In seiner Enzyklika zum 50jährigen Jubiläum der Verkündigung des Dogmas von der Immaculata (Ad diem illum, 1904) wendet sich Papst Pius X. gegen die damaligen Versuche der Modernisten, die Marienverehrung abzuwerten: "Diese armseligen und unglücklichen Menschen, sie geben vor, Maria zu vernachlässigen, um Christus die Ehre zu geben. Sie wissen jedoch nicht, dass man das Kind nicht finden kann ausser bei Maria, seiner Mutter". Dieser eucharistische und marianische Papst zeichnet ein leuchtendes Bild Mariens in ihrer unlösbaren Verbindung mit Christus und dem Heilsplan Gottes. Er betont: "Die Lebens- und Aufgabengemeinschaft zwischen Mutter und Sohn ist niemals gelöst worden." Gerade duch ihr Stehen unter dem Kreuz und ihr bewusstes Mitopfern ist dies sichtbar geworden. Auf Grund dieser Leidens- und Willensgemeinschaft mit Jesus "verdiente sie, dass sie ganz geziemt die Wiederherstellerin der verlorenen Welt wurde und daher die Ausspenderin aller Gnaden insgesamt, die uns Jesus durch seinen Opfertod und sein Blut erworben hat."
Die rechte Zuordnung dieser Gnadenvermittlung spricht der Papst im folgenden aus: "Weil Maria alle an Heiligkeit und Christusverbundenheit überragt und von Christus hinzugezogen wurde zum Werk der Erlösung der Menschen, darum verdient sie uns aus Billigkeit, wie man sagt, was Christus aus Gerechtigkeit verdient hat. Das Wort von Christus, "dem einen Mittler zwischen Gott und den Menschen" (1 Tim 2,5) wird nicht übersehen, denn Mariens Mittlerschaft steht nie auf der gleichen Ebene, sondern gilt nur in Abhängigkeit von Christus und in Hinordnung auf Ihn. Maria ist Mutter des ganzen Christus, des historischen und des mystischen. Der mystische Leib Christi ist die Kirche, wie Paulus betont (vgl. Papst Pius XII. in seiner großen Enzyklika über die Kirche "Mystici Corporis", 1941). Darum folgert der Papst: "Wir sind aus dem Schoße Mariens hervorgegangen, gleichsam als der Leib, der an dem Haupte haftet. Darum heißen wir - in geistlicher und mystischer Weise freilich - Kinder Mariens, und sie ist unser aller Mutter, Mutter zwar dem Geiste nach, aber ganz und gar Mutter der Glieder Christi, die wir sind." Die pastorale Zielsetzung seines Schreibens drückt Papst Pius X. klar und eindeutig aus: "Für wen ist es nicht eine ausgemachte Sache: Kein Weg ist leichter und sicherer, alle Menschen an Christus zu binden und durch Ihn die vollkommene Kindschaft zu erlangen, damit wir heilig und makellos seien in den Augen Gottes, als der Weg durch Maria."
"Tu gloria Jerusalem, tu laetitia Israel, tu honorificentia populi nostri; du bist der Ruhm Jerusalems, du die Freude Israels, du die Ehre unseres Volkes", so jubelten einst die Juden ihrer Retterin Judith zu, die ihr Volk aus größter Not befreit hatte. Diese Worte wendet die Kirche in ihrer Liturgie auf Maria an, und das Gottesvolk des neuen Bundes ruft zu ihr in der Bedrängnis unserer Zeit. Doch viele Verantwortliche suchen heute wie jene Ältesten in der Stadt Bethulia nach rein menschlichen Mitteln und Auswegen aus der schwierigen Lage und wollen nicht wahrhaben, dass Gott die Rettung der Kirche und die Erneuerung der Welt in die Hände Mariens gelegt hat.
Darum gilt für alle Marienverehrer das Wort: Dignare me laudare, te Virgo sacrata, da mihi virtutem contra hostes tuos; würdige mich, dich zu loben, heilige Jungfrau, gib mir Stärke wider deine Feinde! Es ist dies das Anliegen all derer, welche die Bedeutung einer tiefen Marienverehrung für die Überwindung der modernen Irrlehren und die Formung eines neuen Menschen- und eines neuen Gemeinschaftbildes erkannt haben. Der Verherrlichung der jungfräulichen Gottesmutter Maria zu dienen und für die Anerkennung ihrer Stellung im Heilsplan und ihre Sendung in der Gegenwart nach Kräften einzutreten, damit die Menschen durch sie zu einer lebendigen Christuserkenntnis gelangen.
Papst Johannes Paul II. betont in seinem ersten großen Hirtenbrief Redemptor hominis: "Niemand kann uns besser in die göttliche und menschliche Dimension des Geheimnisses Christi und der Erlösung einführen als Maria. Niemand ist wie Maria von Gott selbst in dieses Geheimnis eingeführt worden."
Es gibt viele Wege, Maria kennen und lieben zu lernen, aber einer der besten ist gewiß das betrachtende Lesen das einzigartigen Werkes der spanischen Äbtissin Maria von Agreda: Die Mystische Stadt Gottes. Damit die Leser es richtig verstehen, braucht es zuerst das Gebet, besonders zum Heiligen Geist. Denn Er wird die Schönheit seiner Braut, die Herrlichkeiten Mariens, nur den demütigen, ehrfürchtigen und liebenden Seelen offenbaren.

Die Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis Mariens leitete eine neue Entwicklung ein. Theologen und Bischöfe suchten es immer mehr in Zusammenhang mit den anderen Mariendogmen zu verstehen. Dabei hat besonders Professor Matthias Scheeben von Köln durch seine spekulative Schau auf die Grundwahrheit, den Personalcharakter Mariens, hingewiesen, den er als "bräutliche Gottesmutterschaft" bezeichnete. Papst Pius X. wandte sich in seiner berühmten Enzyklika Ad diem illum (1904) gegen die Versuche der Modernisten, die Marienverehrung abzuwerten. Er zeichnete ein leuchtendes Bild der unlösbaren Verbindung zwischen Christus und Maria im Heilsplan Gottes, wenn er schreibt: "Die Lebens- und Aufgabengemeinschaft zwischen Mutter und Sohn ist niemals gelöst worden." "Für wen ist es nicht eine ausgemachte Sache, dass kein Weg leichter und sicherer ist, alle Menschen an Christus zu binden und durch ihn die vollkommene Kindschaft zu erlangen, damit wir heilig und makellos seien in den Augen Gottes, als der Weg durch Maria." Sie, die Teilhaberin seiner Pläne und verborgenen Ratschlüsse, lebte das Leben ihres Sohnes. Neimand hat so tiefgreifend Christus erkannt wie sie; daher ist niemand so geeignet wie sie als Führerin und Lehrerin zur Christuserkenntnis, ja, wir erlangen durch sie nicht nur eine rationale, sondern eine "vitale Christuserkenntnis (vitalis Christi notitia)."
Den Höhepunkt in unserem Jahrhundert bildet ohne Zweifel die Verkündigung des Dogmas von der Aufnahme Mariens in den Himmel am 1. November 1950. Als die Völker durch den Krieg furchtbar heimgesucht worden waren, als der Tod Millionen hinweggerafft hatte, als das Menschenbild und die Menschenwürde in ungezählten entehrt und geschändet worden war, da zeigte Papst Pius XII. durch dieses Dogma der Welt das Bild des in Gott vollendeten Menschen. Er gab damit Antwort auf die brennende Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem Wert des Menschenleibes, der im Krieg in so vielen Opfern zertreten und vernichtet wurde, auf die Frage nach den letzten Dingen des Menschen auf der Welt. Die Assumpta ist die Antwort Gottes und zugleich die Verheißung unserer Auferstehung und künftigen Vollendung als ganze Menschen mit Leib und Seele in der Herrlichkeit Gottes. Das II. Vatikanische Konzil hat am 21. November 1961 die dogmatische Konstitution über die Kirche beschlossen, die ihren Abschluß und ihre Krönung im 8. Kapitel findet, das den Titel trägt: "Die selige, jungfräuliche Gottesmutter Maria im Geheimnis Christi und der Kirche." Es wird dain in einzigartig schöner Weise biblisch fundiert die Aufgabe der seligen Jungfrau Maria im Heilswerk dargelegt. "Sie war im Hinblick auf die Verdienste ihres Sohnes auf erhabener Weise erlöst und mit ihm in enger, unauflöslicher Verbindung geeint..., sie ist Mutter der Glieder Christi,...denn sie hat in Liebe mitgewirkt, dass die Gläubigen in der Kirche geboren werden. Sie wird als überragendes und völlig einzigartiges Glied der Kirche wie auch als ihr Typus und klarstes Urbild im Glauben und in der Liebe gegrüßt, und die katholische Kirche verehrt sie, vom Heiligen Geist belehrt, in kindlicher Liebe als geliebte Mutter."

Die Aufgabe der seligen Jungfrau im Heilswerk. Maria ragt hervor unter den Demütigen und den Armen des Herrn. Die Heiligen Schriften des Alten und Neuen Testamentes und die verehrungswürdige Überlieferung zeigen die Aufgabe der Mutter des Erlösers in der Heilsökonomie (der Ordnung des Heilswerkes) immer klarer auf und legen sie anschaulich vor. Und zwar beschreiben die Bücher des Alten Testamentes die Heilsgeschichte, durch die langsamen Schrittes das Kommen Christi in die Welt vorbereitet wird. Diese ersten Dokumente bieten, so wie sie in der Kirche vorgelesen und im Licht der weiteren und vollen Offenbarung verstanden werden, Schritt für Schritt deutlicher die Gestalt der Frau dar, der Mutter des Erlösers. In diesem Licht ist sie so bereits, prophetisch und schattenhaft, angedeutet in der Verheißung des Sieges über die Schlange, welche Verheißung den in die Sünde gefallenen Stammeltern gegeben wurde. (Gen 3, 15). Desgleichen ist sie die Jungfrau, die empfangen und einen Sohn gebären wird, dessen Name "Emmanuel" (=Gott mit uns) heißen soll (Jes 7, 14 mit Mich 5, 2-3; Mt 1, 22-23). Sie ragt unter den Demütigen und Armen des Herrn hervor, die das Heil voll Vertrauen von Ihm erwarten und erhalten. Mit ihr als der erhabenen Tochter Sion ist schließlich, nach langem Warten auf die (Erfüllung der) Verheißung, die Zeit erfüllt und der Beginn der neuen Heilsordnung gesetzt, als der Sohn Gottes aus ihr die Menschennatur annahm, um durch die Mysterien seines Fleisches den Menschen von der Sünde zu befreien.
Der Vater der Erbarmungen wollte aber, dass dieser Menschwerdung die Annahme durch die vorausbestimmte Mutter vorausgehe, so dass so wie eine Frau zum Tode beigetragen hat, auch eine Frau zum Leben beitrüge. Das gilt in erhabenster Weise von der Mutter Jesu, die das Leben selbst, das alles neu erstehen läßt, der Welt geboren hat und von Gott mit Gaben ausgestattet ist, die einer so erhabenen Aufgabe würdig sind.

In der Geschichte der Entfaltung und Zusammenfassung der kirchlichen Lehre über Maria darf einer der führenden Dogmatiker des letzten Jahrhunderts nicht vergessen werden, Matthias Scheeben (1835-1888), Theologie-Professor in Köln. Er wurde in Deutschland ein Wegbereiter der Neu-Scholastik und begründete eine zeitgemäße Dogmatik, die auf der Heiligen Schrift, den Kirchenvätern und den großen Scholastikern des Mittelalters, besonders Thomas von Aquin, aufbaute. Nicht nur in der Theologie, sondern auch im religiösen Leben wurden seine Werke fruchtbar, hauptsächlich seine Bücher "Die Mysterien des Christentums" und "Die Herrlichkeiten der göttlichen Gnade". Scheeben zählt mit Recht zu den großen Mariologen. Denn seine Mariologie ist von seinem charakteristischen theologischen Denken durchdrungen. Dies ist vor allem sein fester Aufbau auf dem Boden der Heiligen Schrift undseine tiefe spekulative Durchdringung und Zusammenschau der Glaubenswahrheiten. Seine Marienlehre ist ein architektonischer Bau, aus einer Zentralidee aufgeführt. Ihm schwebte das Bild einer bräutlichen Gottesmutter vor, einer Gottesgebärerin, die zugleich Mutter, Abbild und Gehilfin des Gottmenschen sein sollte. Scheeben bezeichnete dies gern als den "Personalcharakter" Mariens, diese bräutliche Gottesmutterschaft.

Wenn ich zu Beginn des neuen Pontifikates meine Gedanken und mein Herz auf den Erlöser der Welt richte, so möchte ich mich auf diese Weise in den tiefsten Rhythmus des Lebens der Kirche einordnen und darin eindringen. Wenn nämlich die Kirche ihr eigenes Leben vollzieht, dann geschieht das, weil sie es aus Christus schöpft, der immer nur das eine will, dass wir das Leben haben und es im Überfluß haben. Die Fülle des Lebens, die in ihm ist, ist für den Menschen bestimmt. Deshalb wird die Kirche, wenn sie sich dem ganzen Reichtum des Geheimnisses der Erlösung öffnet, eine Kirche von lebbendigen Menschen; lebendig, weil sie durch das Werk des "Geistes der Wahrheit" von innen belebt und von der Liebe heimgesucht sind, die der Heilige Geist in unsere Herzen eingießt. Das Ziel eines jeden Dienstes in der Kirche, sei er apostolischer, pastoraler, priesterlicher oder bischöflicher Natur, ist es, diese dynamische Verbindung zwischen dem Geheimnis der Erlösung und jedem Menschen aufrechtzuerhalten.
Wenn wir uns dieser Aufgabe bewußt sind, verstehen wir wohl auch besser, was es heißt, zu sagen, dass die Kirche Mutter ist, und auch, was es heißt, dass die Kirche immer und besonders in unserer Zeit das Bedürfnis nach einer Mutter hat. Einen besonderen Dank schulden wir den Vätern des II. Vatikanischen Konzils, die diese Wahrheit in der Konstitution Lumen Gentium durch die dort enthaltene ausführliche mariologische Lehre entfaltet haben. Da Paul VI., von dieser Lehre inspiriert, die Mutter Christi zur "Mutter der Kirche" proklamiert und diese Bezeichnung eine breite Resonanz gefunden hat, sei es auch seinem unwürdigen Nachfolger erlaubt, sich am Ende der vorliegenden Überlegungen, die sich zur Eröffnung seines päpstlichen Dienstes nahegelegt haben, an Maria als Mutter der Kirche zu wenden. Maria ist die Mutter der Kirche, weil sie kraft unaussprechlicher Erwählung durch den ewigen Vater selbst und durch das besondere Wirken des Geistes der Liebe das menschliche Leben dem Sohn Gottes gegeben hat, "für den und durch den das All ist" und von dem das ganze Volk Gottes die Gnade und Würde seiner Erwählung empfängt. Der eigene Sohn wollte die Mutterschaft seiner Mutter ausdrücklich in einer für jeden Geist und jedes Herz leicht verständlichen Weise ausweiten, indem er ihr von der Höhe des Kreuzes herab seinen Lieblingsjünger als Sohn anvertraute. Der Heilige Geist gab ihr ein, dass auch sie nach der Himmelfahrt unseres Herrn zusammen mit den Aposteln im Abendmahlssaal in Gebet und Erwartung verharre bis zum Pfingsttag, an dem die Kirche sichtbar geboren werden sollte, indem sie aus dem Dunkel hervortrat. In der Folgezeit nahmen alle Generationen von Jüngern und Gläubigen, die Christus lieben - so wie der Apostel Johannes -, diese Mutter geistigerweise in ihr Haus auf, so dass sie von Anfang an, seit dem Augenblick der Verkündigung, in die Heilsgeschichte und in die Sendung der Kirche eingefügt ist. Wir alle also, die wir die heutige Generation der Jünger Christi bilden, wollen uns in besonderer Weise ihr anschließen. Wir tun dies in der völligen Treue zur alten Tradition und gleichzeitig mit liebevollem Respekt vor den Mirgliedern aller christlichen Gemeinschaften.
Wir wissen uns dazu veranlaßt von dem tiefen Bedürfnis des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Wenn wir nämlich in dieser schwierigen und verantwortungsschweren Phase der Geschichte der Kirche und der Menschheit ein besonderes Verlangen verspüren, uns an Christus zu wenden, der Herr seiner Kirche und kraft des Geheimnisses der Erlösung auch Herr der Geschichte des Menschen ist, so glauben wir, dass niemand uns besser in die göttliche und menschliche Dimension dieses Geheimnisses einführen kann als Maria. Niemand ist wie Maria von Gott selbst in dieses Geheimnis eingeführt worden. Darin besteht der Ausnahmecharakter der Gnade der göttlichen Mutterschaft. Nicht nur die Würde dieser Mutterschaft ist in der Geschichte des Menschengeschlechtes einzigartig und unwiederholbar; einzigartig an Tiefe und Wirkung ist auch die Teilnahme Mariens aufgrund dieser Mutterschaft im göttlichen Heilsplan für den Menschen durch das Geheimnis der Erlösung.
Dieses Geheimnis hat sich sozusagen unter dem Herzen der Jungfrau von Nazareth gebildet, als sie ihr "Fiat" gesorochen hat. Von jenem Augenblick an folgt dieses jungfräuliche und zugleich mütterliche Herz unter dem besonderen Wirken des Heiligen Geistes immer dem Werk des Sohnes und nähert sich allen, die Christus in seine Arme geschlossen hat und noch ständig in seiner unerschöpflichen Liebe umarmt. Deswegen muß dieses Herz auch als Herz einer Mutter unerschöpflich sein. Das Wesen dieser mütterlichen Liebe, die die Mutter Gottes in das Geheimnis der Erlösung und in das Leben der Kirche einbringt, findet seinen Ausdruck in ihrer besonderen Nähe zum Menschen in allen wechelvollen Ereignissen seines Lebens. Darin besteht das Geheimnis der Mutter. Die Kirche, die auf sie mit einer ganz besonderen Liebe und Hoffnung schaut, möchte sich dieses Geheimnis immer tiefer aneignen. Gerade hier erkennt die Kirche wieder den Weg ihres täglichen Lebens, den ja jeder Mensch für sie bedeutet.
Die ewige Liebe des Vaters, die sich in der Geschichte der Menschheit durch den Sohn geoffenbart hat, den der Vater dahingab, "damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat", diese Liebe nähert sich einem jeden von uns durch diese Mutter und wird so für jeden Menschen verständlicher und leichter zugänglich. Darum muß Maria auf allen Wegen des täglichen Lebens der Kirche gegenwärtig sein. Durch die Anwesenheit ihrer Mutter gewinnt die Kirche Gewissheit, dass sie wirklich das Leben ihres Meisters und Herrn lebt, dass sie das Geheimnis der Erlösung in all ihrer belebenden Tiefe und Fülle vollzieht. Die Kirche, die ihre Wurzeln in zahlreichen und verschiedenartigen Lebenbereichen der ganzen heutigen Menschheit hat, gewinnt dabei auch die Gewissheit und, so könnte man sagen, die Erfahrung, dass sie dem Menschen nahe ist, jedem einzelnen, dass es seine Kirche ist: die Kirche des Volkes Gottes.
Vor solchen Aufgaben, die sich entlang der Wege der Kirche ergeben und die Papst Paul VI. uns in der ersten Enzyklika seines Pontifikates klar aufgezeigt hat, die wir uns der absoluten Notwendigkeit all dieser Wege und gleichzeitig der Schwierigkeiten bewußt sind, welche sich auf ihnen auftürmen, vor solchen Aufgaben also verspüren wir um so stärker das Bedürfnis einer engen Bindung an Christus. Die Worte, die er gesagt hat, hallen in uns wie ein Echo wider: "Ohne mich könnt ihr nichts tun." Wir fühlen nicht nur das Bedürfnis, sondern geradezu einen kategorischen Imperativ zu einem großen, intensiven und vermehrten Gebet der ganzen Kirche. Nur das Gebet kann bewirken, dass all diese großen Aufgaben und Schwierigkeiten, die sich einander ablösen werden, nicht Anlaß einer Krise werden, sondern die Gelegenheit und eine Art von Fundament für immer reifere Fortschritte auf dem Weg des Volkes Gottes hin zum verheißenen Land in dieser geschichtlichen Etappe, die sich dem Ende des zweiten Jahrtausends nähert. Wenn ich nun also diese Betrachtung mit einer innigen und demütigen Einladung zum Gebet beende, dann ist es mein Wunsch, dass man in diesem Gebet verharrt, vereint mit Maria, der Mutter Jesu, so wie die Apostel und die Jünger des Herrn nach seiner Himmelfahrt im Abendmahlssaal von Jerusalem verharrten. Ich bitte vor allem Maria, die himmlische Mutter der Kirche, sie möchte während dieses Gebetes im neuen Advent der Menschheit bei uns bleiben, die wir die Kirche bilden, den Mystischen Leib ihres eingeborenen Sohnes. Ich hoffe, dass wir dank eines solchen Gebetes den Heiligen Geist aus der Höhe empfangen können und so Zeugen Christi werden "bis an die Enden der Erde" wie jene, die am Pfingsttag aus dem Abendmahlssaal in Jerusalem in die Welt hinausgegangen sind.
Mit meinem Apostolischen Segen!
Gegeben in Rom zu St. Peter am 4. März, dem ersten Fastensonntag des Jahres 1979, des ersten meines Pontifikates.
Johannes Paulus II.

Die strahlende Glorienkrone, mit dem Gott die makellose Stirn der jungfräulichen Gottesmutter geschmückt hat, scheint Uns heller zu leuchten, wenn Wir jenes Tages gedenken, an dem vor hundert Jahren Unser Vorgänger seligen Angedenkens Pius IX., umgeben von einer großen Schar von Kardinälen und Bischöfen, mit unfehlbarer apostolischer Autorität erklärte, verkündete und feierlich definierte: "Die Lehre, dass die allerseligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch einen einzigartigen Gnadenvorzug des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechts, von jedem Makel der Erbsünde freigeblieben sei, ist von Gott geoffenbart und muß daher von allen Gläubigen fest und beharrlich geglaubt werden."
Die ganze katholische Christenheit nahm diesen päpstlichen Lehrentscheid, auf den sie schon lange und mit Sehnsucht gewartet hatte, mit Freuden auf. Durch ihn erhielt die Verehrung der jungfräulichen Gottesmutter bei den Gläubigen einen mächtigen Auftrieb. Durch diesen wiederum entfaltete sich, wie es nicht anders zu erwarten war, auch im sittlichen Leben der Christenheit eine neue Blüte. Ebenso wurden die Studien, die die Würde und Heiligkeit der Gottesmutter in helleres Licht rücken, mit erneutem Eifer betrieben.
Gruss und Apostolischen Segen!
