- Gottes enge Pforte -

Katholische Kirche

"Unüberwindlich"

 
 
(Entnommen aus dem Buch "Des Christen Glaubens-Leben" von P. Nivard Neurauter S.O.Cist. 1925)
 
Wenn irgendeine Zeit, so hat das verflossene Jahrzehnt gezeigt, wie vergänglich alles Irdische ist. Throne sind gestürzt worden, ihre Inhaber leben in der Verbannung, und niemand kann sagen, welche von diesen gefallenen Erdengrößen noch jemals zum alten Glanz gelangen werden. Manche Herrscher hat der Tod vor Gottes Richterstuhl berufen. Wie viele Ministerwechsel nur während dieser zehn Jahre stattfanden, ist kaum der Mühe wert zu erwähnen. In solchen Tagen der Gewalt, der Unbeständigkeit blicken wir Katholiken mit gerechtem Stolz und ohne das leiseste Zagen nach Rom, nach dem Felsen Petri und siegesfroh rufen wir es hinaus in die sturmdurchbrauste Welt: "Die Pforten der Hölle werden unsere Kirche nicht überwältigen!" Als der russische Zar den Thron seiner Väter verlassen musste, da verlor das gläubige Rußland mit einem Schlag sein geistliches und weltliches Oberhaupt, und wenn seither in diesem Riesenreich die Revolution weitergährt und das arme Land nicht zur Ruhe kommen lässt, so kommt dies daher, weil ihm die staatliche und kirchliche Einheit genommen wurde. Können wir in solchen Zeiten des Aufruhrs ruhig und zuversichtlich nach dem Sitz der Päpste, nach Rom blicken?
 
Seit fast zwei Jahrtausenden regiert eine ununterbrochene Reihe von mehr als 250 Päpsten die Kirche Christi. Wie viele Herrscherhäuser sind im Laufe dieser langen Zeit spurlos vom Erdboden verschwunden, wie viele Reiche haben Namen und Besitzer gewechselt! Nur auf dem Stuhl Petri folgte ein Träger des Fischerringes dem andern. Das ist umso verwunderlicher, weil sie gewählt wurden, weil die katholische Kirche, um mich so auszudrücken, ein Wahl- und kein Erbreich ist. In Ländern, die genau geregelte Gesetze für die Regierungsfolge haben, ist die Möglichkeit für eine Dynastie viel größer, ruhig im Besitze der Herrschaft zu bleiben. In Reichen mit wählbarem Oberhaupt wechselt mit jedem Todesfall auch die Art der obersten Leitung. Diese Unbeständigkeit bringt Streitigkeiten und gewaltsame Regierungsänderungen mit sich. Trotzdem besteht das Papsttum bis heute fort. Unter den Päpsten befanden sich Männer, die durch die Heiligkeit des Lebens, durch Kenntnisse und Tugenden jeder Art, ja selbst durch das Martyrium hervorragten; Männer, die lieber die grausamsten Qualen litten, als nur einen Finger breit von der wahren Lehre abzuweichen. Deswegen dürfen aber unsere Feinde nicht folgern: Weil die Päpste so tüchtige und herrschbegierige Männer waren, ist es ganz natürlich, dass sie sich das Szepter bis zur Stunde nicht entrissen ließen. Selbst wenn sie von der vielgenannten römischen Herrschgier erfüllt gewesen wären, so hätten sie sich nicht so lange halten können, wie die Geschichte aller irdischen Regentenhäuser zeigt. Noch mehr! Gott ließ es in seiner Weisheit auch zu, dass unter den Nachfolgern Petri sich einige ihrer hohen Würde unfähig erwiesen, ja dass sie unter dem Druck der Staatsgewalt ihrer Stellung eher zur Schande als zur Ehre wurden, und doch ging das Papsttum nicht unter! Wahrhaftig, da müssen wir ausrufen: "Hier waltet Gottes Finger!"
 
Wer sind die Untergebenen der Päpste? Die Kirche erstreckt sich über alle fünf Erdteile, sie kennt gar keine Grenzen. Was sie an einem Ort durch die Ungunst der Verhältnisse an Anhängern verliert, gewinnt sie reichlich an einem andern. Wie verschiedenartig sind Sitten und Charakter der Völker, die alle in Rom ihren höchsten Herrn in religiösen Dingen wissen! "Rom hat gesprochen, die Sache ist entschieden." Dies Wort Sankt Augustins gilt heute noch für jeden Katholiken, sei er König oder Bettler, gelehrt oder ungelehrt, reich oder arm, Europäer oder Australier. Vom alten Österreich sagt man mit Recht, es sei wegen der vielen, durch Sprache und Sitten getrennten Nationalitäten sehr schwer zu regieren gewesen, wie viel mehr gilt dies vom Reiche der Kirche, das sich von Pol zu Pol über alle Völker des Erdballes erstreckt! Dabei verlangt der Papst, dem noch dazu alle körperlichen Straf- und Zwangsmittel fehlen, nicht etwa bloß ein Unterjochen des Leibes, sondern das Nachgeben des Geistes. Diese Art des Gehorsams, das Beugen des Verstandes und Willens, ist viel schwerer, und dem ärgsten Tyrannen ist es noch nicht eingefallen, Gedanken zu befehlen oder zu verbieten. "Gedanken sind zollfrei", sagte der Volkswitz, und der Satz ist vor der irdischen Regierung auch richtig. Aber der Papst kann Gebote erlassen, sagen was zu tun und zu glauben ist. Es gehorchen ihm einfältige Arbeiter wie gelehrte Professoren, obwohl beide dazu nicht gezwungen werden können. Ist dies kein Wunder?
 
Betrachten wir die Feinde des Papsttums! Juden und Heiden, Ungläubige und Schismatiker, Freimaurer und all die anderen geheimen Gesellschaften verschworen sich unter dem gemeinsamen Schlachtruf: "Nieder mit der katholischen Kirche!" Alle anderen Religionsgenossenschaften blieben vielfach unbehelligt, nur auf die Katholiken häufte sich der ganze höllische Hass der Gegner. Die Verfolgung erstreckt sich zeitweilig über alle Länder: lässt sie in einem etwas nach, wird sie in einem andern dafür desto wütender betrieben. Und was wird alles verfolgt! Für manchen genügt schon die einfache Tatsache, dass etwas aus Rom stammt, dass der Papst es angeordnet, als Grund darüber herzufallen. Kein kirchlicher Lehrsatz, kein auch noch so leichtes und für die Gesammtheit nützliches Gebot, kurz nichts kann nach Rom auch nur als Wunsch äußern, ohne dass die Feinde dagegen Sturm laufen. Welch furchtbare Waffen stehen ihnen dabei zur Verfügung! In den ersten christlichen Jahrhunderten waren es körperliche Waffen, mit denen die Gläubigen blutig verfolgt und zu Tode gemartert wurden. Heute gebraucht man feinere Folterwerkzeuge. Die Scheinwissenschaft bekämpft Rom mit klug berechneten Trugschlüssen, und wenn diese Kost nicht zusagt, mit Gotteslästerungen, mit frevlem Spott und Hohn. Auf jede Weise versucht man die Lehre Roms zu vernichten, am Riesenbau der Kirche Steine zu lockern, den Felsen Petri zu unterminieren. Den Feinden stehen zu ihrer Zerstörungsarbeit die Geldmittel der Reichen, das Ansehen und die Macht hoher Staatswürdenträger zu Gebote. Sie haben kein Gewissen, keine Lüge ist ihnen zu schlecht, keine Verleumdung zu abgeschmackt, - man meint, sie müssten ihr Ziel erreichen und doch gelingt es ihnen nicht!
 
Noch gefährlicher für Papsttum und Kirche als die äußern sind die innern Feinde. Ihre untreuen Kinder, abgefallene Priester, was erreichten diese nicht durch ihr böses Beispiel! Zur Zeit des hl. Augustinus war die arianische Irrlehre so verbreitet, dass verzagte Gemüter schon für das Ende des wahren Glaubens fürchteten. Seither haben zahllose Glaubensneuerer sozusagen keinen einzigen Lehrsatz mehr unbestritten gelassen. Jeder von ihnen hat mehr oder minder Anhänger gesammelt. Der jeweilige Papst lenkte ruhig sein Schifflein durch alle Stürme, ohne vom rechten Pfad nur eine Linie abzuweichen. Sie wussten, je wütender die Hölle gegen den Felsen anstürmt, desto treuer halten die Gläubigen zu ihnen. 
 
"Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen". Das ist unser Trost. Der Papst kann sterben, das Papsttum stirbt nicht. "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt." Mögen daher die Aussichten für die Zukunft noch so untröstlich sein, die Kirche hat schon schlimmere Zeiten gesehen und ärgeren Stürmen Trotz geboten. Wenn Gott mit uns ist, wer will uns dann etwas anhaben?
 
Die Weisheit selbst erschien auf Erden,
die Wahrheit kam in Knechtsgestalt,
und gab, dass alle teilhaft werden,
der Kirche volle Lehrgewalt.
Wir wollen sie voll Freude hören,
uns halten treu und fest daran,
und nie soll unser Herz betören
ein stolzer, eitler Menschenwahn

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