- Gottes enge Pforte -


Der Glaube


 



Um Gott zu erkennen, ihn zu lieben und ihm zu dienen, müssen wir alles glauben, was Gott uns geoffenbart hat. Durch die Offenbarung hat Gott sich uns zu erkennen gegeben, durch sie wissen wir, dass er das höchste Gut ist, durch sie aber werden uns auch die Gebote kund getan, welche wir erfüllen müssen, um zur ewigen Seligkeit zu gelangen. Was aber ist der Glaube des Christgläubigen? Der Katechismus gibt uns die Antwort: Der Glaube ist eine von Gott verliehene Tugend, wodurch wir Alles unbezweifelt für wahr halten, was Gott geoffenbart hat und durch seine Kirche uns zu glauben vorstellt.
Es heisst zunächst: Der Glaube ist eine Tugend, d.h. er ist ein Zustand, eine bleibende Eigenschaft der Seele, wodurch dieselbe stets fähig und bereit ist, dem Geoffenbarten beizustimmen, und dadurch wird er von dem Akte des Glaubens unterschieden, welcher eine einmalige und vorübergehende Handlung oder Tätigkeit der Zustimmung zu dem Geoffenbarten ist. Gibt Jemand einem Armen ein Almosen, so hat er einen Akt der Barmherzigkeit geübt; ist aber Jemand so gesinnt, dass er stets die Barmherzigkeit üben will, so oft sich ihm die Gelegenheit dazu darbietet, so besitzt er die Tugend der Barmherzigkeit. So ist es auch mit dem Glauben:
Der Glaube ist eine von Gott verliehene Tugend, weil sie in der Taufe oder überhaupt bei der Rechtfertigung eingegossen wird.
Kraft des Glaubens halten wir für unbezweifelt wahr, alles das, was Gott geoffenbart hat und zwar deshalb, weil er es geoffenbart hat. Glauben ist nämlich ein unzweifelhaftes, ein festes Dafürhalten und unterscheidet sich vom bloßen Meinen oder Mutmaßen. "Der Glaube", sagt der Apostel, "ist eine feste Überzeugung von dem, was man nicht sieht." (Hebr. 11,1)
Gegenstand des Glaubens ist alles von Gott Geoffenbarte oder die Offenbarung, Beweggrund des Glaubens ist das Ansehen des zu uns redenden Gottes. Glauben überhaupt nämlich heisst der Behauptung eines Anderen auf sein Ansehen hin beipflichten, oder etwas für wahr halten, weil ein Anderer es gesagt hat. Gott glauben heisst demnach: das, was er gesprochen hat, auf sein Wort und sein Ansehen hin, weil er unfehlbar und wahrhaftig ist, für wahr halten. Letzteres beruht nicht auf dem Ansehen eines Anderen, sondern auf der Einsicht in die Sache selbst. Dass die Sonne grösser sei als die Erde, weiss der Astronom aus seinen Berechnungen; dasselbe glaubt ein Anderer auf das Ansehen des Astronomen.
Durch die Kirche wird uns das, was wir glauben, vorgestellt. Denn alle geoffenbarte Wahrheit ist von Gott in ihr niedergelegt und ihrer Sorgfalt anvertraut; sie bewahrt die Offenbarung vor Beimischung des Irrtums, entscheidet über den richtigen oder von Gott beabsichtigten Sinn der Offenbarung und erfüllt fortwährend den Auftrag: "Gehet hin, lehret alle Völker." (Matth. 28,19)
Hat Gott den Menschen Offenbarungen gegeben, hat er zu den Menschen gesprochen, so ist es unumstössliche Pflicht derselben, diese Offenbarungen zu glauben. Denn wollte er in diesem Falle seine Zustimmung zu der offenbarten Wahrheit versagen, so würde er dadurch der Wahrhaftigkeit Gottes widersprechen, mithin dem höchsten Wesen, das ihn erschaffen hat, das grösste Unrecht zufügen. Sobald die Tatsache feststeht, dass es eine Offenbarung Gottes gibt, kommt der Mensch nicht herum, diese anzuerkennen und zu glauben. Es gibt nun viele Beweise dafür, dass Gott sich wirklich den Menschen offenbart hat, wir glauben aber, dass der Beweis, den Jesus Christus selbst dafür gegeben hat, am deutlichsten und bestimmtesten ist.
Jesus Christus erschien auf Erden, er behauptete, dass er nicht ein bloßer Mensch sei, sondern auch der eingeborene Sohn Gottes und dass man ihn als solchen anerkennen und seinen Worten glauben und gehorchen müsse. Behaupten hätte das Jeder von sich können, wie ja im Laufe der Zeiten Viele aufgestanden sind, welche sich betrügerischer Weise als Gott oder den Abgesandten desselben ausgaben. Er musste also solches beweisen und diesen Beweis seiner Gottheit verlangten auch die Pharisäer und überhaupt die Juden. "Wer bist Du? was machst Du aus Dir selbst, dass Du uns Vorschriften gibst, die nur Gott uns geben kann?" Diesen Beweis nun, dass er Gott sei, dass man also seinen Worten glauben müsse, erbrachte der göttliche Heiland dadurch, dass er Werke verrichtete, die nur die Gottheit selbst verrichten kann. So zeigte er, dass er Gott sei, dass also seine Worte ewige Wahrheit seien, und man dieselben glauben und ihnen sich unterwerfen müsse.
"Wie viele, wie wunderbare, welch glänzende Beweise", sagt der hl. Vater Pius IX., "sind ja vorhanden, durch welche sich die Menschen ganz zuverlässig überzeugt halten müssen, dass die Religion Christi eine göttliche sei, und dass es darum nichts Gewisseres, nichts Sicheres, nichts Heiligeres und auf so festen Gründen Ruhendes gibt, als unser Glaube. Dieser Glaube nämlich, der durch die Geburt, das Leben, den Tod, die Auferstehung seines göttlichen Gründers und Vollenders Jesu Christi, dessen Weisheit, Wunder und Weissagungen besiegelt, allseitig von dem Lichte himmlischer Lehre erglänzt, der, reichbegabt mit himmlischen Schätzen, durch die Vorhersagungen so vieler Propheten, durch den Glanz so vieler Wunder, durch die Standhaftigkeit so vieler Blutzeugen, durch die Verherrlichung so vieler Heiligen gewiss in das hellste Licht gestellt ist; er hat, die heilsamen Gesetze Christi verkündend und gerade aus den grausamsten Verfolgungen immer neue Kraft schöpfend, den ganzen Erdkreis vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Untergange, zu Wasser und zu Land einzig und allein mit der Fahne des Kreuzes durchzogen, den Trug des Götzendienstes zu Boden gestreckt, die Finsternis der Irrtümer verscheucht, über Feinde jeder Art triumphiert, und alle Völker, Stämme und Nationen, wie immer dieselben in ihrer Lebensweise entmenscht, in Naturanlagen, Sitten, Gesetzen, Einrichtungen verschieden waren, mit dem Lichte der göttlichen Erkenntnis erleuchtet, und dem süßesten Joche Jesu Christi unterworfen, Allen verkündend den Frieden, Allen nur Gutes. All dies erstrahlt doch wohl in einem so hellen Glanze göttlicher Weisheit und Macht, dass Jedermanns Vernunft leicht begreift und einsieht, der christliche Glaube könne nur Gottes Werk sein."
 
 
 
Wir haben oben gesagt, dass der Glaube eine von Gott verliehene Tugend ist. Dass derselbe nicht einzig das Erzeugnis des menschlichen Verstandes und überhaupt blos natürlicher Tätigkeit sei, lehrt schon das Beispiel erleuchteter und frommer Seelen, die oft nur im Gebete, in der Betrachtung und im Lesen frommer Bücher Kraft und Stärkung gegen beunruhigende Glaubenszweifel finden. Der durch Wissenschaft und Frömmigkeit gleich ausgezeichnete spanische Priester Balmes sagte einst zu zweien seiner Freunde: "Ihr wisst, dass der Glaube tief in meinem Herzen wurzelt. Und dennoch kann ich kein verbotenes Buch lesen, ohne das Bedürfnis zu fühlen, mich wieder durch das Lesen der heiligen Schrift, der Nachfolge Christi und des sel. Ludwig von Granada in die rechte Stimmung zu versetzen." Hieraus mag man zugleich abnehmen, welchen Gefahren jene sich aussetzen, die nicht aus Pflicht, wie Balmes, sondern aus Neugierde und mit hochmütiger Zuversicht glaubenswidrige Schriften lesen. - Derselbe Gelehrte schreibt: "Ich erinnere mich noch, wie im Laufe meiner theologischen Studien die Lehre erklärt wurde, dass der Glaube eine Gabe Gottes sei, und dass für ihn weder die Wunder, noch die Prophezeiungen, noch andere Beweise, welche die Wahrheit der Religion klar zeigen, hinreichen; sondern dass ausser den Beweisen für die Glaubwürdigkeit der Offenbarung noch die Gnade des Himmels dazu notwendig; dass neben den Beweisen, welches sich an den Verstand wenden, auch eine Anregung des Herzens erforderlich sei; und ich gestehe offen, dass ich diese Lehre damals nicht recht verstehen konnte. Um sie zu begreifen, war es für mich nötig, jenen Aufenthaltsort zu verlassen, wo nur die Atmosphäre des Glaubens geatmet wurde, und in der Welt in andere sehr verschiedenartige Verhältnisse und in Berührung mit allen Klassen von Menschen zu kommen. Da erst verstand ich vollkommen und fühlte lebhaft, wie gross die Wohltat sei, die Gott dem wahren Gläubigen zukommen lässt, und wie beklagenswert jene sind, die sich in ihrem Glauben allein auf Vernunftsgründe stützen wollen, die nur die Wissenschaft anrufen und die Gnade vergessen. Zu wiederholten Malen ist es mir begegnet, mit Menschen zusammen zu kommen, die, wie es mir schien, eben so gut wie ich die Gründe einsahen, welche für unsere hl. Religion sprechen; und dennoch glaubte ich, und sie glaubten nicht. Woher diese Erscheinung? fragte ich mich selbst. Und ich konnte mir keine andere Rechenschaft davon geben, als auszurufen: "Barmherzigkeit des Herrn ist es, dass wir nicht vernichtet sind." - Wissen Sie, mein Freund, was das Erste ist, das ein Katholik tun muss, wenn er einen Ungläubigen begegnet, an dessen Bekehrung er arbeiten will? Sie glauben ohne Zweifel, dass dann vor Allem andern die Apologien der Religion nachgeschlagen werden müssen, dass man die Hauptpunkte über die wichtigsten Materien durchgehen, die Gelehrten befragen, mit einem Worte, sich mit Beweisen wie ein Soldat mit Waffen ausrüsten müsse. Allerdings, man darf es nicht vernachlässigen, sich auf Alles vorzubereiten, das zur Sprache kommen könnte; aber vor Allem, ehe man noch dem Ungläubigen die Gründe auseinander legt, muß man für ihn beten. Sagen Sie mir, wer hat mehr Bekehrungen bewirkt, die Gelehrten oder die Heiligen? Der hl. Franz von Sales hat kein Werk geschrieben, das an Gelehrsamkeit die Geschichte der Veränderungen der protestantischen Kirche von Bossuet erreichte, und ich zweifle gleichwohl nicht, dass die Bekehrungen, welche dieses Werk bewirkt hat, obgleich sie viele sind, denen bei Weitem nicht gleichkommen, die wir der englischen Salbung des hl. Bischofs von Genf verdanken." (Balmes, Briefe an einen Zweifler)
 
 
 
Von der Lehre der Wahrheit
(Nach Thomas von Kempen)
Glücklich derjenige, den die Wahrheit durch sich selbst unterweist, nicht durch Bilder und verhallende Worte, sondern dem sie sich offenbart, so wie sie ist. Unsere Meinung und unser Sinn täuschen uns oft und wir erkennen nur wenig. 
Was nützt das viele Forschen über geheime und verborgene Dinge, über deren Unkenntnis wir im Gericht keine Rechenschaft zu geben brauchen! Es ist aber grosse Torheit, das Notwendige und Nützliche vernachlässigen und sich mit Dingen beschäftigen, die nur die Neugier reizen oder die sogar schädlich sind. Da trifft denn das Wort ein: "Wir haben Augen, und sehen nicht." Und was kümmern uns die Gattungen und Arten der Dinge?
Zu wem das ewige Wort redet, dem machen die verschiedenen Lehrmeinungen wenig Sorgen. Von diesem Einen Worte kommt Alles her, und alle Dinge verkünden auch wieder dieses Eine Wort, "welches da ist der Anfang, der auch zu uns redet." Ohne dieses Wort vermag Niemand etwas recht zu verstehen oder zu beurteilen; wem aber dieses Eine Alles ist, und wer auf dieses Eine Alles bezieht und in ihm Alles sieht, der wird die Ruhe des Herzens finden, und den Frieden in Gott stets bewahren können.
O Gott der Wahrheit, vreinige uns mit Dir in ewiger Liebe! Gar oft ist es uns zuwider, so mancherlei zu lesen und zu hören, denn dies ist Alles, was wir wünschen und verlangen können. Alle Lehrer sollen darum schweigen und alle Geschöpfe vor Dir verstummen, auf dass Du allein zu uns reden mögest.
Je mehr Jemand in sich gesammelt und von allem Äußeren gelöst, desto mehr und desto höhere Dinge wird er ohne Mühe verstehen, weil ihm von oben das Licht der Erkenntnis kommt. Ein reiner, aufrichtiger und verständiger Geist wird auch bei vielen Beschäftigungen nicht zerstreut, weil er alles zur Ehre Gottes tut und, frei von aller Eigenliebe, in nichts sich selber sucht.
 


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