folgte Evarius, ein Grieche von Geburt an. Er wies jedem der Priester in Rom seine bestimmte Kirche und seinen eigenen Altar an, und verordnete auch, dass, wenn der Bischof predige, ihm sieben Diakone zur Seite stehen sollten. Ebenso verbot er, dass Ehen heimlich geschlossen wurden, sondern schrieb vor, dass sie öffentlich von dem Priester eingesegnet werden sollten. Er war gerade in ferner Zeit Bischof der Kirche von Rom, als der heilige Ignatius dahin gebracht wurde, um den wilden Tieren vorgeworfen zu werden. Unter ihm blühte die römische Kirche ganz besonders, denn Ignatius, der auf seiner Reise an sie schrieb, nennt sie "gotteswürdig, ehrwürdig, preiswürdig, lobwürdig, glückswürdig, sittlicher Heiligung würdig, die Vorsteherin des Liebesbundes, geschmückt mit dem Namen Jesu Christi". Evarist regierte von 100 bis 109 und starb als Martyrer unter dem Kaiser Trajan.
Evarists Nachfolger war der Heilige Alexander, ein Römer. Er soll einen großen Teil des römischen Adels bekehrt haben. Auch schreibt man ihm die Verordnung zu, dass beim heiligen Messopfer der Wein mit Wasser gemischt werde, um das Wasser und das Blut anzudeuten, welches aus Christi Seitenwunde floss. Ebenso soll er angeordnet haben, dass stets geweihtes Wasser mit Salz vermischt in einem Gefäss in der Kirche aufbewahrt werde und und das die Gläubigen davon in ihre Gemächer mitnähmen, um die bösen Geister damit zu vertreiben. Er starb als Martyrer im Jahre 119 unter dem Kaiser Hadrian. Mit ihm erlitten noch Eventius und Theodulus, zwei Priester, den Martertod. In der Kirche der heiligen Sabina zu Rom liegen sie begraben.
Auf Alexander folgte der heilige Sixtus und zwar saß er auf dem Stuhl zu Rom acht Jahre lang, 119-127. Wir wissen aber nichts von ihm, als dass er ebenfalls als Martyrer unter der Regierung Hadrians starb.
Auf ihn folgte der heilige Telesphorus, von 127-139. Nach alten, aber unverbürgten Nachrichten soll er eingeführt haben, dass die vierzigtägige Fastenzeit, welche die Christen freiwillig hielten, gesetzlich gehalten werden. Das römische Marterbuch sagt von ihm, er habe um des Bekenntnisses Christi willen "nach vielen Arbeiten" in erlauchter Weise den Martertod auf sich genommen.
Sein Nachfolger war der heilige Hyginus, der nur drei Jahre seine erhabene Würde bekleidete, von 139-142. Wir wissen gar nichts von ihm, doch soll er ebenfalls gemartert worden sein.
Ihm folgte Pius I. und zwar von 142-157. Unter ihm kam jener Ketzer Marcion nach Rom, mit welchem der heilige Polykarp später zusammentraf, und verlangte, in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen zu werden, da er vom Bischof seiner Heimat in den Bann getan worden war. Er appelierte also von dem Bischof seines Sprengels an den höher stehenden römischen Bischof, wurde aber nicht zu der Kirchengemeinschaft zugelassen. Auch Pius I. wird als Martyrer verehrt.
Der heilige Anicetus, der neunte Nachfolger Petri und der zehnte Papst, regierte von 157-168 und erlitt den Martertod unter der Regierung des Marcus Aurelius. Zu ihm reiste der heilige Polykarp, um mit ihm über die Feier des Osterfestes zu sprechen. Unter ihm erlitt auch der heilige Justinus, der beredte Verteidiger der Christen, den Martertod. Anicet soll den Geistlichen verboten haben, das Haar wachsen zu lassen.
Auf ihn folgte der heilige Soter, von 168-176. Nach dem römischen Brevier verbot er den gottgeweihten Jungfrauen, die heiligen Gefäße zu berühren und das Rauchfass in der Kirche zu schwingen, was sie in frommer Meinung bisher für erlaubt hielten, wahrscheinlich weil in diesem stürmischen Zeiten es oft beim Gottesdienste, der heimlich gehalten werden musste, an Kirchendienern fehlte. Soter schrieb auch einen Brief an die Gemeinde von Korinth, welcher Sonntags öffentlich vorgelesen wurde. Mit diesem Brief sandte er beträchtliche Almosen dorthin, um die Christen, welche daselbst verfolgt wurden, zu unterstützen.
An Soters Stelle trat der heilige Eleutherius von 177-192. Er war des Papstes Anicet Diakon gewesen. Zu ihm sandten die Martyrer von Lyon und Vienne den heiligen Irenäus, der damals noch Priester war, später aber in Lyon Bischof wurde, und gaben ihm Nachrichten von dem Leiden ihrer Mitbrüder und ihrer eigenen. Der britische König Lucius sandte ebenfalls einen Brief an ihn und erklärte ihm seine Bereitwilligkeit, das Christentum anzunehmen, bat ihn auch um einen Missionär für sein Volk. Eleutherius sandte den Fugatius und den Damian, zwei fromme Priester.
Der heilige Viktor, der von 192-202 regierte, schliesst die Reihe der Päpste im zweiten Jahrhundert. Unter ihm wurde zu Rom eine Versammlung von Bischöfen gehalten, in welcher verschiedene Irrlehren verworfen wurden.
Obwohl nicht von allen diesen Päpsten gewiss ist, dass sie gemartert wurden, so werden sie doch alle als Martyrer verehrt, weil sie wahrscheinlich alle den Martertod erlitten oder doch wenigstens soviele Verfolgungen um Christi willen auszustehen hatten, dass sie den Martyrern gleich geachtet werden konnten. Es geht aus der genauen Überlieferung des Namens sämtlicher Päpste der zwei ersten Jahrhunderte hervor, wie sorgfältig man darauf bedacht war, die ununterbrochene Reihenfolge und damit die rechtmäßige Nachfolge im Amte des heiligen Petrus darzutun.
 
Drittes Jahrhundert
 
Die Zahl der Christen hatte sich beständig vermehrt. Noch immer aber wollten die Kaiser den Kampf gegen das Christentum nicht aufgeben. Septimius Severus (193-211) wurde durch den christlichen Sklaven Prokulus von einer Krankheit geheilt. Und wiewohl er deshalb in den ersten Jahren seiner Regierung den Christen gut gesinnt war, so verbot er doch bald den Übertritt zum Christentum unter schwerer Strafe. Die Christen wurden hingerichtet, ihre Güter vielfach eingezogen. Die glorreichsten Opfer dieser Verfolgung sind die heiligen Frauen Felizitas und Perpetua, welche im Amphittheater zu Kartago (Afrika) den wilden Tieren preisgegeben wurden. 211 endlich starb Kaiser Septimius Severus aus Gram darüber, dass sein eigener Sohn ihn ermorden wollte. Die nächstfolgenden Kaiser waren milde gesinnt. Mehr und mehr lernten die Heiden die christlichen Sitten kennen und bewundern. "Was die Seele im Körper ist," so konnte man mit Recht sagen, "das sind in der Welt die Christen. Die Seele ist über alle Glieder verbreitet, so die Christen über alle Städte der Erde. Die Seele wohnt zwar im Leibe, aber sie sind nicht vom Leibe; ebenso wohnen die Christen in der Welt, aber sie sind nicht von der Welt. Unsterblich wohnt die Seele in sterblicher Hülle, und die Christen wohnen im Vergänglichen, die Unvergänglichkeit im Himmel erwartend." (Brief an Dionet.) Insbesondere zeigten die Christen eine wunderbare Nächstenliebe, die auch den Feinden Gutes erwies. Die Welt war ungestaltet, seitdem das Christentum Einzug gehalten. Im Jahre 249 brach der Sturm von neuem los. Kaiser Decius (249-251) wollte die Götterreligion erhalten. Daher verlangte er, dass alle den Göttern opferten. Auch Kaiser Valerian (253-260) verfolgte die Christen. Die beiden Päpste Stephanus und Sixtus II., der heilige Cyprian von Karthago (Afrika) und der glorreiche heilige Laurentius erlitten den Martertod. Wie aber Kaiser Decius im Kriege jämmerlich ums Leben gekommen, so erging es ähnlich Valerian. Auf einem Zuge gegen die Perser wurde er gefangen genommen und bis zu seinem Tode schimpflich als Sklave behandelt. Die Christen hatten nun wieder eine Zeitlang Ruhe. Es entwickelte sich das Ordensleben. Die beiden größten Mönche und Einsiedler sind die heiligen Paulus und Antonius in Ägypten.
 
Viertes Jahrhundert
 
Kaiser Diokletian (284-305) beeinträchtigte lange Zeit die Christen nicht. Unter seiner Regierung, einer Regierung voll Klugheit und Menschlichkeit, waren Christen sogar Statthalter in den Provinzen; verschiedene bekleideten hohe Ämter am Hofe. Allein aufgestachelt durch Feldherren, Götzenpriester und vor allem durch den Mitkaiser Galerius, änderte Diokletian im Jahre 303 seine Gesinnungen. Nun begann eine Christenverfolgung, wie sie blutiger nie stattgefunden. Vier Verfolgungsedikte erlies der Kaiser. Den Christen blieb schließlich nur die Wahl zwischen Abfall oder Tod. Die ausgesuchtesten Qualen mussten die Getreuen erdulden. Die kaiserlichen Behörden wetteiferten in der Vertilgung des Christentums. So groß war die Zahl der Opfer, dass die Henker ermüdeten, und die Heiden des Mordens überdrüssig wurden. Unter andern starben die Kaiserin Priska mit ihrer Tochter Valeria, die heilige Agnes, die heilige Barbara, alle Einwohner der Stadt Antandrus in Phrygien, der heilige Sebastian und viele Soldaten. Am 1. Mai 305 legte Diokletian die Kaiserwürde nieder. Sein Nachfolger Galerius fiel 311 in eine schreckliche Krankheit, die er der Rache des Christengottes zuschrieb. Seine Pläne waren durchkreuzt; nutzlos war das viele Blut geflossen. Nun entlich erließ er ein Edikt, das den Christen einige Freiheit gewährte. Kurz nachher starb Galerius. Kaiser Maxentius hatte unterdes in Rom die Herrschaft an sich gerissen. Er machte sich aber durch seine Tyrannei äußerst verhasst. Um diese Zeit erblickte der Mitkaiser Konstantin am Himmel ein Kreuz mit der Inschrift: "In diesem Zeichen wirst du siegen." Gehorchend dieser Erscheinung, ließ er eine Fahne mit einem Kreuze anfertigen und den Soldaten vorantragen. Konstantin zog nach Rom, besiegte Maxentius bei der milvischen Brücke und zog triumphierend in Rom ein (312). Durch ein Edikt gewährte er den Christen volle Religionsfreiheit. Das Kreuz, früher das Zeichen der Schmach, wurde nun ein Zeichen der Ehre und des Sieges. Der Kaiser errichtete einen herrlichen Triumphbogen, geschmückt mit dem Kreuze und der Inschrift: "Durch dieses heilbringende Zeichen, das Sinnbild wahrer Stärke, habe ich eure Stadt vom Joche des Tyrannen befreit." Aus Ehrfurcht vor dem Kreuze schaffte er die Strafe der Kreuzigung ab. Die heidnischen Opfer wurden verboten. Nach seinem Tode (337) setzten seine Nachfolger das begonnene Werk fort. Nur einer versuchte das Heidentum wieder einzuführen. Julian, mit dem Beinamen "der Abtrünnige" (361-363), entfernte wieder die christlichen Feldzeichen aus dem Heere, nahm den Geistlichen ihre Vorrechte, schloss die Christen vom Lehramt der Literatur aus, und führte die Götzenopfer wieder ein. Die Christen nannte er verächtlich nur "Gottlose" oder "Galiläer". Auf alle Weise machte er die christliche Religion lächerlich. Um die Weissagung Jesu über Jerusalem zuschanden zu machen, versuchte er die Stadt wieder aufzubauen. Allein Erdbeben und Feuer, das aus der Erde schlug, töteten die Arbeiter und zerstörten das begonnene Mauerwerk. Übrigens hatte Julian in seinem feindseligen Vorgehen gegen das Christentum kein Glück. Er fiel im Kampfe gegen die Perser; sein letztes Wort war nach der Legende: "Galiläer, Du hast gesiegt." Unter den folgenden Kaisern, besonders Theodosius der Große, verlor das Heidentum vollends seine Bedeutung. Dagegen hatte nun das Christentum an den Irrlehren verderbenbringende Feinde.
 
Fünftes Jahrhundert
 
Neben dem Arianismus tauchten noch verschiedene Irrtümer auf. Pelagius, ein britischer Mönch, leugnete die Erbsünde und wich in der Gnadenlehre von der Kirche ab (Pelagianismus). Sein größter Gegner war der heilige Augustinus. Auch Nestorius, Patriarch von Konstantinopel, fiel in Irrtümer. Er lehrte, in Christus seien zwei Personen und zwei Naturen. Deshalb verwarf er den Ausdruck Gottesmutter. Maria, so meinte er, sei nur die Mutter des Menschen Christus. Zur Schlichtung des Streites ließ Kaiser Theodosius II. im Jahre 431 die dritte allgemeine Kirchenversammlung zu Ephesus einberufen. Im Auftrage des Papstes Cölestin führte der heilige Cyrillus den Vorsitz. Nestorius, der seine Lehre nicht widerrufen wollte, wurde von der Kirchenversammlung abgesetzt und exkommuniziert. Das Volk nahm die Entscheidung, dass Maria die Gottesmutter ist, mit Jubel auf; Nestorius aber erklärte die Verhandlungen für ungültig. Er wurde 435 nach Ägypten verbannt, wo er im Elend starb. Bald aber fiel ein gewisser Eutyches, Vorsteher eines Klosters zu Konstantinopel, in den entgegengesetzten Irrtum. Während Nestorius lehrte, in Christus seien zwei Personen und zwei Naturen, lehrte Eutyches, in Christus sei nur eine Person und eine Natur. Daher kam 451 zu Chalcedon die vierte allgemeine Kirchenversammlung zustande, auf welcher die Gesandten des Papstes Leo und etwa 600 Bischöfe den Glaubenssatz verteidigten: In Christus sind zwei Naturen in einer Person. - Zum Arianismus bekannten sich die Goten, Sueven, Vandalen usw. Deshalb gab es manche Verfolgungen der Katholiken bei all diesen Völkern. Die Westgoten wagten, geführt von ihrem König Alarich, sogar einen Zug nach Rom. Die Stadt wurde ganz ausgeplündert, die Einwohner aber geschont. Später löste sich das westgotische Reich auf und wurde mit dem fränkischen verschmolzen. Das roheste der germanischen Völker war das Volk der Vandalen. Unter ihrem König Genserich kamen sie nach Nordafrika, überall Verwüstungen anrichtend. Sie waren ebenfalls Arianer, und deshalb hatten sie Katholiken Nordafrikas manches von ihnen zu leiden. Sie druften nur in Privathäuser oder Vorstädten Gottesdienst halten. Unter dem Nachfolger des Königs Genserich, seinem Sohn Humerich (477-484), wurden 348 Bischöfe in die Verbannung geschickt. Erst im folgenden Jahrhundert hatten die Verfolgungen ein Ende. Wie die Vandalen Afrika schrecklich verwüsteten, so hausten die wilden und kriegerischen Hunnen in Gallien und Italien. Ihr König Attila zerstörte viele Städte und Kirchen am Rhein. Im Jahre 452 ging er nach Italien und stand bald vor Rom, wo ihn aber die ernsten Mahnungen des Papstes Leo zum Rückzug bewogen. Ende des Jahrhunderts (493) bekehrte sich der Frankenkönig Klodwig. Er ließ sich vom heiligen Remigius, Bischof von Rheims, mit dreitausend Franken taufen. Papst Anastasius II. beglückwünschte den neuen katholischen König. Klodwig unternahm bald einen Zug gegen die arianischen Westgoten. Er besiegte dieselben 507.
 
Sechstes Jahrhundert
 
Unter dem Kaiser Justinian (527-565) erreichte die Kaisermacht des Morgenlandes ihren Höhepunkt. Die geistliche Gerichtsbarkeit gewährte den Bischöfen viele Vorrechte, das kirchliche Einkommen wurde steuerfrei und die Diener der Kirche genossen das höchste Ansehen. Leider missbrauchten die Kaiser auch vielfach ihre Gewalt, indem sie sich unbefugterweise in kirchliche Angelegenheiten einmischten, sodass die Päpste einschreiten mussten. Um die weitere Christianisierung des Abendlandes machte sich ein Heiliger verdient, der unstreitig zu den größten Wohltätern der Menschheit zählt: der heilige Benediktus. Im Jahre 520 hatte er bereits 12 Klöster gegründet. 529 entstand in Italien das Kloster Monte Cassino, das die größte Berühmtheit erlangte. Der Benediktinerorden war es, welcher überall seine segensreiche Tätigkeit entfaltete. Mit Hilfe der Benediktiner versuchte nun Papst Gregor der Große die Bekehrung Englands. Er sandte den Abt Augustinus mit 39 Benediktinern nach Britanien. Diese landeten 597, und ihrem Eifer gelang es, noch im nämlichen Jahre den König für die Kirche zu gewinnen. 10 000 Heiden wurden getauft. Irland war schon im vorigen Jahrhundert durch den heiligen Patrizius christlich geworden, und irische Benediktiner waren es, welche Schottland bekehrten. Der große Apostel Schottlands ist der heilige Abt Kolumba. Sein heiliges Leben, der feierliche Chorgesang der Mönche wirkten günstig auf die Heiden. Kolumba taufte den König Brid nebst seinem Volke und errichtete viele Klöster, welche sein Werk fortsetzten.
 
Siebentes Jahrhundert

Nachdem schon im sechsten Jahrhundert der heilige Fridolin oberhalb Basel zwei Klöster gegründet, kamen 610 die beiden Mönche Kolumban und Gallus aus Irland nach der Schweiz. Letzterer gründete das berühmte Kloster Sankt Gallen. Konstanz wurde Bischofssitz. Die heiligen Kilian und Willibald predigten in Franken; Rupert und Korbinian in Bayern; der heilige Severin in Österreich. Mittlerweile breitete sich in Arabien eine Bewegung vor, die der ganzen christlichen Kultur den größten Schaden brachte: der Islam. Mohammed, zu Mekka geboren, trat 609 als Prophet auf. Er behauptete, vom Himmel Offenbarungen erhalten zu haben. Seine Grundlehre war: "Es ist kein Gott außer Gott, und Mohammed ist sein Gesandter." Die Gottheit Jesu, wie die Erlösung leugnete er. Weltgericht, Paradies und Hölle erkannte er an, nur malte er das jenseitige Leben grobsinnig aus. Die Sittenlehre Mohammeds steht tief unter der christlichen. Feindesliebe wird verworfen, Vielweiberei erlaubt. Als Mohammed mit dieser seiner Religionslehre in Mekka auftrat, fand er Anhänger, aber noch mehr Feinde. Deshalb floh er am 15. Juli 622 von Mekka nach Medina. Dort fand er Aufnahme und zog bald mit einem großen Heere nach Mekka. Mit grausamer Waffengewalt unterwarf nun der falsche Prophet ganz Arabien, bis er 632 starb. Seine Nachfolger, die Kalifen, sammelten die Vorträge Mohammeds zu einem Buche, "Koran" genannt. Der Koran wird von den Mohammedanern heilig gehalten. Auch führten sie eine neue Zeitrechnung ein, beginnend mit 622, dem Jahre der Flucht Mohammeds von Mekka nach Medina (das Jahr 622 ist also für die Mohammedaner das Jahr 1). Der Kalif Omar wagte es kühn, die neue Religion überall zu verbreiten. Mit seinen taopferen Heeren nahm er bald Damaskus, Jerusalem und Ägypten. Auch ganz Nordafrika wurde unterjocht. Sogar Italien, Sizilien und später Spanien waren bedroht. Viele Verluste hat der Islam, dieser furchtbare Feind des Christentums, der Kirche gebracht. Noch jahrhundertelang musste sie gegen denselben kämpfen, bevor sie ihn unschädlich machen konnte.
 
Achtes Jahrhundert
 
Im Morgenlande hatte sich eine Partei gebildet, welche die Verehrung der Bilder Jesu Christi und der Heiligen abschaffen wollte. (Bilderstreit). Diese Bilderfeinde gewannen den Kaiser Leo III. (716-741) für ihren Plan. Roh und ungebildet ließ er die Bilderverehrung für Götzendienst erklären. Die Bilderstürmer zerstörten viele Werke der christlichen Kunst und verfolgten die Mönche, die sich vielfach mit Malen beschäftigten. Darüber war das Volk sehr aufgebracht. Die Päpste Gregor II. und Gregor III. machten den Kaiser ernste Vorstellungen. Allein vergebens; Leo III. sprach den Grundsatz aus: "Ich bin Kaiser und Bischof zugleich." Mit dem Tod des Kaisers trat keine Besserung ein, die nächsten Nachfolger setzten den Bilderstreit fort. Die Bilder wurden verbrannt, Wandgemälde mit Kalk überstrichen, an Stelle der Heiligenbilder Landschaften, Tier- und Jagdszenen in die Kirchen gemalt. Mit Grausamkeit ging man besonders gegen die Mönche vor, die dem Kaiser mutig Widerstand leisteten. Endlich versammelte sich zu Nizäa im Jahre 787 die siebente allgemeine Kirchenversammlung. Die katholische Lehre über die Bilderverehrung wurde klar auseinandergesetzt. Dadurch kam ein vorläufiger Friede zustande. Große Verdienste erwarb sich im Bilderstreit der gelehrte Johannes Damascenus.
Weit wichtiger jedoch als die Ereignisse im Morgenland, sind die Erfolge der Kirche im Abendland. Einen unsterblichen Namen erwarb sich der Frankenkönig Karl der Große, der Sohn Pipins (768-814). Er nahm den Kampf gegen die Sachsen auf. Dieselben bedrohten das Christentum mit aller Macht, töteten die Missionare, raubten und plünderten, wo sie konnten. Karl der Große musste mehrere Kriegszüge gegen sie unternehmen (772-804), bis er sie bezwang. 772 zerstörte er die Irminsäule, das Nationalheiligtum der Sachsen. Als diese sich stets wieder empörten, ließ er 783 zu Verden an der Aller 4500 Sachsen niedermachen. Endlich ließen sich dann die beiden Heerführer, Wittekind und Alboin, taufen. Viele folgten diesem Beispiel. Nach und nach entstanden Kirchen und Klöster; an Bistümern wurden gegründet: Osnabrück, Paderborn, Münster, Bremen, Minden, Verden, Halberstadt (später noch Hildesheim). Der erste Bischof von Münster war der heilige Ludgerus. Im Jahre 800 zog Karl der Große nach Italien. Papst Leo III. war von einigen rebellischen Römern ins Gefängnis geworfen worden. Karl ließ Gericht über die Empörer halten und sie gefangen nehmen. Zum Dank für diese Tat erhielt er am Weihnachtsfeste vom Papst Leo III. die Kaiserkrone. Mit dieser Krönung Karls nahm das römische Kaisertum deutscher Nation seinen Anfang. Zwar bestand noch die von Konstantin begründete Kaiserherrschaft in Konstantinopel; aber die griechischen Kaiser waren vielfach rohe, ungebildete Soldaten, Feinde des Abendlandes und sogar Irrlehrer.
 
Neuntes Jahrhundert
 
Karl der Große war 814 gestorben. Sein hohes Verdienst ist die Befestigung und Verbreitung der christlichen Kultur. Viele herrliche Kirchen, Schulen und Klöster hat er errichten lassen. Sein Nachfolger, Ludwig der Fromme (814-840), setzte das Begonnene fort. Unter seiner Regierung hatten die Benediktiner an der Weser, unweit Höxter, das Kloster Corvey gegründet. Von hier aus begab sich der heilige Ansgar nach Schleswig, Dänemark und Schweden, um den dort lebenden wilden Völkern die Segnungen des Christentums zu bringen. Der Papst Gregor IV. errichtete bald das Bistum Hamburg (832) und ernannte Ansgar zum Erzbischof. Dieser begab sich auch nach Bremen und unternahm noch 15 Jahre lang Bekehrungsreisen nach dem Norden. Er starb 865. Leider kamen 867 Seeräuber nach Hamburg, raubten die Stadt aus und verbrannten sie. Etwa um dieselbe Zeit gewannen zwei griechische Mönche, die heiligen Cyrillus und Methodius, die Bulgaren, Böhmen und Mähren für den katholischen Glauben. - Trotz dieser schönen Erfolge hatte die Kirche auch schlimme Feinde, die Mohammedaner. Um die grüne Fahne des Propheten geschart, waren sie von Nordafrika nach Spanien gekommen. Dort gründeten sie ein Reich, in dem Christen nur noch geduldete waren. Sie unterjochten dieselben, verlangten hohe Steuern, ja zwangen sie sogar unter Umständen zur Annahme der mohammedanischen Religion. Der heilige Eulogius, Erzbischof von Toledo, und viele andere wurden hingerichtet. Wiederholt machten die Mohammedaner Einfälle in Süd-Italien, einmal drangen sie bis Rom, wurden aber zurückgeschlagen. Der einflußreichste Papst dieses Jahrhunderts ist Nikolaus I. (858-867). Große Gerchtigkeitsliebe, hohe Einsicht und Klugheit zeichneten ihn aus. Eine große Verlegenheit bereiteten dem Papst die Zustände im Morgenland. Der lasterhafte griechische Kaiser Bardes vertieb 857 den tugendhaften Patriarchen Ignatius aus Konstantinopel und setzte den ehrgeizigen  Photius an seiner Stelle.
 
Zehntes Jahrhundert
 
Mit dem Tode des Papstes Formosus (896) kam für den päpstlichen Stuhl eine Zeit tiefster Erniedrigung. Verwilderte Parteien stritten sich um denselben wie um einen weltlichen Thron.
Während in Italien im 10. Jahrhundert die größte Verwirrung herrschte, stand es in anderen Ländern besser. Deutschland hatte unter Otto I. tüchtige und ausgezeichnete Bischöfe. Durch die Vermittlung des tatkräftigen Kaisers wurden die Wenden bekehrt und das Bistum Magdeburg errichtet. Gleichfalls war Otto I. bemüht, Dänemark, Schweden und Norwegen zu christianisieren. Was der heilige Ansgar daselbst gewirkt hatte, das suchten die heidnischen Stämme wieder zu zerstören. Otto I. schlug 972 den König Harald, der sich dann taufen ließ. Bald nahmen auch König Erich von Schweden das Christentum an. Mehrere Könige von Norwegen hatten England das Christentum kennen gelernt und führten es meist durch englische Geistliche ein, was erst nach manchen Kämpfen gelang.
In dieses Jahrhundert fällt auch die Bekehrung Russlands. Kiew wurde Bischofssitz. Auch Polen trat in die Kirche ein (Bistümer: Gnesen und Posen). In Böhmen, wo das Christentum schon bestand, ließ die Königin Drahomira aus Hass gegen die katholische Religion ihre Schwiegermutter Ludmilla ermorden. Der heilige Wenzeslaus fiel ebenfalls durch den Dolch seines heidnischen Bruders Boleslaus. Letzterer vertrieb die Priester und verfolgte die Christen. Erst unter Boleslaus II., dem Frommen, siegte das Christentum vollständig. 982 wurde der heilige Adalbert Bischof von Prag, von wo aus er gleich einem großen Apostel alle heidnischen Sitten aus Böhmen zu verbannen suchte. Dann ging er als Glaubensbote zu den noch heidnischen Preußen. 997 erhielt er die Marterkrone. Um die Bekehrung Ungarns bemühte sich der König Stephan der Heilige.
 
Elftes Jahrhundert

Als Papst Silvester II., der gelehrteste Mann seiner Zeit, 1003 gestorben war, bekamen die Adelsparteien in Rom wieder die Oberhand. Daher rief Benedikt VIII. (1012-1024) Heinrich II. zu Hilfe. Dieser ließ sich mit seiner Gemahlin Kunigunde vom Papst krönen und stellte in Italien die Ordnung wieder her.
Später wucherte im Abendland ebenfalls manches Unkraut neben der guten Saat. Die Kaiser griffen in die Papstwahl ein, als ob es sich um eine deutsche Reichsangelegenheit handle. Dieses bewog Papst Nikolaus II. im Jahre 1059, die Wahl des Oberhauptes der ganzen Kirche den Kardinälen anzuvertrauen (Konklave). Kaiser wie Volk sollten keinen Anteil mehr an der Wahl haben. König Heinrich IV. fuhr trotz der Abmahnung des Papstes fort, geistliche Ämter zu vergeben. Auf einer Versammlung zu Worms ließ er mit vielen Gleichgesinnten den Papst für abgesetzt erklären. Auch sandte er dem Papst ein verletzendes Schreiben mit der Aufschrift: "An den falschen Mönch." Nun sprach der große Papst feierlich den Kirchenbann über Heinrich IV. aus und entband die Untertanen vom Eide der Treue. Die deutschen Fürsten, erbittert über Heinrich, erklärten ihn 1076 in Tribur des Thrones für verlustig, wenn er nicht innerhalb eines Jahres vom Kirchenbanne befreit sei. In dieser Not beschloß der stolze König, nach Rom zu gehen, um sich mit der Kirche auszusöhnen. Mitten im Winter musste er die Alpen überschreiten. Nach manchen ausgestandenen Lebensgefahren traf er den Papst auf der Burg Kanossa. Drei Tage stand der König, mit einem Bußgewand bekleidet, im Schlosshof, eine Buße, der er sich freiwillig unterzogen hatte. Am vierten Tage sprach ihn der Papst vom Banne los unter der Bedingung, dass er ruhig nach Deutschland gehe und sich vorläufig der Regierung enthalte. Da er aber diesen Verpflichtungen nicht nachkam, wurde er von den deutschen Fürsten abgesetzt und bald darauf abermals vom Papst gebannt. Nun rückte Heinrich in stolzer Verblendung mit einem Heer nach Rom und eroberte es. Der Papst entkam nach Salermo, wo er 1085 starb. Die letzten Worte des heldenmütigen Streiters Christi waren: "Ich habe das Recht geliebt und das Unrecht gehasst; deshalb sterbe ich in der Verbannung." Heinrichs Lebensende war höchst traurig. Seine Söhne empörten sich; von allen verlassen, mit dem Kirchenbanne belastet, starb er 1106.
 
Zwölftes Jahrhundert
 
1122 schlossen Papst Kalixt II. und Heinrich V. das Wormser Konkordat. Dieses verbietet dem Kaiser, sich in Bischofswahlen einzumischen und den Gewählten Ring und Stab zu überreichen. Wohl darf der Kaiser die Bischöfe zu Fürsten machen und ihnen weltliche Würden verleihen. Auf der allgemeinen Kirchenversammlung (I. im Lateran) wurde dieser Vertrag bestätigt (1123). Der Friede zwischen Kirche und Staat war damit hergestellt. 1139 war die zehnte allgemeine Kirchenversammlung (II. im Lateran). Große Verwirrung richtete die Sekte der Waldenser in der Kirche an. Von einem reichen Bürger aus Lyon gegründet, predigten die Waldenser gegen das Eigentumsrecht, die Festtage usw. Auch galt ihnen die Heilige Schrift als einzige Quelle des Glaubens. Noch andere Sekten ähnlicher Art entstanden in Frankreich, Belgien und Oberitalien. Zur Wahrhung des katholischen Glaubens wirkten verschiedene Orden: die Zisterzienser, 1098 gestiftet vom Abt Robert, die Prämonstratenser, 1120 vom heiligen Norbert gegründet, und die Karmeliter, die ein Kreuzfahrer, Berthold von Kalabrien, um 1150 auf dem Berge Karmel ins Leben rief, die alle drei auch jetzt noch blühen.


 
Dreizehntes Jahrhundert
 
Von 1198-1216 regierte Innozenz III. die Kirche; er war einer der größten Päpste. "Von Irland bis nach Sizilien, von Portugal bis nach Armenien wird kein Schwacher an seinen Rechten gekränkt, für den er nicht Ersatz fordert, keine gesetzliche Schranke angegriffen, die er nicht in Schutz nimmt" (Montalembert). Die äußere Macht des Papsttums hatte unter Innozenz III. ihre Höhe erreicht. Um das heilige Land zu befreien, ließ der Papst in der ganzen Christenheit einen vierten Kreuzzug predigen. Durch reiche Geldspenden begünstigte er das Unternehmen. 1202 endlich rückten Grafen Balduin von Flandern und Markgraf Bonifaz von Ferrara mit einem Heer aus. Allein statt Jerusalem zu befreien, eroberte man Konstantinopel, wo dann ein lateinisches Kaisertum entstand. Wie groß übrigens die Begeisterung für das heilige Land in der Christenheit war, zeigt das 1212 unternommene Kinderkreuzzug, an dem sich Tausende von Kindern beteiligten. Allein auch in Europa musste man mit Waffengewalt gegen Ungläubige und Irrlehrer kämpfen. In Spanien bedrohten die Mohammedaner die Kirche. Es gelang, sie bei Tolosa vollständig zu schlagen. Viel schwieriger war der Kampf gegen die gottlose Sekte der Albigenser oder Katharer, welche die Schöpfung, die Menschwerdung Jesu, die Sakramente, Heiligenverehrung, kurz, die Grundlehren des Christentums verwarfen. Erst nach zwanzigjährigem Kampfe unterlagen sie der Tapferkeit des Grafen Simon von Montfort. 1215 versammelte sich zu Rom im Lateran die zwölfte allgemeine Kirchenversammlung (IV. im Lateran). Daselbst wurde es den Gläubigen zur Pflicht gemacht, wenigstens einmal im Jahr die heiligen Sakramente zu empfangen. Drei Orden konnte der Papst bestätigen: Franziskaner, Dominikaner und Trinitarier (letztere zur Loskaufung gefangener Christen). Die Tätigkeit dieser Orden gehört zu den glänzendsten Erscheinungen der Kirchengeschichte. Ludwig IX., der Heilige, König von Frankreich, unternahm noch den sechsten und siebenten Kreuzzug, jedoch ohne besonderen Erfolg. Man konnte den Ungläubigen das heilige Land nicht entreißen. Nichtsdestoweniger ist die Kreuzzugsbewegung für Handel und Verkehr, Aufschwung der Wissenschaften, Rittertum usw. von der größten Bedeutung geworden. Die vierzehnte allgemeine Kirchenversammlung zu Lyon (1274) vereinigte die Griechen wieder mit der katholischen Kirche. Unter den Heiligen des dreizehnten Jahrhunderts verdienen Erwähnung: Der heilige Dominikus, Franziskus, Antonius, der heilige Thomas, der größte Denker aller Zeiten, der heilige Bonaventura, die heilige Blanka, Mutter des heiligen Ludwig, die heilige Hedwig und vor allem die heilige Elisabeth von Thüringen. Die Bekehrung der Preußen, der Beginn des Kölner Dombaues und die Einsetzung des Fronleichnamsfestes fallen in dieses Jahrhundert.
 
Vierzehntes Jahrhundert
 
Papst Bonifaz VIII. (1294-1303) war von den besten Absichten geleitet, konnte aber bei der veränderten Zeitlage nicht verhindern, dass das Papsttum von seiner Machtstellung herabsank. Überall stieß Bonifaz auf Schwierigkeiten, am meisten verletzte ihn König Philipp IV. von Frankreich. Dieser besteuerte die Geistlichen nach Willkür, verbot, Gelder nach Italien zu schicken, erlaubte sich Eingriffe in das kirchliche Besitzrecht und dergleichen. Er überfiel den Papst 1303 zu Anagni. Schon wollte er ihn nach Frankreich schleppen, da befreiten einige Bürger den bedrängten Papst, der noch in demselben Jahr starb. Sein Nachfolger, Klemens V. (1305-1314), verlegte unklugerweise seine Residenz nach Frankreich und kam so fast ganz in Philipps Gewalt. Zu Avignon residierten von 1309-1376 sieben Päpste. Man nennt diese Zeit die Babylonische Gefangenschaft der Päpste. Lüstern nach den reichen Gütern des Templerordens, glaubte Philipp gern alles, was man dem Orden nachsagte (wie Götzendienst, nächtliche Zusammenkünfte) und ließ 1307 alle Templerherren Frankreichs verhaften. Aber auch an Heiligen fehlte es der Kirche in so ernsten Zeiten nicht. Nennenswert sind: die schwedische Fürstin Brigitta, der heilige Johannes Nepomuk, die heilige Klare, der Bußprediger Vinzenz Ferrerius. Der größte Dichter war Dante, ein Zeitgenosse Bonifaz VIII. - Der Franziskaner Johannes de Monte Corvino wurde 1330 erster Bischof von Peking (China).
 
Fünfzehntes Jahrhundert
 
Der Papst Martin V. und die sechzehnte allgemeine Kirchenversammlung von Konstanz gingen gegen den Irrlehrer Johannes Huß vor. Dieser behauptete: "Christus hat der Kirche kein sichtbares Oberhaupt gegeben; der kirchliche Gehorsam ist Erfindung der Priester; zwischen Bischöfen und Priestern ist kein Unterschied." Die Kirchenversammlung forderte Huß auf, die falschen Lehren zu widerrufen. Huß erklärte voll Hartnäckigkeit und Stolz, er könne sich unmöglich irren. Darauf verurteilte man ihn, und der Kaiser ließ ihn am 6. Juli 1415 öffentlich verbrennen. Ebenso erging es seinem Freund Hieronimus von Prag. Die Anhänger des Huß scharten sich in Böhmen zusammen, und erklärten Huß für einen Heiligen. Die blutigen Hussittenkriege (1419-1437) richteten viel Unheil an. Ein Teil söhnte sich mit der Kirche aus; andere wichen nur der Waffengewalt. Jeder Einsichtsvolle merkte, wie sehr der Freiheitsschwindel bereits die Völker erfasst hatte, wie viele Schäden in Staat und Kirche auszubessern waren. Die Kirchenversammlung von Konstanz hatte nicht alles erreicht; daher berief Eugen IV. 1439 die siebzehnte Kirchenversammlung nach Basel, die aber bald nach Ferrara und endlich nach Florenz verlegt wurde. Die größte Errungenschaft des Konzils war die Rückkehr der Griechen und Armenier zur wahren Kirche. Leider fielen dieselben ebenso schnell wieder ab. Im übrigen erreichte man wenig. Allgemein war das Bedürfnis nach Verbesserung der Zustände. Es bedurfte nur einer kleinen Veranlassung, um die bestehende Ordnung umzustürzen, und diese Veranlassung kam bald, wodurch die sogenannte Reformation oder religiöse Revolution eingeleitet wurde. Auch die achtzehnte allgemeine Kirchenversammlung im Lateran zu Rom (1512-1517) vermochte nicht das drohende Unheil abzuwenden.
 
Sechzehntes Jahrhundert
 
Papst Leo X. (1513-1521) hatte, wie sein Vorgänger, einen Ablass ausgeschrieben für diejenigen, welche ein Almosen zum Neubau der Peterskirche in Rom gaben. Dieser Ablass wurde überall verkündet. Der Augustinermönch Dr. Martin Luther wandte sich gegen die Ablasspredigt. Am Vorabend Allerheiligen 1517 schlug er 95 Sätze an der Wittenberger Schlosskirche an, in denen seine abweichenden Meinungen über den Ablass enthalten waren. Bald aber warf er sich zum Reformator auf. Er verwarf viele Glaubenssätze, schaffte das heilige Messopfer, das Fasten, Beichten, Beten für die Verstorbenen ab, erklärte die guten Werke für unnütz und lehrte, dass der Glaube allein selig mache. 1520 verbrannte er die Bulle Leos X. und das Kirchenrecht vor den Toren Wittenbergs. Den Papst nannte er den Antichristen. Von den Sakramenten behielt er nur die Taufe und das Abendmahl bei. Die sichtbare Kirche leugnete er; Quellen des Glaubens war ihm nur die Heilige Schrift; die kirchliche Verwaltung übertrug er den Fürsten. Außerdem erlaubte er Mönchen und Nonnen zu heiraten. Er selbst brach das Gelübde der Keuschheit und nahm eine Nonne zum Weibe. Dem Landgrafen Philipp von Hessen gestattete er, zu seiner noch lebenden Frau eine zweite zu nehmen. Wiewohl Luthers Auftreten von Staat und Kirche zugleich verurteilt wurde, fand er doch Anhang. Seine Bibelübersetzung, willkürlich entstellt, verbreitete sich weit. Außer gelehrten Theologen (Melanchthon, Karlstadt), verarmten Rittern (Ulrich von Huttem, Franz von Sickingen), zählten vor allen die Fürsten zu seinen Anhängern; diese letzteren wurden hauptsächlich angelockt durch die Erlaubnis Luthers, die reichen Kirchen- und Klostergüter einzuziehen, und von dieser Erlaubnis machten sie umfangreichen Gebrauch. Sie nahmen sich auch das Recht heraus, ihren Untertanen die neue Lehre aufzuzwingen, die seit 1529 "Protestantismus" heißt. Das Schmähen über Papst, Bischöfe und Klöster wirkte aufs Volk. Die "neue Freiheit" verlockte den Bauern. In zügellosen Scharen durchzogen sie Deutschland, verbrannten Schlösser und Kirchen und verübten gegen Geistlichkeit und Adel die entsetzlichsten Grausamkeiten. An 700 000 Bauern wurden erschlagen. Die Wiedertäufer trieben in Münster ihr Unwesen; nur mit Mühe gelang es dem Bischof, die neuen Propheten unschädlich zu machen. Kaiser Karl V. tat vieles, die katholische Religion zu erhalten, jedoch vergebens. Als Luther starb, waren das nördliche Deutschland, auch Sachsen, Braunschweig und viele Städte wie Universitäten bereits protestantisch. Auch der Hochmeister des deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg, nahm die protestantische Religion an. Der Augsburger Religionsfriede (1555) gewährte den Protestanten freie Religionsübung.
Von Deutschland aus verbreitete sich die neue Lehre nach Dänemark, Schweden und Norwegen. In der Schweiz predigten Zwingli und Kalvin das freie Evangelium. Doch gelang es dem Eifer des heiligen Franz von Sales, 72 000 Kalvinisten zur Kirche zurückzuführen. In Frankreich nannte man die Anhänger der neuen Religion Hugenotten. Sie veranlassten die langen und blutigen Religionskriege, die Frankreich schrecklich verwüsteten.
Wiewohl in ganz Europa Millionen vom Glauben abgefallen waren, Kirchen und Altäre in Trümmern lagen und alle Ordnung entschwunden zu sein schien, so hat das sechzehnte Jahrhundert doch auch helle Lichtseiten. Das glänzendste Werk der Kirche ist die neunzehnte allgemeine Kirchenversammlung von Trient (1545-1563). Genaue Erklärung der Irrlehren, scharfe Formulierung der Glaubenssätze, Verordnungen zur Bildung eines wahrhaft frommen Klerus, das sind die herrlchen Leistungen des Konzils. Neu verjüngt, neu gerüstet trat die Kirche der protestantischen Welt entgegen. Sodann glänzte der neugegründete Jesuitenorden als Zierde der Kirche. Große Heilige gingen damals schon aus ihm hervor: der heilige Ignatius (Stifter des Ordens), der engelreine Aloisius, der gottesliebende heilige Stanislaus, Petrus Kanisius, der große Apostel Indiens und Japans Franziskus Xaverius. In Iralien wirkte der heilige Karl Borromäus viel Großes und Gutes. Auch die ausgezeichnetsten Künstler wetteiferten in Verherrlichung der Religion durch die christliche Kunst. Der unsterbliche Baumeister Michelangelo, die Maler Raffael, Leonardo und Albrecht Dürer, der Musiker Palestrina, sie alle schufen unvergängliche Werke zum Ruhme der katholischen Kirche.
 
Siebzehntes Jahrhundert
 
Was die Kirche durch die Reformation in Europa verloren, gewann sie in andern Erdteilen wieder. Die Bekehrungen in Chrina und Japan mehrten sich, und wie feste Wurzeln der Glaube daselbst gefasst, zeigen die Verfolgungen augenscheinlich. Auch in Amerika eroberte die Kirche vieles durch großartige Missionstätigkeit der Jesuiten und anderer Orden. Die Menschenopfer in Mexiko hörten auf; wüste Länderstrecken wurden zu einem gesegneten Paradies (Paraguay). "Die erste Blume der Heiligkeit im südlichen Amerika" ist die heilige Rosa von Lima. Papst Urban VIII. unterstützte die Mission durch Gründung der Propaganda, ein Weltseminar aller Nationen 1627.
 
Achtzehntes Jahrhundert
 
Der Lehre Luthers erging es wie allen menschlichen Dingen: sie änderte sich. Sekten über Sekten entstanden; jede glaubte was ihr gefiel. Richterin in Glaubenssachen wurde die Vernunft. Die Freigeister traten zuerst in England auf, Religion und Sittlichkeit untergrabend. 1717 eröffneten die Freimaurer in London die erste Loge. Von England aus verbreitete sich der Unglaube nach Frankreich. Die französischen Philosophen, Rousseau und Voltaire, taten alles, das Christentum auszurotten. "Vernichtet die Infame" (d.h. die Kirche), "o Rom, wie ich dich hasse", so lauten einige Ausdrücke des gottlosen Voltaire. Auch die deutschen Philosophen (Kant, Fichte) huldigten vielfach dem Unglauben. In Österreich vergriff sich Kaiser Franz Joseph II. an den Rechten und der Freiheit der Kirche. Er hob Klöster auf, beantstandete die Vollmachten der Bischöfe, gab eigenmächtig Vorschriften über Gottesdienst usw. Vergebens reiste Papst Pius VI. selbst nach Wien, den Kaiser umzustimmen. Der Josephinismus blieb lange bestehen. Kein Wunder, wenn in einer solchen Zeit des Unglaubens und des Freidenkertums Ereignisse eintraten, vor denen der Mensch zittert: die Schrecken der französischen Revolution.
Der Nationalkonvent (1792-1795) sprach das Todesurteil über den König Ludwig XVI. und die Königin Maria Antoinette, die 1793 den Tod durch Henkershand erlitten. Ein allgemeines Morden von Adeligen, Königstreuen, Geistlichen begann. Die Sonn- und Festtage hörten auf, jede Erinnerung an das Christentum sollte schwinden. Die französischen Generäle, unter ihnen Bonaparte, der spätere Kaiser Napoleon, rückten in einem Heer nach Italien. In Rom erklärte man die weltliche Gewalt des Papstes für aufgehoben und errichtete "die römische Republik". Der 80jährige Papst Pius VI. musste nach Frankreich in die Gefangenschaft, wo er 1799 starb. Erst vier Monate nach seinem Tode ließen die Republikaner den Leichnam begraben.


 
Neunzehntes und zwanzigstes Jahrhundert

Um der Revolution ein Ende zu machen, riß Napoleon Bonaparte die Alleinherrschaft an sich und machte sich 1799 zum ersten Konsul, 1804 zum Kaiser. Doch fürchtete er sich, ein Volk ohne Religion zu regieren, und so schloß er mit dem Papst Pius VII. einen feierlichen Vertrag (Konkordat) ab. Einsam und verlassen starb Napoleon als Verbannter auf der Insel St. Helena. In Deutschland verlor die Kirche durch die Säkularisation fast alle Kirchengüter (1803). Doch Gott hörte nicht auf, die katholische Religion zu beschützen. Er gab der Kirche einen Papst, welcher mit seltenem Mute und vollster Hingebung die Sache Gottes verteidigte. Dieser war Pius IX. (1846-1878).
  
Unter ihm wurde am 8. Dezember 1854 das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariä erklärt, und 1869 die zwanzigste allgemeine Kirchenversammlung im Vatikan begonnen. Diese erklärte die Unfehlbarkeit des Papstes als Glaubenssatz. Leider verlor Pius IX. den Kirchenstaat, den König Viktor Emanuel 1870 für sich im Besitz nahm. Der Papst behielt nur einen kleinen Stadtteil von Rom mit dem Vatikan. Die Wühlerarbeit der geheimen Gesellschaften hat dem Papsttum das Zepter aus der Hand gerissen. Nach dem deutsch-französischen Kriege brach in Deutschland auf Anstiften Bismarcks der Kulturkampf aus. Die Bischöfe Brinkmann (Münster), Martin (Paderborn), Förster (Breslau), Blum (Limburg), wie auch die Erzbischöfe Melchers (Köln) und Graf Ledochowski (Gnesen-Posen) mussten ihre Bischofssitze verlassen; einige von ihnen wurden mit Gefängnis und Verbannung bestraft. Viele Pfarreien waren ohne Priester. Ordensleute wurden des Landes verwiesen. In den Jahren 1883-1887 wurden die sogenannten Maigesetze teilweise beseitigt. Immerhin sind der Liberalismus wie auch der Sozialismus eine fortdauernde Gefahr für die Katholiken. Zum Schutze gegen den Sozialismus gründete Windthorst den Volksverein für das katholische Deutschland (1890).
Großartig ist die Missionstätigkeit des neunzehnten Jahrhunderts. Papst Leo XIII. regte das edle Werk der Heidenbekehrung mächtig an. In allen Weltgegenden predigten Missionäre, oft unter den größten Entbehrungen und schrecklichen Verfolgungen (China). "Es ist kein Erdteil, kein Land, keine Insel, welche das liebevolle Auge des treuen Hohenpriesters unbeachtet ließ, wohin er nicht Glaubensboten entsandte." Daher die allgemeine Trauer, als Leo XIII. am 20. Juli 1903 starb. Sein nunmehr glorreich regierender Nachfolger Pius X. wendet sich hauptsächlich gegen die freie Richtung in Glaubenssachen unserer Zeit. Unter ihm vollzog sich in Frankreich die Trennung von Kirche und Staat, die Vertreibung der Ordensleute, Raub sämtlicher Kirchengüter, Entziehung des Gehaltes der Geistlichen von seiten der französischen Regierung.


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