- Gottes enge Pforte -

Cordula Wöhler

 
 
Cordula Wöhler später Cordula Schmid, Pseudonym Cordula Peregrina (* 17. Juni 1845 in Malchin; gest. 6. Februar 1916 in Schwaz, Tirol) war eine religiöse Schriftstellerin und Dichterin, von der auch der Text des im gesamten deutschen Sprachraum verbreiteten Kirchenliedes "Segne Du Maria" stammt.
 
Cordula Wöhler war die Tochter des Theologen Dr. (Johann) Wilhelm Wöhler (1814-1884), zur Zeit ihrer Geburt Schulrektor in der mecklenburgischen Landtagsstadt Malchin, später evangelisch-lutherischer Pastor von Lichtenhagen bei Rostock. Ihre erste Begegnung mit dem katholischen Glauben hatte die junge Frau über die Bücher der geistlichen Schriftsteller Christoph von Schmid und Alban Stolz.
 
Im August 1864 bereiste Cordula mit ihrer Familie Thüringen, Bayern, Tirol und die Schweiz. Hier erlebte das Mädchen erstmals selbst den katholischen Gottesdienst, der nach eigenem Bekunden wegen seiner Pracht und Sakralität "großen Eindruck" auf sie machte. Sie trat daraufhin in einen langen Briefwechsel mit Professor Alban Stolz ein. Nach einem erneuten Urlaubsaufenthalt mit den Eltern 1868 in Süddeutschland, entschloss sich die junge Frau katholisch zu werden und zu konvertieren. Im März 1869 wurden die Eltern darauf aufmerksam und es kam zu heftigen Kontroversen mit ihnen. Mit 25 Jahren erklärte Cordula Wöhler 1870 ihre Großjährigkeit und teilte den Eltern den definitiven Entschluss zum Glaubenswechsel mit. Diese warfen sie daraufhin aus dem Haus, da sie als Katholikin nicht länger in einem evangelischen Pfarrhaus wohnen könne.
 
Unter dem Eindruck dieser tragischen, persönlichen Ereignisse reimte Cordula Wöhler damals eine selbstverfasste Gebetshymne an Maria, zu der sie vertrauensvoll ihre Zuflucht nahm. So entstand am letzten Tag des Monats Mai 1870 ihr berühmtestes Gedicht "Segne Du Maria, segne mich, Dein Kind", das der niederbayerische Kirchenkomponist Karl Kindsmüller später vertonte. Heute zählt es zu den volkstümlichsten Marienliedern im deutschen Sprachraum, vor allem in Bayern, Österreich und Tirol; dort ist es zum Gemeingut geworden und kann von den meisten Gläubigen auswendig gesungen werden. Vor 1975 war es in fast allen süddeutschen Diözesangesangbüchern enthalten und wurde auch in diverse Regionalteile des seither eingeführten katholischen Einheitsgesangbuches "Gotteslob" übernommen (z.B. im Bistum Würzburg und Speyer)
 
Am 10. Juli 1870 trat Cordula Wöhler zu Freiburg im Breisgau in die katholische Kirche ein. Das Glaubensbekenntnis legte sie vor dem Erzbistumsverweser und Weihbischof Lothar von Kübel ab. Drei Tage später wurde sie gefirmt und am 16. Juli empfing sie erstmals die heilige Kommunion.
 
Ab März 1871 lebte die Konvertitin in Tirol. Lukas Tolpeit, der Pfarrkurat von Eben am Achensee hatte ihr eine Stelle im dortigen Pfarr-Widum angeboten. Nebenher schrieb sie Gedichte und verfasste religiöse Schriften. Danach kam sie bei einem jungen Paar auf dem Freundsberg bei Schwaz unter. Hier überarbeitete sie ihr später verbreitetes Buch "Was das Ewige Licht erzählt", das in 25 Auflagen erschien und sie recht bekannt machte. Andere Publikationen folgten, sowohl in Prosa, als auch Werke religiöser Lyrik. Teilweise erschienen sie unter dem Pseudonym "Cordula Peregrina". In dieser Zeit war der Franziskanerpater Arsenius Niedrist ihr Seelenführer.
 
Eine Lebenszäsur trat 1876 ein. Josef Anton Schmid aus Oberstaufen im Allgäu wandte sich an die Dichterin und bat sie um ein "frommes Gedicht" für eine Gedenktafel, die er dem im Rufe der Heiligkeit stehenden Jesuiten Pater Jakob Rem, an seinem Geburtshaus in Bregenz widmen wollte. Zwischen Josef Anton Schmid und Cordula Wöhler entstand ein intensiver Briefwechsel, der auf Grund ihrer beider Seelenverwandtschaft in eine Verlobung mündete, noch ehe sie sich persönlich kannten. Das Paar heiratete schließlich zu Riezlern im Kleinwalsertal und zog nach Bregenz. Cordula Wöhler hieß amtlicherseits nun Cordula Schmid, blieb aber unter ihrem Mädchennamen allgemein bekannt. 1881 übersiedelte das Ehepaar nach Schwaz, wo es ein Haus in der Innsbrucker Strasse erwarb und später zwei Waisenkinder adoptierte.
 
Hier lebte und wirkte Cordula Wöhler weiter als religiöse Dichterin bzw. Schriftstellerin und zusammen mit ihrem Mann als Aktivistin in der katholischen Pfarrgemeinde. Sie starb dort am 6. Februar 1916; ihr Mann folgte ihr schon am 25. Mai des gleichen Jahres nach. Beide liegen an der Südwand der Pfarrkirche von Schwaz begraben.
 
Das Verhältnis zur Familie hatte sich nach und nach verbessert. Schließlich stand sie mit den Eltern und ihrer Schwester wieder in brieflichem Kontakt und wurde auch gelegentlich von ihnen in Schwaz besucht. In ihrer norddeutschen Heimat ist Cordula Wöhler jedoch nie mehr gewesen.
 
 
Segne Du, Maria, segne mich Dein Kind,
dass ich hier den Frieden, dort den Himmel find.
Segne all mein Denken, segne all mein Tun,
lass in Deinem Segen Tag und Nacht mich ruhn.
 
Segne Du, Maria, alle, die mir lieb, -
Deinen Muttersegen ihnen täglich gib! -
Deine Mutterhände breit auf alle aus, -
segne alle Herzen, segne jedes Haus!
 
Segne Du, Maria, all die krank und arm,
denn der Heiland aller, ruht auf Deinem Arm.
Lohne ihr Vertrauen, lindre ihren Schmerz,
denn für alle Armen schlägt Dein Mutterherz.
 
Segne Du, Maria, all die taub und blind,
die den Weg verloren, nicht mehr Gottes Kind.
Führe durch die Engel, liebreich sie zurück,
dass sie wieder finden, Seelenruh und Glück.
 
Segne Du, Maria, alle die voll Schmerz,
gieße Trost und Frieden, in ihr wundes Herz.
Sei mit Deiner Hilfe nimmer ihnen fern;
sei in Nacht und Dunkel stets ein lichter Stern.
 
Segne, Du, Maria, Mutter Gottes mein,
lass mich hier auf Erden, Dir befohlen sein.
Führe mich zu Jesus, Deinem Sohne hin,
dass in seiner Liebe ich geborgen bin.
 
Segne Du, Maria, die mir wohlgetan,
lass für ihre Treue sie den Lohn empfang.
Was sie mir erwiesen, o vergilt es Du,
jede Gnadengabe, wende ihnen zu.
 
Segne Du, Maria, die mir wehe tun,
die so tief mich kränken und verwunden nun.
Hilf, dass ich verzeihen und vergeben kann,
denn auch ich bin Sünder, nimm mich meiner an.
 
Segne Du, Maria, unsern Heimatort,
Deine Segensquelle fließe fort und fort.
Mutter aller Völker, schütze uns vor Krieg;
Mutter unsrer Kirche, führe sie zum Sieg.
 
Segne Du, Maria, jedem der da ringt,
der in Angst und Schmerzen, Dir ein Ave bringt.
Reich ihm Deine Hände, dass er nicht erliegt,
dass er mutig streite, dass er endlich siegt.
 
Segne Du, Maria, unsre letzte Stund´!
Süße Trostesworte flüstre dann Dein Mund!
Deine Hand die linde, drück das Aug´ uns zu,
bleib im Tod und Leben, unser Segen Du!
 
Segne Du, Maria, die im Läutrungsort,
voller Sehnsucht warten vor der Himmelspfort.
Tröste sie im Leiden, kürze ihre Zeit,
dass sie bald sich freuen, ew´ger Seligkeit.
 
 

 

Folgendes schrieb Cordula Peregrina in der vierten Auflage ihres Buches "Was das Ewige Licht erzählt".

 

Von meinen bisher erschienen Büchlein ist vielleicht keinem eine so liebevoll freundliche Aufnahme in der katholischen Leserwelt, und daher auch öftere Auflage zu Teil geworden, wie gerade diesem, das sich jetzt zur vierten Auflage rüsten soll. Und ich begreife das ganz wohl! Nicht etwa die Schönheit der Sprache, noch weniger die Kunst der Form hat diesen schlichten, einfachen, aber aus warmen Herzen quellenden Liedern die allgemeine Teilnahme und Vorliebe gewonnen und gesichert, sondern vielmehr der Gegenstand, den sie besingen, der Mittelpunkt, um den sie sich drehen, das Licht, von dem sie ausstrahlen, - das Erste und Letzte, Liebste und Beste, Höchste und Heiligste jedes katholischen Christenherzens: das allerheiligste Sakrament des Altars, - hochgelobt in alle Ewigkeit!

Wie verschieden auch sonst die Menschen sein mögen in Gemüt und Geschmack, Ansicht und Neigung, - in Einem sind wir Katholiken uns alle gleich, - Jesus im heiligsten Altarsakrament ist unsere wärmste Liebe, unser wahrstes Leben, unsere seligste Lust, unsere süßeste Labe, unser tröstlichstes Licht, und Alles, was von Ihm uns sagt und singt, zu Ihm uns winkt und weis´t, das mutet uns an so lieb und hold und traut wie Heimatsklang und Himmelston, wie Grüße aus dem lieben Vaterhaus ans in der Fremde weilende Kind!

So erging es schon vor 26 Jahren der Sängerin dieser schlichten Lieder! Damals noch Protestantin in erster Jugend stehend, und in den lieblichsten irdischen Verhältnissen lebend, die ein Menschenkind sich nur immer wünschen und träumen mag, - war dennoch eine Lücke und Leere, ein Sehnen und Hungern zutiefst im jungen Herzen drinnen, das durch Nichts zu stillen oder bannen ließ, obschon es eigentlich selbst noch nicht verstand, wonach denn es gar so heiß sich sehne!

Aber als ich - mit noch nicht 16 Jahren - zum ersten Mal eine katholische Kirche betrat, zum ersten Mal dem Schimmer des ewigen Lichtes mich nahte, und das geheimnisvolle Wehen vom Altare verspürte, da wurde es mir - ohne jedes Zutun von menschlicher Seite durch Wort oder Schrift - plötzlich klar, nach was denn eigentlich die Seele mit so brennender Sehnsucht hungerte und dürstete, wie der Hirsch nach frischem Wasser (Psalm 41,2), was bisher ihr - trotz des reichsten irdischen Glückes - so schmerzlich gefehlt hatte: die persönliche Nähe, die leibhafte Gegenwart eines lebendigen Gottes, von der, ach! die armen Protestanten nichts wissen und nichts wissen wollen! -

Von jener einzigen Stunde in katholischer Kirche an blieb mein Herz wie an den Altar gekettet, und ohne weitere Gelegenheit, Eingehendes über das allerheiligste Altarsakrament zu hören oder zu lesen, war doch - durch Gottes wunderbare und geheimnisvolle Gnadenwirkung in der Seele - mein Glaube an dasselbe so klar und fest, meine Liebe zu demselben so heiß und groß, wie wenn ich schon damals ein Kind der Kirche, ja, eine geborene Katholikin gewesen wäre!

Wohl mussten von diesem meinem ersten Eintritt in eine katholische Kirche bis zu meinem endlichen Übertritt noch volle 9 Jahre vergehen, denn nach den damaligen Landesgesetzen glaubte man, diesen Übertritt bis zur erlangten Volljährigkeit (einem Alter von 25 Jahren!) auf jede Weise verhindern zu können und zu sollen!

Aber mein Herz schlug während dieser 9 Jahre in ausschließlich protestantischer Atmosphäre nicht anders als katholisch, und der Feder entflossen in dieser Zeit schon jene Lieder im "Ewigen Licht", denen wohl kein Leser es angemerkt hat, dass eine protestantische Pastorentochter sie gedichtet: "Misericordia Domini", "Das rechte Licht", "Das ist es", "Venite adoremus", "Bis an den Berg Gottes", "Sanctus", "Ich weiß", "Wo ist die Heimat", "Meine Liebe", "Christkindlein in der Hostie", "Das Suchen der Braut", "Deus meus et omnia", - und noch einige andere. -

Ohne weder Gelegenheit, noch auch Bedürfnis zu haben, jede einzelne Lehre der katholischen Kirche eingehend zu studieren, zu prüfen, mit dem Verstand zu erwägen, und sie den Lehrsätzen des Luthertums vergleichend gegenüber zu stellen, - ohne jegliches Grübeln und Zweifeln, Fragen und Forschen stand es in meinem Herzen als unumstößliche Gewissheit fest, dass die Kirche, welche vor allen anderen Kirchen den lebendigen Gottmenschen im Tabernakel, welche den Glauben an das hochheilige Sakrament des Altars habe, - auch in all ihren noch übrigen Glaubenslehren Recht haben müsse, und schon deshalb die allein wahre sei, weil sie allein dem Menschenherzen das wahre Glück für Zeit und Ewigkeit zu bieten habe in der persönlichen, wesentlichen Vereinigung mit dem Gott der Eucharistie!

Auf diese Weise, - gezogen von den Liebesseilen des im Tabernakel verborgenen Gottes, - wurde aus der strang protestantisch erzogenen Mecklenburger Pastorentochter - im Sommer des Jahres 1870 ein glückliches Kind der katholischen Kirche, und im Winter 1871 eine noch glücklichere Teilhaberin eines und desselben Daches mit diesem Gott, indem mir - durch Seine unbegreiflich liebevolle Gnadenführung - das ebenso seltene (für in der Welt lebende Personen) wie selige Los zu Teil wurde, nahezu 5 Jahre auf dem alten Freundsberg ein Kämmerlein zu bewohnen, dessen Chorfenster grade auf den Tabernakel des liebfreundlichen Wallfahrtskirchleins zu den 14 Nothelfern hernieder ging, und somit mir eine Einsicht und Aussicht bot, gegen die selbst die wunderbare Schönheit des zu meinen Füßen ruhenden Inntales für ein so glühendes Naturkind - wie ich´s von klein auf war, und heut noch bin - in Schatten sinken musste vor dem geheimnisvoll flimmernden Licht am Throne des "Schönsten unter den Menschenkindern!" (Ps. 44,3)

Da droben nun auf dem Freundsberg - umweht von den Himmelslüften des Tabernakels, Tag und Nacht trinken dürfend aus dem unerschöpflichen Gottesborn der Eucharistie - sind - ausser den schon genannten aus protestantischer Zeit her - die weiteren Lieder des "Ewigen Lichtes" mehr gebetet, als geschrieben, mehr aus dem Grund einer glücküberströmenden Seele herausgejubelt, als mühsam, kunstgerecht und formstreng zusammengedichtet worden.

Ans Tageslicht aber, an die Aussenwelt, wäre kein einziges dieser Lieder wohl jemals getreten, noch weniger zu einem Ganzen gesammelt und geflochten worden, denn was in Liebesdrang ich fühlte, schrieb und sang, das hätte ich ausschließlich für Gott und mich allein behalten mögen nach meinem Lieblingswort: "Secretum meum mihi!" - wenn nicht der Gehorsam es ganz anders bestimmt hätte.

Und das kam so: Nächst der Gnade des katholischen Glaubens, die Gott mir - mitten in einem erzprotestantischen Ländchen - in so unbegreiflicher Weise zu Teil werden ließ, muss ich zeitlebens als zweitgrößte Gottesgnade voll Dank und Demut es preisen, dass ich kaum ein Jahr nach meinem Übertritt ins liebe Land Tirol, zuerst nach Eben, dann nach Schwaz kam, und in letzterem Ort unter die Seelenleitung eines der seltensten, gediegensten Ordensmänner unserer Zeit, des damals in Schwaz lebenden Franziskanern Pater Arsenius Niedrist, dessen Name ebenso sehr durch seine gründliche Tüchtigkeit in jeder Hinsicht nicht nur in unserem lieben Land Tirol, sondern weit über seine Grenzen hinaus rühmlich bekannt war, und von Alt und Jung, Reich und Arm voll Ehrfurcht und Bewunderung genannt wurde, wie er heut mit namenlos tiefer Wehmut, wenn auch stets gleich dankbarer, liebender Erinnerung genannt wird, denn ach! seit dem 29. Juni 1886 gehört dieser Allen so teure Name nicht mehr der Erde an, und auf dem Friedhof unserer Landeshauptstadt hat sich die stille Gruft der Franziskaner über den irdischen Überresten eines Mannes geschlossen, dessen Gedächtnis unter Allen, die ihn gekannt, fortlebt und fortleben wird in Segen und Verehrung!

Dieser nun werde mein Beichtvater, fast am ersten Tage schon wo ich nach Schwaz kam, und was ich ihm von jenem Tage an zu danken hatte, das weiß Gott allein, - Worte reichen nicht hin, es zu sagen, auch wenn ich davon sagen wollte!

Ein kurzes Jahr lang nur war mir das Glück seiner persönlichen Seelenleitung beschieden, da wurde er zum Provinzial gewählt, und musste als solcher das Franziskanerkloster in Schwaz mit dem in Innsbruck vertauschen.

Aber was ich in diesem einen Jahr aus seinen Worten - im Beichtstuhl wie von der Kanzel - erworben und gewonnen, das war reich und tief und groß genug, um lebenslang davon zu zehren!

Noch nie ist mir ein größerer Verehrer des allerheiligsten Sakramentes begegnet, als er es war; davon zeugten nicht nur seine gottbegeisterten Worte, davon sprach noch lauter und ergreifender sein ganzes Wesen, seine unvergleichliche, an die Legenden der Heiligen erinnernde Andacht, Sammlung und Würde bei Darbringung des heiligen Opfers, kurz, jede Gelegenheit, wo er es mit dem hochwürdigsten Gute zu tun hatte! Was Wunder, wenn er so auch bei all seinen Beichtkindern die Andacht zu diesem hochheiligen Sakrament mehr und mehr zu entflammen, zu befestigen und zu verklären verstand!

Ehe er im Sommer 1872 von Schwaz schied, war es sein letzter Gehorsamsbefehl an mich, Etwas über das allerheiligste Sakrament zu schreiben, ob in Prosa oder in Poesie, das bleibe mir überlassen, aber in jedem Falle erwarte er recht bald eine Arbeit über diesen Gegenstand aus meiner Feder!

Diese Arbeit konnte mir nicht schwer fallen; schon waren Sakramentslieder vorhanden, und neue flüsterte in stiller Morgen- oder später Abendstunde das liebe ewige Licht im Freundsberger Nothelferkirchlein mir zu; - ich durfte nur im lauschenden Herzen sie nachklingen und nachsingen lassen, und dann zu Papier sie bringen. So reihten sich denn, - auf des geschiedenen Beichtvaters Befehl - die Laute und Lieder zu einem Ganzen, und was anders konnte ihr Titel sein, als:

"Was das ewige Licht erzählt!"

Zum Lichtmesstage 1873 - meinem Lieblingsfest damals schon, wie heut noch, - konnte ich dem hochwürdigen Provinzial das Büchlein nach Innsbruck schicken, und seine Freude über dasselbe erfüllte mich mit tiefem Dank gegen Gott, dass es mir vergönnt gewesen, ihm, dem meine Seele so viel verdankte, einen Wunsch erfüllt, eine Genugtuung bereitet zu haben! 

Mehr denn ein Jahr verging darüber, und mir fiel es natürlich niemals ein, den hochwürdigen Pater auch nur einmal zu fragen, wozu er denn das Büchlein gewünscht, oder was er mit demselben getan?

Da überraschte er mich im Jahre 1874 plötzlich mit einem gedruckten Exemplar desselben, und so war das "Ewige Licht" zum ersten Mal in die Aussenwelt getreten, sich gleich nach diesem ersten Erscheinen verschiedener sehr freundlicher und liebevoller Recensionen erfreuend.

Doch lang bevor es in Druck erschien, arbeitete ich - auf Befehl dessen, der zwar nicht mehr mein Beichtvater, wohl aber bis zu seinem Tode mein Seelenvater und Führer war und blieb - an einem neuen Sakramentsbuch, an "Krippe und Altar", welches ich am 2. Dezember 1873 begann, und am 7. Februar 1874 den letzten Federstrich daran tat, während ich zwei Jahre später, am 8. Februar 1876 den "Weg nach Golgatha" begann, der schon im nächsten Monat am 13. März vollendet war.

Sowie ich ein Heft dieser Manuscripte fertig geschrieben hatte, wanderte es alsbald nach Innsbruck in die Hände des hochwürdigen Pater Arsenius zur Durchsicht und Recension. Und dieser - ein geborenes Schriftstellertalent, voll des klarsten Scharfblicks, des feinsten Geschmackes und des richtigsten Urteiles, - machte schriftlich alsbald mich aufmerksam auf verschiedentliche Mängel, riet Verbesserung an, recensierte und kritisierte, lobte und ermutigte wohl auch, und nahm den eingehendsten, väterlichsten Anteil an jeder neuen Arbeit, welche der Feder seiner geistlichen Tochter entsproß, die hinwieder nur er - kraft des Gehorsams - in stetem Fluß erhielt, denn mir selbst war das Dichten und Schreiben für Andere, für die Aussenwelt, eher fast peinlich, als Bedürfnis und Herzenssache, umsomehr, da es von jeher mein Grundsatz war, einem weiblichen Wesen zieme weit mehr stillste Zurückgezogenheit und tiefste Verborgenheit, als irgend welches Hervortreten ans Tageslicht der Öffentlichkeit!

Noch einige Wochen vor seinem Tode las der hochwürdige Pater Arsenius mit warmen Interesse meine neue, nun bereits in Druck erschienene Dorfgeschichte "Ein Stück Volksleben aus den Tirolerbergen", und selbst da - so leidend er auch schon war, - gab er noch wertvollen Rat zu kleinen Veränderungen hie und da in Wort und Ausdrucksweise.

An der dritten Auflage des Ewigen Lichtes hat Pater Arsenius noch herzlich sich gefreut, - die vierte sollte er nicht mehr erleben.

Mir aber, die vielleicht mehr Dank ihm schuldet, als jede andere Seele, - mir war es Herzenssache, dass nun, wo er heimgegangen, alle lieben Leser des Ewigen Lichtes nah und fern es wissen möchten, wem eigentlich sie das Büchlein ihrer allgemeinen Vorliebe verdanken, wer es ans Licht gerufen!

Dann darf ich hoffen, dass sie beim Lesen nicht nur der Seele der armseligen Schreiberin hie und da das Almosen ihrer frommen Fürbitte schenken mögen - um was ich Alle wohl recht von Herzen bitte! - sondern dass sie voll Liebe und Ehrfurcht jener Priesterseele gedenken, die hienieden aus wahrhaft leuchtendes Licht Allen, die ihr nahe kamen, das schönste Beispiel der Gottes- und Nächstenliebe gegeben, als leuchtendes Licht im Heiligtum des Klosters gebrannt, und im Dienst des Altares sich verzehrt hat. 

Und wenn sie so sich seiner beim Lesen dieser Lieder erinnern, dann mögen doch alle Freunde des Büchleins - mit mir vereint - dem nun Verklärten als stillen Gruß es in die Ewigkeit nachschicken, was jedesmal am Pfingstfest - gleich nach der Epistel - der Priester am Altare betet im "Veni sancte spiritus": "Da virtutis meritum, da salutis exitum, da perenne gaudium!"

"Gib der Tugend - Verdienst! gib des Heiles - Ausgang! gib unvergängliche Freude!" Ja - Amen, Alleluja!

 


Ich bin´s, der schon vor allen Ewigkeiten
Im Herzen trug der Welterschaffung Plan.
Ich bin´s, der Euch die Erde wollt´ bereiten,
Der Sonne, Mond und Sternen wies die Bahn,
Ich bin´s, der - nach dem Fall - in künft´gen Zeiten
Euch Sündern die Erlösung kund getan,
Der Euch schon dort auf jenes Weib hieß blicken,
Durch das der Welt Ich Hilf´ und Heil wollt´ schicken!
 
Ich bin´s, der - als der Zeiten Füll´ gekommen, -
Vom Himmel stieg in dieses Weibes Schoß,
Ich bin´s, - das Wort, das Fleisch hat angenommen,
Um - Mensch wie Ihr, - zu lindern Euer Los!
Ich bin´s, für den in heißer Lieb´ erglommen
Der Hirten Schar, die Weisen reich und groß,
Da arm und bloß im Kripplein Ich gelegen,
Der Engel Lust, der Erde Weihnachtssegen!
 
Ich bin´s, der Alle an Mein Herz wollt´ heben,
Der Blinde, Lahme, Taube mild geheilt,
Der Kranken Kraft, den Toten neues Leben,
Betrübten Trost, Verzagten Mut erteilt,
Der gnadenvoll der Sünder Schuld vergeben,
Zu dem so froh der Kinder Schar geeilt;
Ich bin´s, der einst durchzog Judäas Auen,
Um wohlzutun, des Vaters Reich zu bauen!
 
Ich bin´s, den man zum Lohn für solche Liebe
Verklagt, verdammt, mit Hass und Hohn bedeckt,
Den man zerfleischt durch scharfe Geißelhiebe,
Gekrönt, entblößt, aufs Holz der Schmach gestreckt,
Mit Nägeln dort - dass Nichts erspart Mir bliebe! -
Das Fleisch durchbohrt, die Glieder ausgereckt, -
Ich bin´s, der für der Sünder Heil und Leben
Den letzten Tropfen Blut´s  dahin gegeben!
 
Ich bin´s, der nicht verblieb in Grabes Banden,
Der nur dort schlief, Euch Tod und Grab zu weih´n,
Der glorreich dann vom Tode auferstanden
Am dritten Tag im Ostermorgenschein!
Ich bin´s, - der Leu aus Judas Stamm und Landen,
Der da gesiegt, dem Ruhm und Preis allein!
Ich bin´s, der Auferstehung, Licht und Leben
Am Schluß der Zeit will all´ den Meinen geben!
 
Ich bin´s, der dann zum Vater heim gegangen,
Bei dem auch Euch Ich Wohnung hab´ bestellt,
Ich bin´s, durch den die Jünger all´ empfangen
Den Tröster wert, den Geist vom Himmelszelt.
Ich bin´s - damit die Völker Heil erlangen,
Der sie gesandt hinaus in alle Welt,
Um Groß und Klein das Wort vom Kreuz zu künden,
Und überall Mein göttlich Reich zu gründen!
 
Ich bin´s, der, - ob im Himmel jetzt auch thronend -
Doch immer noch auf dieser Welt Ich weil´,
Im Sakrament mit Gott- und Menschheit wohnend,
Wo Lieb und Leid mit Meinem Volk Ich teil,
Der Frommen Herz mit reichster Huld belohnend,
Der Kirche Schatz, der Erde Hort und Heil,
Ich bin´s, den schon Prophetenwort bekannte,
Und staunend den "verborg´nen Gott" Mich nannte!
 
Ich bin´s, der im Altare sich verschlossen
Mit Fleisch und Blut, mit Leib und Geist zugleich,
Ich bin´s, der - wenn auch Tausend Mich genossen, -
Doch unzerteilt für alle Welt noch reich´!
Ich bin´s, der - ganz von Licht und Lieb´ umflossen -
Für Alle trägt ein Herz so warm und weich,
Dass Ich der Wunder größtes mußt´ erdenken,
Als Himmelsbrot der Erde Mich zu schenken!
 
Ich bin´s, der nicht verwais´t Euch wollte lassen,
Der bei Euch bleibt bis zu der Zeiten Schluß,
Ich bin´s, der sehnlich wünscht, Euch zu umfassen
Im Abendmahl mit heißem Liebeskuss!
Ich bin´s, der - trotz Verräters Hohn und Hassen, -
Sich Jedem schenkt zu täglichem Genuss!
Ich bin´s, so wahr, so wesenhaft zugegen,
Dass Alles zehrt von Meines Daseins Segen!
 
Ich bin´s. Ich selbst! - kein Schein, kein bloß´ Bedeuten,
Kein frommer Wahn, kein Spiel der Phantasie,
Kein Schatten nur, kein Bild vergang´ner Zeiten,
Kein leerer Traum, der sich verwirklicht nie!
Ich bin´s, Ich selbst! - der Gott der Ewigkeiten,
Der Jungfrau Sohn, - o sinkt auf Euer Knie
Und betet an mit allen Engelheeren,
Die staunend Mich im Sakrament verehren!
 
"Ich bin´s, Ich selbst!" - Auf dies Mein Wort, das hehre,
Sollt leben Ihr mit heil´gem Glaubensmut!
Dafür - und wenn´s  in tausend Qualen wäre!! -
Dürft sterben Ihr in heißer Liebesglut!
Dies Wort allein gibt in des Lebens Schwere
Euch stete Kraft, zu kämpfen bis auf´s Blut!
Mit diesem Wort im Herzen und im Munde
Bleibt Sieger Ihr, - ging auch die Welt zu Grunde!
 
"Ich bin´s, Ich selbst!" - O lasst es nie Euch rauben
Dies hehre Wort, das ew´ge Wahrheit ist,
Und lebt und sterbt im einzig wahren Glauben
Als Kind des Heil´s, als hochbeglückter Christ!
Dann sprech´ Ich einst: "Fliegt auf, Ihr Meine Tauben,
Der Lenz ist da! vorbei des Winters Frist!
"Ich bin´s Ich selbst!" den nun auf Frühlingsauen
Ihr unverhüllt im ew´gen Licht dürft schauen!"
(Cordula Peregrina, 1872)





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