- Gottes enge Pforte -

Das Martyrium, ein Beweis 

für die geschichtliche Wahrheit des Christentums

 
 
Das Martyrium ist ein Beweis, dass die Tatsachen, auf welchen das Christentum beruht und welche uns in der heiligen Schrift des Neuen Bundes und der Tradition mitgeteilt werden, historische Wahrheit sind. Es handelt sich nämlich darum zu zeigen, dass das Christentum nicht auf Sagen oder Mythen, sondern auf historischen Tatsachen beruht. Tatsachen werden nun nicht durch Vernunftbeschlüsse, sondern durch Zeugen bewiesen. Ein Zeugnis hat aber um so mehr Beweiskraft, je größer die Zahl der Zeugen ist, und je schwieriger die Umstände sind, unter welchen die Zeugnisse abgelegt wurden.
 
A. Nun sind einmal die Martyrer in die Qualen und in den Tod gegangen:
 
a) Nicht um einer philosophischen Meinung willen, die sie etwa verfochten, nicht einer abstrakten Lehre wegen, der sie anhingen, sondern
 
b) als Zeugen für die Tatsache des Christentums, d.h. als Zeugen dafür, dass Jesus Christus wirklich gelebt, dass Er Wunder gewirkt hat, dass Er von den Toten auferstanden ist, dass die Apostel Augen- und Ohrenzeugen der Taten und Reden des Herrn waren, dass der Heilige Geist wirklich in Gestalt feuriger Zungen über die Apostel herabkam usw. kurz: für all die Tatsachen, auf welche das Christentum gegründet ist, gingen die Martyrer in den Tod, dafür legten sie Zeugnis ab.
 
B. Dieses Zeugnis hat aber um so mehr Gewicht, wenn man die Zahl der Zeugen und die Umstände ins Auge fasst, unter welchen das Zeugnis abgelegt wurde.
 
a) Was die Zahl der Martyrer betrifft, so ist durch Ruinart (acta martyrum) und andere hinlänglich nachgewiesen worden, dass dieselbe eine sehr große ist. In den Katakomben von Rom allein wurden bisher an 10 000 Inschriften von Martyrern gefunden.
 
b) Was aber die Umstände anbelangt, so waren dieselben ausserordentlich schwierig und für das Gewicht der Zeugschaft bedeutungsvoll.
 
1) Umstände der Personen. Unter den Martyrern waren nicht bloß Geistliche, sondern auch Laien, nicht bloß Personen, welche lange Zeit nach den Aposteln lebten, sondern auch solche, welche die Apostel kannten, die Predigt aus ihrem Mund hörten, Augenzeugen ihrer Wundertaten waren; nicht allein Leute wie Sklaven und Arme, die schließlich nichts zu verlieren hatten, sondern auch Leute aus den hohen und höchsten Gesellschaftsklassen, reich an Geld und Ehren, nicht bloß Barbaren, sondern auch feingebildete Griechen und Römer, nicht bloß trotzige Männer in der Vollkraft ihres Alters, sondern auch schwache Frauen, nicht bloß Erwachsene, sondern auch Kinder, nicht bloß Jünglinge, tapfere Soldaten, sondern auch zarte Jungfrauen; mit einem Wort: die Zeugen sind aus allen Ständen, allen Altern, allen Stufen der menschlichen Gesellschaft, beiderlei Geschlechtes.
 
2) Die Umstände des Ortes. Es gab Martyrer im heissen Süden wie im kalten Norden, im Osten wie im Westen; in der Residenz wie in der Provinz, auf dem Lande wie in der Stadt, bei den Römern wie bei den Griechen, bei Juden- wie bei den Heidenchristen, in allen drei damals bekannten Weltteilen.
 
3) Umstände der Zeit. Der Enthusiasmus der Martyrer dauerte nicht loß ein paar Jahre oder Jahrzehnte, sondern beinahe 300 Jahre. Und wenn auch beim Aufhören der Verfolgung für einige Zeit wieder Erschlaffung im christlichen Leben eintrat, so war doch die Zahl und die Begeisterung der Martyrer beim Ausbruch einer neuen Verfolgung nicht weniger groß als zuvor.
 
4) Umstände der Art und Weise. Die Martyrer erduldeten für ihr Zeugnis die entsetzlichsten Qualen: Man zerfleischte die Christen mit Geisselhieben, eiserne Krallen und Kämmen bis auf die Knochen und die Eingeweide, rieb ihre Wunden mit Salz und Essig ein, warf sie auf die Folterbank, verrenkte ihnen alle Glieder, wälzte sie nackt auf spitzen Muscheln und Glasscherben; man brannte sie am ganzen Leibe mit glühenden Eisenplatten, legte sie auf glühende Roste, setzte sie auf eiserne Stühle über ein langsam brennendes Feuer; man hing sie an den Füßen mit den Kopf nach unten über langsam brennenden Feuer auf, wobei sie im Rauche erstickten; man hing sie am Daumen auf und beschwerte ihre Füße mit großen Lasten; man tauchte sie in siedendes Öl oder Pech, goß ihnen geschmolzenes Blei über den Rücken, stürzte sie massenweise ins Meer, tauchte sie in Honig und gab sie mit gebundenen Händen und Füßen an der heissen Sonne den Stichen von Insekten und der Fäulnis preis; man band ihre Füße an gewaltsam gegen einander gebundene Äste, so dass sie beim Auseinanderschnellen derselben grausam entzwei gerissen wurden; man riß ihnen die Augen und die Zunge aus oder löste Glied um Glied vom Leibe, bis nur noch der Kopf und der Rumpf übrig blieben; man bohrte ihnen spitze Rohrstäbe unter dieNägel und goß geschmolzenes Blei in ihren Wunden.
 
5) Umstände des Grundes. Und all diese Qualen ertrugen Hunderttausende um des Zeugnisses willen, dass die Tatsachen des Christentums auf Wahrheit beruhen, dass Christus von den Toten auferstanden, dass Er wahrer Gott sei, dass Er sich durch Wunder und Weissagungen als Gott erwiesen hat usw. Dabei hatten die Martyrer keinen irdischen Vorteil zu erwarten, sondern nur Nachteil.
 
C. Wir ziehen deshalb den Schluss:
Wenn schon das Zeugnis von wenigen glaubwürdigen Personen als ein Beweis für die Wahrheit einer historischen Tatsache gilt, dann ist der Beweis für die Wahrheit des Christentums, welchen die heiligen Martyrer in so grosser Zahl und unter so erschwerenden Umständen ablegten, ein durchaus vollgültiger, so zwar, dass derjenige, welcher diesen Beweis nicht wollte gelten lassen, überhaupt alle Zeugnisse der Geschichte und damit die ganze Geschichte selbst verwerfen müsste, da es keine einzige historische Tatsache gibt, welche so viele und solche Zeugen aufzuweisen imstande wäre, wie sie die Tatsache des Christentums im Martyrium aufweist.
 
 

Das Martyrium, ein Beweis 

für die Göttlichkeit des Christentums

 
Das Martyrium bildet aber überdies auch einen Beweis dafür, dass das Christentum nicht Menschen- sondern Gotteswerk ist, dass wir es also nicht bloß mit einer historischen Tatsache überhaupt, sondern mit einer von Gott selbst gesetzten historischen Tatsache zu tun haben. Das ergibt sich aus der Art und Weise, wie die Martyrer ihre Peinen ertrugen.
 
A. Wir schliessen vernünftigerweise: Entweder hatten die Martyrer die Kraft zum Martyrium aus sich selbst oder von Gott.
 
a) Aus sich selbst konnten sie dieselbe nicht haben, weil weder natürliche noch übernatürliche Beweggründe für sich allein ausreichen, in allen Fällen den Heldenmut, die Ausdauer und Freudigkeit zu erklären, womit die Martyrer litten. Als dem heiligen Maximus in der decianischen Verfolgung die Martern angedroht wurden, antwortete er ruhig: "Das habe ich immer gewünscht, denn deshalb habe ich mich dargeboten. Das, was für den Namen Jesu zugefügt wird, sind nicht Qualen, sondern Salbungen!" Der heilige Laurentius spottete auf dem glühenden Roste seiner Peiniger. Die heilige Perpetua ermutigte selbst den Henker zum Todesstoss, freudestrahlend betrat sie die Arena. Der heilige Ignatius sehnte sich danach, von den wilden Tieren zerrissen zu werden; die heilige Agnes bot freudig ihren Nacken dem tödlichen Streiche dar.
 
b) Natürliche Beweggründe reichten für solchen Todesmut nicht aus:
 
1) Nicht Augenlust, denn die Martyrer erhielten nicht bloß kein Geld für das Bekenntnis Christi, sondern sie verloren im Gegenteil alles, was sie besaßen. Güterkonfiskation, Verbannung und Tod war ihr zeitliches Los.
 
2) Nicht Fleischeslust, denn das Christentum brachte ihnen nicht bloß ein Leben des Kreuzes, der Abtötung und Verfolgung, sondern oft entsetzliche Qualen und grausamen Tod. Und diesen mussten sie eintauschen oft für das angenehmste, genussreichste Leben, das sie als Heiden hätten führen können.
 
3) Nicht Hoffart des Lebens. Ehre und Ruhm winkte den Martyrern weder in der Gegenwart noch in der Zukunft. 
- Nicht in der Gegenwart. Sie waren ja als Christen geächtet, wurden als Verbrecher erklärt, für Staatsfeinde angesehen, aller Ehren, Würden und Ämter entkleidet, von Juden und Heiden verachtet, als Auswurf der Menschheit betrachtet, mit Schande und Schmach vor der Welt bedeckt.
- Nicht in der Zukunft. Denn ihre Namen gingen in der ungeheuren Zahl der Martyrer oft vollständig verloren, ihre Gebeine wurden manchmal verbrannt, ihre Asche ins Wasser geworfen. Die wenigen aber, deren Namen man kennt, konnten natürlicherweise schon deshalb nicht des Ruhmes der Nachwelt wegen solche Peinen ertragen, weil sie ja im vorhinein nicht wissen konnten, ob die Zukunft sich ihrer noch erinnern, wie sie über ihr Verhalten urteilen werde. Im Gegenteil, es hatte allen Anschein, dass auch bei den Nachkommen nicht Ehre, sondern Schande ihr Anteil sein werde.
 
4) Auch nicht natürliche Begeisterung. Eine solche wäre naturgemäss bloß lokaler Art gewesen, die Begeisterung zum Martyrium aber teilte sich allen Völkern damals bekannten Himmelsstriche mit; sie hääte sich wohl nur auf solche Stände beschränkt, die durchs Christentum in irgend einer Hinsicht, z.B. in sozialer Beziehung, wie z.B. die Sklaven, gewonnen hätten, nicht aber auf solche, welche in zeitlicher Hinsicht verlieren mussten, wie z.B. die Reichen, die stolzen Römer; sie hätte sich vielleicht bei tapferen Soldaten, mutigen Männern dann und wann gezeigt, nicht aber bei zarten, furchtsamen Mädchen, kleinen Kindern, schwachen Greisen und Frauen; sie hätte einen politischen und nationalen Hintergrund haben müssen, der zum Heroismus angetrieben hätte, allein beides ist dem Christentum mit seinem übernatürlichen und katholischen Charakter fremd; endlich hätte sie wie jede natürliche Begeisterung ins Gegenteil umschlagen oder doch wenigstens als ein vorübergehendes Strhfeuer bald wieder erlöschen müssen, nie aber hätte diese Begeisterung fast ununterbrochen 300 Jahre lang dauern können. Tertullian konnte den heidnischen Richtern zurufen: "Martert und mordet uns: All eure Grausamkeit richtet nichts aus, sie ist vielmehr ein Reiz zur Vermehrung unserer Genossenschaft. So oft ihr uns niedermäht, mehrt sich unsere Zahl. Der Christen Blut ist eine neue Saat."
 
5) Übernatürliche Bewegründe für sich allein konnten noch weniger die Ursache des Martyriums sein. Zukünftige Güter wirken bekanntlich viel weniger auf das Begehrungsvermögen des Menschen ein, als gegenwärtige; das Übersinnliche macht weniger Eindruck, als das Sinnliche. Wenn nun schon gegenwärtige, sinnliche Güter die Martyrer nicht zur Standhaftigkeit bestimmen konnten, so werden dies um so weniger übersinnliche, künftige Güter z.B. die Aussicht auf den Lohn im Himmel vermögen, wenn nicht Gottes Gnade dazukommt, welche Verstand und Wille fürs Martyrium erleuchtet und stärkt.
 
6) Wir schliessen deshalb:
Wenn die Martyrer die Kraft zum Martyrium nicht aus sich selbst haben konnten, so müssen sie dieselbe von Gott erhalten haben. Gott muss ihnen die Gnade erteilt haben, auszuharren bis zum Tode. Wenn aber Gott der Urheber des Martyriums ist, dann muss auch die Sache, für welche die Martyrer starben, das Christentum, nicht Menschenwerk, sondern Gotteswerk sein.
 
B. Dass die Martyrer wirklich unter dem Einfluss ausserordentliche Gnade Gottes standen und ihre Kraft von Gott erhielten, beweist auch die Geschichte des christlichen Martyriums. Aussprüche von Martyrern und Wundertaten Gottes weisen dies nach:
 
a) der hl. Cyprian sagt: "Das Martyrium steht nicht in deiner Gewalt, es ist eine göttliche Gnade."
 
b) als ein Wächter der heiligen Felicitas im Kerker bemerkte: "Wenn du jetzt schon jammerst bei natürlichen Schmerzen der Geburt, was wird geschehen, wenn du den Tieren vorgeworfen wirst?" gab sie zur Antwort: "Jetzt leide ich selbst, was ich leide, dort aber wird ein anderer in mir sein, der in mir und für mich leiden wird, weil auch ich für ihn leiden werde!"
 
c) Offenbare Wunder, infolge deren sich manche Heiden, selbst oft die Scharfrichter zum Christentum bekannten. - Dem heiligen Joh. Evangel. konnte das siedende Öl, in das er geworfen wurde, nichts schaden. - Der heilige Viktor fühlte keinen Schmerz, als er auf die Folter gespannt und grausam gequält wurde. - Der heilige Romanus redete noch geläufig, als ihm die Zunge herausgeschnitten war. - In den bewährten Akten des Martyriums der Heiligen: Tarachus, Probus und Andronicus (304) lesen wir: Viele Tiere, die kurz vorher noch an den Leichnamen erschlagener Gladiatoren ihre Wut kundgetan hatten, wollten die Leiber der Martyrer nicht anrühren. Der erzürnte Präses Maximus ließ die wildesten Pestien gegen die Martyrer hetzen. Ein Bär, der schon an demselben Tage drei Menschen erwürgt hatte, tat ihnen nichts zu leid, ruhig ging er vorüber und leckte die Wunden des hl. Andronicus. Der Heilige legte sein Haupt auf den Bären, um ihn zu reizen, das Tier zeigte sich ganz zahm. Voll Wut ließ Maximus den Bären auf der Stelle töten. Eine wütende Löwin wurde losgelassen. Ihr Gebrüll erschreckte die Menge. Sie nahte sich den am Boden liegenden Bekennern und legte sich dem hl. Tarachus zu Füßen, der sie mit der Hand an sich heranzog. Maximus ließ das Tier reizen. Wütend zerbrach es die Schranken, so dass das bestürzte Volk die Eröffnung des Zwingers verlangte. Darauf ließ Maximus die Martyrer durchs Schwert hinrichten.
Wenn aber Gott die Sache der Martyrer durch offene Wunder bekräftigte, so dass selbst Henker der Überzeugung von der Göttlichkeit des Christentums sich nicht verschliessen konnten, so muss das Christentum selbst göttlich sein, muss nicht bloß auf Wahrheit beruhen, sondern auch göttlichen Ursprung haben.
(Entnommen aus: "Die Geschichte der katholischen Kirche", von Msgr. Anton Ender, Imprimatur 1926)

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